Die OPEC+ kündigte kürzlich Kürzungen bei der Förderung von Erdöl an. Ziel ist es, die Preise hoch zu halten, was vor allem in Washington scharf kritisiert wurde. Davon könnte ausgerechnet Russland am meisten profitieren. War das so gewollt?
Als die OPEC+, also das Kartell der in der Organisation vereinten 13 erdölproduzierenden Länder plus elf weitere Ölproduzenten wie Russland und Venezuela, eine Reduktion der Förderung des „schwarzen Goldes“ um bis zu 2 Millionen Barrel pro Tag (bpd) ankündigte, war vor allem die Reaktion Washingtons furios. Dies führte sogar dazu, dass in der US-Politik Stimmen laut werden, die ein Ende der Militärhilfe für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate einfordern, weil diese die Förderkürzung unterstützten.
Doch das ist noch nicht alles. Offensichtlich wird vor allem Russland von der angekündigten Produktionskürzung profitieren. Der Grund dafür: Russland produziert derzeit ohnehin rund eine Million bpd weniger als in der Förderquote von 11 Millionen bpd für September vorgesehen. Damit muss Moskau die Förderung nicht drosseln und profitiert gleichzeitig von den steigenden Preisen für das schwarze Gold. Die Saudis als wichtigster Produzent haben ein Ziel von knapp 10,5 Millionen bpd bei der Produktion und sollen mehr als eine halbe Million bpd bei der Förderung kürzen.
Da der Ölmarkt ohnehin angespannt ist, dürfte es für Moskau nicht schwierig sein, trotz der Ende Dezember in Kraft tretenden Sanktionen gegen das russische Öl weiterhin genügend Abnehmer zu finden und so die Produktion nicht weiter senken zu müssen. Immerhin bieten die Russen auch einen Discount an, der für die Ölkonsumenten insbesondere in Zeiten hoher Energiepreise besonders attraktiv ist. Dies bedeutet aber auch, dass die Europäer, die ihr Erdöl zu deutlich höheren Marktpreisen kaufen müssen, auch diesbezüglich Wettbewerbsnachteile (ähnlich wie beim Erdgas, wo China und andere Länder günstiges Pipelinegas erhalten und nicht auf teures Flüssiggas angewiesen sind) erleiden. Dies wird die Inflation in Europa jedoch weiterhin antreiben und so die ohnehin schon angespannte Situation für die Menschen und die Unternehmen noch weiter verschärfen.
Allerdings zeigt dieser Schritt auch, dass die Erdöl produzierenden Länder insgesamt kein Interesse daran haben, mit niedrigen Ölpreisen Russland und vor allem sich selbst zu schaden, zumal auch diese Länder – vor allem jene in Afrika wie Nigeria oder Angola – versuchen müssen, die Auswirkungen der global steigenden Preise (insbesondere bei den Nahrungsmitteln) auszugleichen. Zudem dürfte wohl insbesondere den ärmeren Ländern auf dieser Welt auch klar sein, dass ein vollständiges Embargo gegen russische Kohlenwasserstoffe wirtschaftlicher Selbstmord wäre. Immerhin ist Russland im vergangenen Jahr für rund ein Achtel der globalen Ölproduktion verantwortlich gewesen. Die Internationale Energieagentur (IAE) hatte kürzlich erst auf die Wichtigkeit der russischen Ölexporte in die internationalen Märkte betont.
Ein totales globales Embargo gegen die russische Ölindustrie würde die Preise wohl eher in Richtung 300 Dollar pro Barrel pressen und die wirtschaftlichen Kontraktionen verstärken. In Zeiten wie diesen, in denen ohnehin quer über den Erdball Rezessionen erwartet werden, scheint ein solcher Schritt jedoch sehr unwahrscheinlich zu sein. Mehr noch: Der Unmut der Bevölkerung in Europa gegen die katastrophale Energiepolitik wächst immer weiter und könnte sich bald schon in Revolten gegen die ideologisch motivierten Sanktionen entladen.