RA Beneder zum Krisensicherheitsgesetz: „Alles und nichts kann als Krise verkauft werden“

Bildcollage: Report24; Fotografie Rechtsanwalt Beneder: Partei MFG

Im Vorjahr durch die Ablehnung der Opposition zu Fall gebracht, nun in geänderter Fassung in Begutachtung: das Bundes-Krisensicherheitsgesetz. Die Erfahrungen der letzten drei Jahre lassen dabei nichts Gutes hinsichtlich der Grund- und Freiheitsrechte in Österreich erahnen – im Gegenteil. Mobilitätsbeschränkungen und Enteignungen sind denkbare Szenarien. Bis zum 2. März 2023 können von Privatpersonen und Institutionen Stellungnahmen eingebracht werden.

Wenn ich mir anschaue, was in den letzten drei Jahren uns als Krise verkauft worden ist, ist das alles und nichts. Wenn die Umwelt gefährdet ist, wenn es ein besonders heißer Sommer ist zum Beispiel, wenn die Temperatur um ein halbes Grad steigt oder wenn wieder irgendeine Gesundheitsbedrohung laut WHO ausgegeben wird. Also man kann unter diesem Paragrafen alles Mögliche als Krise definieren. Und mit dieser Krisendefinition kann dann dieses Gesetz scharf geschaltet werden.

Rechtsanwalt Gerold Beneder

Der Titel des Vorhabens lautet „Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sicherstellung der staatlichen Resilienz und Koordination in Krisen (Bundes-Krisensicherheitsgesetz – B-KSG) erlassen wird sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, das Wehrgesetz 2001 und das Meldegesetz 1991 geändert werden.“ Ob Mobilitätsbeschränkungen oder Enteignungen – all das und mehr wäre dann denkbar, warnt der Wissenschafts- und Politikblogger Dr. Peter F. Mayer. Er sieht die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen massiv bedroht. Eine Textgegenüberstellung finden Sie hier:

Stellungnahme bis zum 2. März 2023

Das neugeschaffene bzw. überarbeitete Bundes-Krisensicherheitsgesetz befindet sich aktuell in der Begutachtung. Im Rahmen des parlamentarischen Begutachtungsverfahrens besteht für Privatpersonen und Institutionen die Möglichkeit, bis zum 2. März 2023 eine eigene Stellungnahme abzugeben. Eine Minimalvariante kann etwa „Ich lehne das Inkrafttreten des neuen Gesetzes bzw. die Novellierungen ab“ lauten. Auch kann eine bestehende Stellungnahme unterstützt bzw. sie wörtlich oder inhaltlich übernommen werden. Zum Gesetz sowie zu den Stellungnahmen gelangen Sie über diesen Link:

https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/ME/245

Eine Einschätzung der Lage bieten die Rechtsanwälte Mag. Gerold Beneder und Dr. Roman Schiessler.

„Ich habe kein gutes Gefühl bei diesem Gesetz“

Die Bundesregierung, führt Rechtsanwalt Mag. Gerold Beneder aus, soll ermächtigt werden, mittels Verordnung das Vorliegen einer Krise festzustellen: „Das haben wir jetzt seit drei Jahren mit der C-Problematik. Im März 2020 hat es begonnen. Jetzt haben wir November 2022 und die Kettenverordnungen haben nie aufgehört. (…) Die Krise haben wir jetzt drei Jahre lang.“ Aufgrund der schwammigen Definition einer Krise – so schwammig, dass alles und nichts eine Krise sein kann – ist Beneder in Sorge, was die Bundesregierung als eine solche festlegen wird.

§ 2: „Droht unmittelbar oder entsteht durch ein Ereignis, eine Entwicklung oder sonstige Umstände in Bereichen, in denen dem Bund und der Gesetzgebung und Vollziehung zukommt, eine Gefahr außergewöhnlichen Ausmaßes für das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit, für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, für die nationale Sicherheit, für die Umwelt oder für das wirtschaftliche Wohl, deren Abwehr oder Bewältigung die unverzügliche Anordnung, Durchführung und Koordination von Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes dringend erforderlich macht, liegt eine Krise vor. Unberührt davon bleiben die Fälle der militärischen Landesverteidigung.“

Dass ihre Beendigung nach sechs Wochen eintritt, beruhigt ihn ob der Erfahrung der vergangenen drei Jahre nicht. Vielmehr geht er davon aus, dass sich, wie gehabt, eine Verordnung an die andere reihen wird. Die Bundesregierung behält sich außerdem, betont Beneder, die Möglichkeit vor, in einer Krisensituation das Bundesheer beizuziehen:

§ 11: Aufgrund einer Ermächtigung der Bundesregierung obliegen dem Bundesheer bereits vor dem Zeitpunkt, zu dem das Vorliegen einer Krise festgestellt wurde (§ 3), einzelne Maßnahmen der Krisenvorsorge in folgenden Bereichen:

  1. die Bereitstellung autarker und resilienter Kasernen zum Zwecke der Unterstützung der Einsatzfähigkeit der Sicherheitsbehörden, der Wachkörper des Bundes und sonstiger Gebietskörperschaften einschließlich der Gemeindeverbände, ziviler Rettungsorganisationen sowie der Feuerwehren.

Die Einrichtung eines Koordinationsgremiums für Öffentlichkeitsarbeit lässt den Anwalt vermuten, dass die Medienberichterstattung bei künftigen Krisen noch zentralisierter erfolgen wird als im Zuge des Covid-Geschehens. Sehr skeptisch macht ihn zudem die geplante Herstellung eines Bundeslagezentrums.

§ 6: (1) Im Bundesministerium für Inneres wird für die Bundesregierung dauerhaft ein den technischen und sicherheitsrelevanten internationale Standards sowie den räumlichen und personellen Bedürfnissen entsprechendes Bundeslagezentrum eingerichtet, dessen sichere Erreichbarkeit auch im Krisenfall gewährleistet ist.

„Warum wird das gemacht?“ fragt Beneder. „Hat die Regierung Angst vor Unruhen? Hat sie Angst, dass ein Kriegsszenario entstehen wird? Offensichtlich weiß hier die Bundesregierung mehr als die Bevölkerung.“ Und weiter: „Wenn ich mir ansehe, was mit den Grund- und Freiheitsrechten in den letzten drei Jahren passiert ist, habe ich kein gutes Gefühl bei diesem Gesetz.“ In Erinnerung an das in Österreich zuerst beschlossene, jedoch aufgrund des breiten Widerstands nie umgesetzte und schließlich wieder aufgehobene Impfpflichtgesetz ersucht der Anwalt die Menschen, auch diesmal mitzuwirken, Stellung zu beziehen und die Regierung auch bei ihrem zweiten Versuch, das Gesetz durchzubringen, scheitern zu lassen.

„Eine Fortschreibung des juristischen Chaos“

Nicht überrascht, sondern vom Gesetzesentwurf in seinen Erwartungen bestätigt ist Rechtsanwalt Dr. Roman Schiessler. Es handelt sich um eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung auf einfach gesetzlicher Basis. Eine direkte Einschränkung auf verfassungsrechtlicher Ebene der Grundrechte wurde somit nicht angedacht. „Das haben sie sich dann doch nicht getraut,“ bemerkt er. Was mit „Gesundheit der Allgemeinheit“ gemeint und wann diese bedroht sein soll, erschließt sich ihm nicht, da sich der Gesundheitsbegriff stets nur auf Einzelne bezieht. Ein beredtes Licht auf das Rechtsstaatsverständnis und das Verständnis von Gewaltenteilung der Bundesregierung wirft das erneute Auslagern der einfachen Gesetzgebung an die Exekutive.

Auch Schiessler rechnet angesichts der Covid-Erfahrungen mit Kettenverordnungen. Insgesamt verortet der Anwalt in diesem Vorhaben eine Fortschreibung des juristischen Chaos auf einfach gesetzlicher Ebene – einen Mehrwert sieht er nicht. „Jedes Grundrecht,“ führt er aus, „hat einen Gesetzesvorbehalt, welches es dem Gesetzgeber ermöglicht hätte und auch immer noch tut, Grundrechte einzuschränken. Aber da ist eben der Gesetzgeber primär gefordert.“ Er konstatiert einen erneuten Versuch der Exekutive, Kompetenzen an sich zu entziehen und den Gesetzgeber zu entmachten. Bei der Entwicklung von Konzepten der direkten Demokratie ist deshalb mehr Konzentration auf die Exekutive und weniger auf die Legislative relevant. Es wird Zeit, betont Schiessler abschließend, wieder vermehrt auf die Straße zu gehen und darüber nachzudenken, was in Österreich schief läuft.

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