In einem Interview mit Deutschlandfunk betonte der amtierende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dass er mit den Schwärzungen der RKI-Dokumente und mit den Protokollen an sich nichts zu tun habe. Zu jener Zeit wäre er nur Berater, nicht Minister gewesen – all das falle in die Zeit von Jens Spahn. Er wolle sich nun um eine „weitgehende Entschwärzung“ bemühen. Auch er selbst habe die Originaldokumente noch nicht gesehen. „Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, etwas bleibe verborgen.“ Damit ist die Stoßrichtung klar: „Ich war nicht dabei, es waren die anderen…“ – in diesem Fall Vorgänger Spahn.
Dass niemand etwas dafür konnte, jeder nur Befehle befolgt habe und grundsätzlich „die anderen“ schuld wären, ergab bereits der von der AfD angestrengte Corona-Untersuchungsausschuss in Brandenburg.
Der Deutschlandfunk (Redakteur Philipp May) stellt die Forderung nach einer lückenlosen Aufarbeitung in den Raum. Dazu befragte man in einem etwa 12-minütigen Interview den amtierenden Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
Zunächst hörte man dabei Stehsätze. Man habe damals nicht genug gewusst, die Erkenntnisse wären erst langsam eingetroffen, so manche Entscheidung wäre deshalb auch falsch gewesen „das ist ja ganz klar“.
Auf die Frage, wofür er um Verzeihung bitten möchte, antwortete Lauterbach zunächst, dass er zur damaligen Zeit noch nicht im Amt war. Er will aber einen Eindruck vermeiden, dass es eine Gruppe der Aufklärer gäbe und eine Gruppe jener, die alles verschweigen wollen. Über die Notwendigkeit einer Aufarbeitung würde es „Einigkeit“ geben. Man müsse aber vermeiden, Leute gegeneinander zu spalten.
Auf spätere Rückfrage des Reporters antwortete Lauterbach, dass man bei den Maßnahmen gegenüber Kindern zu weit gegangen wäre – das sei der zentrale Fehler gewesen. Man hätte sich überlegen müssen, wie man Kinder vor den negativen Folgen des Lockdowns schützen könne.
Lauterbach führt aus, über die Aufklärung sollten nicht jene entscheiden, die damals (zu Beginn der Pandemie) in der Bundesregierung waren. Es müsse das heutige Parlament entscheiden. In die genaue Umsetzung einer Aufarbeitung möchte er sich nicht einmischen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass etwas verborgen bleibt – deshalb wäre auch eine parlamentarische Aufklärung wichtig.
Auch bei den jüngst veröffentlichten Papieren des Robert Koch-Instituts (RKI) plädiert Lauterbach für „maximale Transparenz“. Er wolle dafür sorgen, dass dies auch geschieht. Man habe damals nach bestem Wissen gehandelt – aber die damaligen Entscheidungen habe nicht er getroffen.
Das RKI habe in der Pandemie eine herausragende Arbeit gemacht, Deutschland wäre besser durch die Pandemie gekommen als andere Länder. Was die geschwärzten Dokumente betrifft, habe er am 27. März veranlasst, dass diese weitestgehend entschwärzt werden sollen. Dazu ist ein Prüfvorgang notwendig, um die Rechte von Dritten zu wahren. Er rechnet damit, dass dieser Vorgang zu einer „deutlich entschwärzten Variante“ bis zu vier Wochen dauern wird.
Lauterbach betont, dass er mit der Schwärzung nichts zu tun hat und die entschwärzten Originaldokumente selbst noch nicht kennt. Es dürfe nicht der Hauch eines Eindrucks entstehen, dass das RKI oder die Politik etwas bewusst verbergen möchte.
Dann glitt Lauterbach wieder ins gewohnte Narrativ ab, sprach von Long-Covid-Fällen, für die es bis heute keine Heilung gäbe. Dabei gehen mittlerweile viele Fachleute davon aus, dass Long-Covid gar nicht existiert, sondern eine große Zahl Geimpfter an „Post-Vac“ leiden würden – also an Impfnebenwirkungen.
Wenn Lauterbach nun von Aufklärung spricht und dabei vielfach betont, dass er „damals noch nicht im Amt war“, ist die Strategie dahinter klar. Er möchte den CDU-Politiker Jens Spahn opfern, der zu Beginn der Pandemie im Kabinett Merkel für die Entscheidungen verantwortlich war. Werden seine Handlungen durch die Entschwärzung transparenter, könnte dies zu massiver öffentlicher Kritik führen.
Darüber, wann die politische Aufarbeitung beginnen wird, kann Lauterbach keine Auskunft geben. Dies sei Sache des Bundestags.