Die Vereinigten Staaten sind immer noch von Lieferungen von angereichertem Uran aus Russland abhängig. Nun schränkt Moskau die Exporte an die Amerikaner ein. Der Kreml zeigt, wie wichtig die russischen Energielieferungen für die Welt sind. Und mehr noch wird deutlich, dass nicht nur der Westen wirtschaftlichen Druck ausüben kann. Das geht auch umgekehrt.
Wladimir Putin hat nun seine nächste Karte ausgespielt – und diesmal ist sie radioaktiv. Mit der überraschenden Drosselung der Uranexporte in die USA zielt der Kreml-Stratege präzise auf die Achillesferse der amerikanischen Energieversorgung. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Fast 20 Prozent des amerikanischen Stroms stammen aus Kernkraftwerken, die zu einem erheblichen Teil von russischem Uran abhängig sind. Im vergangenen Jahr lieferte Russland mehr als ein Viertel des in den USA benötigten angereicherten Urans. Eine pikante Situation, wenn man bedenkt, dass Washington gleichzeitig versucht, Moskau wegen des Ukraine-Kriegs zu isolieren.
Breaking!💥🔨 #Russia has now imposed restrictions on the export of enriched #Uranium to the #USA in response to the US import ban, as per Putin's request made in September. Export ban is said to be temporary but no details yet provided. Boom!🎇🎆😲🤠🐂 https://t.co/QSOU9gH50Z pic.twitter.com/FfHxpaRVhr
— John Quakes (@quakes99) November 15, 2024
Chris Gadomski von BloombergNEF bringt es unverblümt auf den Punkt: “Wir haben hier nicht genug angereichertes Uran.” Eine bemerkenswert offene Aussage für einen Analysten. Die Amerikaner hätten Vorräte anlegen sollen, statt auf die kontinuierliche Versorgung aus Russland zu vertrauen. Besonders brisant: Die russische Ankündigung erfolgte ausgerechnet per Telegram. Keine Details, kein Zeitplan – nur die knappe Mitteilung, dass man die Lieferungen “vorübergehend” einschränke. Mehr noch hieß es später aus dem Kreml, man werde sich darauf konzentrieren, “freundliche Länder” – wie z.B. Indien und China – mit dem angereicherten Uran zu beliefern.
Knockout!🇺🇸😵💫💥🥊🇷🇺 Russian media report today that the enriched #Uranium that was intended to be exported to the #UnitedStates will be sold to "friendly countries" instead, naming India, Iran & China.🚛 The Director of Russia's Energy Development Fund says that the amendments… https://t.co/dQFzTZqk0J pic.twitter.com/SvffQZQJCv
— John Quakes (@quakes99) November 16, 2024
Die Biden-Administration hat zwar eine Initiative zur Wiederbelebung der heimischen Urananreicherung gestartet, aber das gleicht dem Pflanzen eines Baumes, wenn man bereits Schatten braucht. Bis 2025 könnte es für einige Reaktorbetreiber eng werden, sollten sie keine alternativen Lieferanten finden. Bemerkenswert ist auch der Zeitpunkt: Im Mai unterzeichnete Biden ein Gesetz zum Verbot russischen Urans – allerdings mit großzügigen Ausnahmeregelungen bis 2028. Jetzt kommt die russische Retourkutsche, gewürzt mit einer Prise geopolitischer Ironie.
🇺🇸 The US purchased uranium from Russia for a record amount
— Zlatti71 (@Zlatti_71) July 6, 2024
✔️ In May, the United States significantly increased purchases of enriched uranium from Russia, reaching the highest levels since March last year. According to the US Bureau of Statistics, the total value of uranium… pic.twitter.com/SMATsr1Z7A
Die einzige kommerzielle Urananreicherungsanlage in den USA, betrieben von Urenco Ltd., plant zwar eine Kapazitätserweiterung um 15 Prozent bis 2027. Doch angesichts der Dimension des Problems gleicht dies dem Versuch, einen Waldbrand mit einer Gießkanne zu löschen. Die jahrzehntelange Abhängigkeit von russischen Energielieferungen rächt sich nun auf allen Ebenen. Erst Gas, jetzt Uran – die Liste der energiepolitischen Druckmittel Moskaus wird immer länger.
💥📰#Russia, world's largest supplier of enriched #Uranium, has imposed temporary restrictions on the export of enriched Uranium to the #UnitedStates, a symbolic tit-for-tat move after the U.S. banned Russian uranium imports.🇷🇺⚔️🇺🇸 Russia holds about 44% of the world's uranium… pic.twitter.com/nHL9avtam8
— John Quakes (@quakes99) November 15, 2024
Allerdings hat der Westen sich diese Entwicklungen auch selbst zuzuschreiben. Erst sanktioniert man sukzessive die russischen Energiekonzerne (zumindest dort, wo man Ersatzlieferungen auftreiben konnte), doch wenn Moskau von sich aus Lieferungen einschränkt, reagiert man geradezu wehleidig und fordert eine “koordinierte westliche Antwort” darauf.
