Provokationen gehen weiter: Russland könnte Truppen in Venezuela und Kuba stationieren

Bild: freepik / gar1984

Sollten die Vereinigten Staaten und die NATO mehr Truppen an der russischen Grenze stationieren, könnte Russland mit einem ähnlichen Schritt reagieren. Venezuela und Kuba könnten russische Soldaten aufnehmen. Wir sehen derzeit eine massive Eskalationspolitik.

Inmitten der ins Stocken geratenen Gespräche zwischen Russland und der NATO über die neuartige Aufteilung Europas in geopolitische Einflusssphären hat Russland beschlossen den USA zu demonstrieren, wie es sich anfühlt, von Militärstützpunkten entlang der eigenen Grenzen umgeben zu sein. Am Donnerstag, nachdem er erklärt hatte, dass die Gespräche mit den USA über die Sicherheitslage in der Ukraine ins Stocken geraten seien, deutete der stellvertretende russische Außenminister an, dass Moskau Truppen und Militärgerät nach Venezuela und Kuba entsenden könnte. Denn der Kreml versucht, Washington unter Druck zu setzen: Die Amerikaner sollen auf die russischen Forderungen nach einem Stopp der westlichen Militäraktivitäten reagieren, die Russland dessen Meinung nach bedrohen.

Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow wurde wie folgt von US-Medien zitiert: Moskau könne die Entsendung einer „militärischen Infrastruktur“ nach Venezuela oder Kuba nicht ausschließen, wenn die Spannungen mit Washington, die in den letzten Wochen wegen der massiven Aufstockung russischer Truppen an der ukrainischen Grenze eskaliert sind, weiter zunehmen. Manche Beobachter glauben mittlerweile, die Wahrscheinlichkeit eines Krieges in Europa sei nun so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. „Ich möchte nichts bestätigen, aber auch nichts ausschließen… Das hängt von den Aktionen unserer amerikanischen Kollegen ab“, sagte Rjabkow dem privaten russischsprachigen Fernsehsender RTVi in einem Interview am Donnerstag in Moskau.

Warnungen gegen Washington

Wladimir Putin „hat sich wiederholt, auch zu diesem Thema, darüber geäußert, welche Maßnahmen die russische Marine ergreifen könnte, wenn die Dinge völlig in die Richtung gehen, Russland zu provozieren und den militärischen Druck auf uns weiter zu erhöhen“, sagte Rjabkow und fügte hinzu, Russland wolle ein solches Ergebnis nicht sehen, aber „die Diplomaten müssen zu einer Einigung kommen“. Letzten Monat erklärte Rjabkow gegenüber Reportern, er könne nicht ausschließen, dass die Beziehungen zwischen Russland und den USA in eine ähnliche Situation wie bei der Kubakrise von 1962 geraten könnten. Dem russischen Fernsehsender sagte er außerdem, er sehe keinen unmittelbaren Anlass für neue Gespräche mit den USA, nachdem mehrere Verhandlungsrunden in dieser Woche kaum Fortschritte bei der Entschärfung der Krise in der Ukraine gebracht hätten.

Die ominösen Äußerungen folgten auf mehrere Runden vergeblicher Gespräche zwischen dem Westen und Russland in dieser Woche über die militärische Aufrüstung an der Grenze zur Ukraine. Moskau hat mehr als 100.000 Soldaten dorthin entsandt und reagiert damit auf eine angebliche Bedrohung seiner Sicherheit durch NATO-Staaten. Am Donnerstag erörterte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), ein Zusammenschluss von 57 Ländern, der während des Kalten Krieges zur Förderung des Friedens beigetragen hat, die Lage in der Ukraine. Die Gespräche folgten auf ein Treffen zwischen den USA und Russland am Montag in Genf und ein NATO-Russland-Treffen am Mittwoch in Brüssel. Doch auch bei diesen Gesprächen konnte die Krise nicht gelöst werden, und die Aussichten auf weitere Gespräche blieben ungewiss. Die Ukraine stand diese Woche im Mittelpunkt der Gespräche, war aber bei den Verhandlungen in Genf und Brüssel nicht anwesend. Beim Treffen am Donnerstag in Wien erhielt Kiew einen Platz am Tisch.

Ende der Verhandlungen?

Am Donnerstag schien Rjabkow weitere Verhandlungen auszuschließen, falls Russlands Forderungen nicht erfüllt werden. „Ich bin immer ein Befürworter des Dialogs“, sagte Rjabkow dem Fernsehsender RTVi, gab aber zu bedenken, dass, wenn die Verhandlungen mit der Weigerung der NATO enden, die Erweiterung zu stoppen, dies „in gewissem Maße eine Sackgasse oder ein Unterschied in den Ansätzen wäre. Ich sehe keinen Grund dafür, sich in den kommenden Tagen erneut zusammenzusetzen und dieselben Diskussionen zu beginnen“, sagte er. Der russische OSZE-Vertreter Alexander Lukaschewic sagte, die Gespräche in dieser Woche seien „wirklich enttäuschend“ gewesen, da die USA, die NATO und andere OSZE-Länder nicht die von Moskau erwarteten „sehr substanziellen und ausführlichen“ Antworten auf Russlands Vorschläge gegeben hätten. Der russische Außenminister, Sergej Lawrow, schien jedoch die Tür für weitere Gespräche offen zu lassen. Er sagte am Donnerstag, Moskau erwarte von den USA und der NATO eine baldige schriftliche Antwort auf die russischen Sicherheitsvorschläge. „Wir hoffen immer noch, dass die in Genf und Brüssel gemachten Versprechen eingehalten werden, d.h. das Versprechen, die Vorschläge der USA und der NATO zu Papier zu bringen“, sagte er.

Moskau fordert u.a. Änderungen an den westlichen Sicherheitsvereinbarungen, die mit der NATO verbunden sind, und hat sich besorgt über die Aussicht geäußert, dass ehemalige Sowjetrepubliken wie die Ukraine der NATO beitreten könnten (was nicht neu ist – Russland hat in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder deutlich gemacht, dass die Ukraine in der NATO inakzeptabel ist), während es gleichzeitig forderte, dass die Allianz ihre Osterweiterung stoppt. Russland hat außerdem gefordert, dass die NATO ihre militärischen Aktivitäten in den Mitgliedsstaaten der ehemaligen Sowjetunion oder des Warschauer Pakts, wie Polen, Ungarn und der Tschechischen Republik, zurückfährt. Weder das NATO-Treffen, an dem eine russische Delegation und Vertreter der 30 NATO-Mitglieder teilnahmen, noch das Treffen zwischen den USA und Russland in Genf brachten einen Durchbruch in der festgefahrenen Situation in der Ukraine.

Washington bleibt hart

US-Beamte sagen, dass ihr Angebot von Gesprächen über militärische und andere Sicherheitsfragen im Rahmen der OSZE Teil der klaren Entscheidung ist, die sie Putin anbieten: Einerseits würde ein russischer Einmarsch in der Ukraine beispiellose Sanktionen des Westens auslösen. Andererseits bieten bilaterale Gespräche zwischen Washington und Moskau, NATO-Diskussionen und Konsultationen im Rahmen der OSZE gemeinsam Wege aus der Krise. „Wir können über Dinge wie militärische Transparenz sprechen, wir können über konventionelle Streitkräfte sprechen… Wir können über Vertrauensbildung und den Abbau von Spannungen vor Ort sprechen“, sagte ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums. „Also ja, wir sind bereit, mit der Arbeit zu beginnen. Aber es gibt eine Menge Fragen darüber, ob Russland dazu bereit ist“.

Die stellvertretende Außenministerin Wendy Sherman, die federführende Verhandlungsführerin der USA mit Russland in der Ukraine-Frage, erklärte, Washington sei offen für Gespräche über die Stationierung von Raketen in Europa, gegenseitige Schritte in Bezug auf Größe und Umfang von Militärübungen und Transparenz bei militärischen Schritten. Die OSZE, die seit ihrer Gründung in den 1970er Jahren zur Wahrung des Friedens in Europa beiträgt, ist das einzige sicherheitspolitische Forum, in dem die Hauptakteure der aktuellen Krise – Russland, die Ukraine, die USA und die Europäer – alle einen Sitz am Tisch haben.

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