Die Strategie der Rügenwalder Mühle, mit politischer Korrektheit und veganem Fleischersatz statt richtiger Wurst punkten zu wollen, ging offensichtlich nicht auf. Stark steigende Produktionskosten, die nicht an die Kunden weitergegeben werden konnten, sollen die Bilanz ruiniert haben. Ein neuer Mehrheitseigner soll das Unternehmen retten. Faktenchecker sehen das freilich anders, der Verkauf habe mit dem großen Wachstum zu tun.
Wenn Traditionsunternehmen auf „moderne Züge“ aufspringen, geht das nicht immer gut. Insbesondere dann, wenn man ein gut laufendes aktuelles Geschäft durch unsichere neue Geschäfte ersetzt und die Stammkunden verprellt. Dies zeigt nicht nur das Marketing-Debakel von „Bud Light“ in den Vereinigten Staaten, sondern nun möglicherweise auch die „Rügenwalder Mühle“ in Deutschland.
Auch wenn es in den letzten Jahren zu einem Hype rund um die vegetarische bzw. vegane Lebensweise kam, ist diese Ernährungsform auch heute noch eine Randerscheinung. Anstatt also einfach eine Tochtergesellschaft mit neuer Marke zu gründen und sich unter der bestehenden Marke auf das gut laufende Kerngeschäft zu konzentrieren, hat das „Rebranding“ ganz offensichtlich die Bilanzen verhagelt.
Besonders interessant daran ist folgende Tatsache: Obwohl das Betriebsergebnis 2022 massiv in den Keller rutschte (laut Branchenblatt „Fleischwirtschaft“ 90 Prozent weniger Ertrag als im Vorjahr), hat das Unternehmen im Jahr 2023 so viele neue vegetarische und vegane Produkte wie nie zuvor auf den Markt gebracht. Dennoch beklagte man schon im letzten Jahr die hohe Inflation und das „Preisbewusstsein“ der Konsumenten. Dementsprechend stieg zwar der monetäre, nicht jedoch der mengenmäßige Umsatz, während die Gewinnmarge kollabierte.
Zwar darf der Nahrungsmittelkonzern Pfeifer & Langen das Unternehmen nun mehrheitlich aufkaufen und übernehmen, doch ob sich das Versprechen einer Fortführung des Unternehmens wie bisher (ohne Entlassungen und unter dem gleichen Management, also mit demselben Kurs) so halten lässt, muss sich dann erst noch zeigen. Denn ohne eine ausreichend hohe Profitmarge wird es mittelfristig schwierig.
Entgegen den Unkenrufen steht das Unternehmen zwar nicht „vor dem Aus“, doch die Übernahme durch Pfeifer & Langen zeigt, dass eine erfolgreiche unternehmerische Neuausrichtung einer Traditionsmarke oftmals nur mit genügend Kapitalreserven zur Überbrückung möglich ist. Stammkunden zur Konkurrenz zu drängen und sich auf neue Kundensegmente zu konzentrieren, ist eben eine sehr riskante Strategie.
Bei der Rügenwalder Mühle ging sie offensichtlich in die Hose. Denn mehr Umsatz (siehe Tweet oben und der angefügte Kontext) bedeuten nicht automatisch mehr Gewinn, auch wenn es sich die Anhänger des neuen Kurses des Unternehmens schönreden. Ein Gewinneinbruch bei einem höheren Umsatz und gleichbleibender Produktion spricht nämlich nicht für eine gesunde unternehmerische Entwicklung, zumal Preiserhöhungen bei der Produktion offensichtlich nicht weitergegeben werden konnten.