Frankreich wird infolge der Dreispaltung des Parlaments in einen Linksblock, das macronistische Zentrum und einen vom RN dominierten Rechtsblock politisch blockiert. Weil Macron keinen Linken zum Premierminister ernennen will, droht das Linksbündnis mit einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten.
In Frankreich spitzt sich die politische Lage dramatisch zu. Die linke Partei La France Insoumise (LFI) hat einen Vorstoß unternommen, um Präsident Emmanuel Macron seines Amtes zu entheben. Dieser überraschende Schritt folgt auf Macrons Weigerung, einen Kandidaten der siegreichen linken Koalition zum Premierminister zu ernennen. Die Situation wirft ein Schlaglicht auf die tiefgreifenden Spannungen in der französischen Politik und stellt die demokratischen Institutionen des Landes auf die Probe.
Die Neue Volksfront-Allianz (NFP), bestehend aus LFI, Sozialisten, Kommunisten und Grünen, ging als Sieger aus den vorgezogenen Parlamentswahlen hervor. Dies auch nur deshalb, weil Zentristen und Linke mit Absprachen die Wahl von vielen RN-Kandidaten verhinderten. Trotz des Wahlsiegs verfehlte die Koalition die absolute Mehrheit, was Macron zu Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung zwang. Denn keiner der drei großen Blöcke will koalieren, um so eine große Koalition zu bilden. Am Montag lehnte Macron die Ernennung von Lucie Castets, der Kandidatin der NFP, zur Premierministerin ab. Er begründete dies mit der Sorge um die „institutionelle Stabilität“.
Die LFI hat nun einen drastischen Schritt unternommen: Die Partei hat einen Antrag auf Amtsenthebung Macrons in Umlauf gebracht und sammelt Unterschriften von Parlamentariern. Der Antrag beruft sich auf Artikel 68 der französischen Verfassung, der eine Amtsenthebung im Falle einer „offensichtlich mit der Ausübung seines Mandats unvereinbaren Pflichtverletzung“ vorsieht.
Die politische Landschaft Frankreichs ist durch diese Entwicklungen in Aufruhr. Mathilde Panot, die Fraktionsvorsitzende der LFI, erklärte: „Macron weigert sich, sich dem Votum des Volkes zu beugen, also müssen wir ihn absetzen.“ Die rechtsgerichtete Nationale Sammlungsbewegung (RN) kündigte an, jeden Kandidaten des linken Bündnisses zu blockieren, da die NFP „eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, den Bürgerfrieden und offensichtlich für das Wirtschaftsleben des Landes“ darstelle. Weiters weisen die französischen Medien darauf hin, dass es schwierig sein dürfte, einen neuen Premierminister zu finden, „der nicht sofort durch ein Misstrauensvotum gestürzt würde“.
Sollte die innenpolitische Blockade nicht bald ein Ende finden, müsste es erneut Wahlen geben – und dieses Mal bei der zweiten Wahlrunde keine Absprachen mehr zwischen den Parteien, sondern ein fairer Wettbewerb um die Stimmen der Bürger. Doch davor haben die Linken und die Macronisten Angst, denn der RN von Marine Le Pen würde so auf Anhieb die Mehrheit der Wahlkreise für sich gewinnen.