Die Griechen gelten nicht nur als kreativ, wenn es darum geht, dem eigenen Staat ein Schnippchen zu schlagen. Auch wenn es um EU-Sanktionen gegen russisches Öl geht, kümmern sie sich offenkundig nicht weiter darum: Gegenüber einem französischen Medium wurde die Umgehung der Sanktionen nun regelrecht angekündigt.
Die europäischen Sanktionen gegen russisches Öl werden nur zu höheren Preisen führen, sie werden den Endverbraucher treffen, sagt Nicolas A. Vernicos, der größte griechische Reeder und Präsident der Internationalen Handelskammer. Er äußerte sich im Zusammenhang mit der Entscheidung der Europäischen Union, eine Preisobergrenze für russisches Öl einzuführen. Diese liegt seit dem 5. Dezember bei 60 Dollar pro Barrel. Zudem gab es schon zuvor Berichte darüber, dass es gerade griechische Reedereien sind, die den Russen beim Verkauf des Erdöls helfen.
Die französische Zeitung „Liberation“ veröffentlichte ein Interview mit Vernicos unter dem Titel „Russisches Öl: Griechische Reeder, in deren Händen die Hälfte der Tanker der Welt liegt, kümmern sich nicht um den Boykott“. Vernicos sagt darin: „Die Transportkosten, die schon jetzt in die Höhe schießen, werden noch schneller steigen, aber das Embargo für den Transport von russischem Öl auf dem Seeweg wird sich positiv auf die Reeder auswirken, weil wir reicher werden.“ Für alle anderen ist das Embargo dagegen kein Grund zur Freude: Die europäische Entscheidung über die Sanktionen werde lediglich den Seeverkehrsunternehmen einen Nettonutzen bringen, erklärte er.
Während Vernicos angab, dass Griechenland durchaus plane, die neuen Bedingungen zu erfüllen, ist ein anonymer Schifffahrtsunternehmer anderer Ansicht. Er erinnert gegenüber dem Medium daran: „Die griechische Schifffahrtsgemeinschaft ist die stärkste der Welt… Ohne sie geht nichts, und die Griechen werden mit Sicherheit einen Weg finden, die Sanktionen zu umgehen.“ Und weil die Preise steigen werden, werde auch Russland Profite einfahren, erklärte er.
Die Zeitung schreibt, dass die Griechen 21 Prozent der weltweiten Schiffstonnage und 40 Prozent der Welttonnage im Öltransport in ihren Händen halten. Die Publikation hält weiterhin fest, dass die griechische Handelskooperation mit Russland seit dem 19. Jahrhundert bestehe und dass man nicht vorhabe, sie zu beenden. Daran werden auch diverse EU-Sanktionen nichts ändern.