In puncto Energiepreise ist in Europa keine Besserung der kritischen Lage in Sicht. Die Ratingagentur Moody’s sieht mittelfristig keine Entlastung: Energie bleibt teuer und knapp. Das wird die Wirtschaft und die Bürger noch enorm unter Druck setzen.
Könnte dieser Winter mit drohenden Blackouts schon zu einer Zäsur werden, so darf auch der Winter 2023/2024 mit „Freude“ erwartet werden. Wie die internationale Ratingagentur Moody’s berichtet, werden die Europäer noch für einige Zeit mit hohen Energiekosten konfrontiert bleiben. „Es wird erwartet, dass die Großhandelspreise für Strom in Europa mittelfristig auf einem historisch hohen Niveau bleiben werden“, so der Bericht. Laut Moody’s wird die Stromerzeugung in diesem Winter vor allem in Nordwesteuropa aufgrund der geringen Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke und des geringeren Angebots an Wasserkraft knapp sein.
„Das Gleichgewicht zwischen Stromangebot und -nachfrage wird in diesem Winter in den meisten nordwesteuropäischen Märkten angespannt sein, da in Frankreich nur wenig Kernenergie zur Verfügung steht, in ganz Europa wenig Wasserkraft vorhanden ist und die Gasversorgung gefährdet ist“, so Paul Marty, Senior Vice President bei Moody’s. Denn die französischen Atomkraftwerke sind sanierungsbedürftig und der trockene Sommer hinterließ auch seine Spuren bei den Wasserkraftwerken. Südeuropa könnte vom Schlimmsten verschont bleiben, weil es dort mehr erneuerbare Energien und mehr LNG-Importanlagen gibt, so Marty. So zum Beispiel in Sachen Solarenergie, wo die Südeuropäer einen gewissen Vorteil haben.
Die historisch hohen Großhandelspreise für Strom werden fortbestehen, „wenn auch mit deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern“, so die Rating-Agentur. „Und das, obwohl wir für 2022-23 eine geringere Stromnachfrage erwarten, die auf die durch die hohen Energiepreise ausgelöste Verringerung der industriellen Nachfrage und freiwillige Energiesparmaßnahmen zurückzuführen ist.“ Das heißt: Die Ratingagentur hat die sich akzelerierende Deindustrialisierung des „Alten Kontinents“ da schon miteinkalkuliert.
Das große Problem für die Europäer liegt im unzureichenden Gasfluss aus Russland. Im Frühjahr werden die Gaslager leer sein, doch die LNG-Importe werden die Lücke bis zum Winter kaum füllen können. Hinzu kommt, dass auch die Probleme mit den französischen Atomkraftwerken nicht so rasch behoben werden können. Sollte der kommende Sommer wieder trocken sein, wird die Lage auch im Hinblick auf die Wasserkraftwerke kritisch. Europa wird sich also noch lange mit der Energiekrise herumschlagen müssen.