Putsch im Sudan: Wie blutig wird es noch?

Bild: Flagge des Sudan, Freepik @splinestudios

Gestern wurden bei Auseinandersetzungen in der sudanesischen Hauptstadt Khartum sieben Menschen getötet, weit über hundert verwundet. Das Militär bleibt gnadenlos und geht mit massiver Gewalt gegen die Demonstranten vor.

Nach der Auflösung der Zivilregierung durch die Streitkräfte, der Verhaftung politischer Führer und der Verhängung des Ausnahmezustands am Montag gingen tausende Demonstranten im Sudan auf die Straße. Berichten zufolge gingen die Truppen in der Hauptstadt Khartum von Haus zu Haus und verhafteten lokale Protestorganisatoren. Ein gängiges Vorgehen bei solchen Machtergreifungen. Sämtliche Proteste sollen im Keim erstickt werden.

Der Staatsstreich wurde weltweit verurteilt, und die USA stoppten Hilfsgelder in Höhe von 700 Millionen Dollar. „Die zivil geführte Übergangsregierung sollte sofort wieder eingesetzt werden und repräsentiert den Willen des Volkes“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, vor Reportern. Der Anführer des Putsches, General Abdel Fattah Burhan, machte politische Querelen für die Militäraktion verantwortlich.

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Bashir vor zwei Jahren sind die zivilen Führer und ihre militärischen Kollegen zerstritten. Bei Einbruch der Dunkelheit am Montag waren zahlreiche Demonstranten in Khartum – und anderen Städten – auf den Straßen und forderten die Rückkehr der Zivilregierung.

Blutige Proteste

Ein verwundeter Demonstrant erzählte Reportern, er sei von der Armee vor dem Militärhauptquartier ins Bein geschossen worden. Ein anderer Mann beschrieb, dass das Militär zunächst Blendgranaten und dann scharfe Munition abfeuerte. „Zwei Menschen starben, ich habe sie mit eigenen Augen gesehen“, sagte Al-Tayeb Mohamed Ahmed. Auch die sudanesische Ärztegewerkschaft und das Informationsministerium schrieben auf Facebook, die tödlichen Schüsse hätten sich außerhalb des Militärgeländes ereignet.

Bilder aus einem Krankenhaus in der Stadt zeigten Menschen mit blutverschmierter Kleidung und verschiedenen Verletzungen. Berichten zufolge gibt es trotz der Gewalt kaum Anzeichen für ein Abflauen der Proteste. Die Demonstranten haben die Straßen mit Steinhaufen und brennenden Reifen blockiert. Auch viele Frauen nehmen an den Protesten teil und rufen „Nein zur Militärherrschaft“.

Der Flughafen der Stadt ist geschlossen und internationale Flüge wurden ausgesetzt. Auch das Internet und die meisten Telefonverbindungen sind unterbrochen. Berichten zufolge sind die Mitarbeiter der Zentralbank in den Streik getreten, und im ganzen Land sollen sich Ärzte weigern, in den vom Militär betriebenen Krankenhäusern zu arbeiten. Es sei denn, es handelt sich um Notfälle, dann helfen sie.

Jahre des Umbruchs

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Bashir im Jahr 2019 befindet sich der Sudan in einem Streit um die Machtteilung zwischen zivilen und militärischen Führern. Das zwischen den Fraktionen geschlossene Abkommen soll den Sudan in Richtung Demokratie lenken, aber es gab bereits eine Reihe von Putschversuchen, den letzten vor etwas mehr als einem Monat.

General Abdel Fattah Burhan, der das Abkommen über die Teilung der Macht leitete, nun aber den jüngsten Putschversuch anführt, erklärte, die Machtübernahme sei notwendig, „um den Kurs der Revolution zu korrigieren“, da es zu politischen Machtkämpfen gekommen sei. Er sagte, der Sudan sei nach wie vor dem Übergang zu einer zivilen Regierung verpflichtet, und für Juli 2023 seien Wahlen geplant. Die Demonstranten haben seine Argumentation jedoch nicht akzeptiert und wollen rasche Ergebnisse. Das nordafrikanische Land steht weiterhin vor unruhigen Zeiten, die wohl noch viele Todesopfer fordern werden.

Der Sudan hat etwa 44 Millionen Einwohner. Bis 1953 war der Sudan eine britische Kolonie. 70 Prozent der Bevölkerung sind Mohammedaner, 25 Prozent gehören ursprünglichen Religionen an, 5 Prozent sind Christen. Die islamische Scharia gilt als erste Rechtsquelle, so steht es in der Verfassung. 

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