Offshore-Windkraft gilt als sauber, still und unschuldig – bis man genauer hinsieht. Unter der Oberfläche entstehen Lärmzonen, Barriereeffekte und abrupte ökologische Verschiebungen, die niemand in seine Modelle eingetragen hat. Die Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und biologischer Wirklichkeit wird immer größer.
Es gehört zu den hartnäckigsten intellektuellen Selbsttäuschungen unserer Zeit, dass man einem ökologischen Großproblem am besten mit einem noch größeren technischen Eingriff begegnet. Diese sonderbare Logik gedeiht insbesondere dort, wo sich politische Visionen mit industriellen Interessen zu einer heiligen Allianz der “grünen Notwendigkeit” verbinden. Offshore-Windparks im Atlantik sind das jüngste Ergebnis dieser Denkschule, deren Vertreter stets versichern, alles sei bis ins letzte Detail berechnet, abgesichert, modelliert. Und genau an diesem Punkt beginnt das naturwissenschaftliche Drama.
Denn komplexe Systeme – Meeresströmungen, Wanderbewegungen mariner Lebewesen, atmosphärische Austauschprozesse – gehorchen nicht den Tabellen der Windfarm-Planungsbüros. Sie gehorchen auch nicht dem Wunsch, dass eine technische Vorrichtung bitteschön nur jene Wirkung entfalten möge, die in einem Förderantrag beschrieben steht. Stattdessen entfalten sie Nebenwirkungen, die man an Land gerne übersieht, weil sie sich auf hoher See leise vollziehen und daher bequem ignorierbar sind. Dies verdeutlicht eine neue, bei Science Advances veröffentlichte Studie mit dem Titel “Sea surface warming and ocean-to-atmosphere feedback driven by large-scale offshore wind farms under seasonally stratified conditions“.
Die Illusion des lautlosen Eingriffs
Es ist die große Mode unserer Epoche, Eingriffe als “sanft” oder “unsichtbar” zu etikettieren. Doch ein Offshore-Windpark ist so unsichtbar wie ein Hochhaus in einem kleinen Bauerndorf. Unter der Wasseroberfläche erzeugen die gigantischen Fundamente permanente Resonanzräume, die Schall weit über die geplanten Korridore hinaustragen. Zahlreiche Forscher, die noch bereit sind, das Offensichtliche auszusprechen, weisen darauf hin, dass die errichteten Monolithen im Takt der Strömung wie gewaltige metallische Orgelpfeifen wirken: Sie senden Niederfrequenzschwingungen, auf die manche Meeressäuger empfindlicher reagieren als auf jedes Schiffstriebwerk.
Dass diese Schallkulissen Wanderwege von Walen und Delfinen verändern, gilt mittlerweile nicht mehr als theoretisch, sondern als empirisch beobachtet. Nur wird es politisch ungern angesprochen. Zu offensichtlich wäre der Widerspruch zwischen dem grünen Heilsversprechen und den tatsächlichen biologischen Effekten.
Die Transformation des Meeresbodens: ein unterschätztes Drama
Es hat etwas Tragisches, dass ausgerechnet jene technischen Konstruktionen, die angeblich das Klima retten sollen, auf dem Meeresboden eine Art industriellen Archipel schaffen. Betonfundamente dienen unweigerlich als künstliche Riffstrukturen, die einen massiven Eingriff in das natürliche Leben darstellen.
Denn diese künstlichen Strukturen ziehen dominante und aggressive Arten an, die in natürlicher Umgebung nie die Möglichkeit hätten, sich in solchen Dichten zu etablieren. Sie verdrängen fragile ökologische Gleichgewichte und fördern invasive Organismen, die wiederum ganze Nahrungsketten umformen. Der Meeresboden verwandelt sich dadurch in eine unnatürliche Mosaiklandschaft aus technogenen Biotopen, die zwar als “Biodiversität” gefeiert werden, biologisch aber oft das Gegenteil bedeuten: Monokulturen auf Betonbasis.
Aerodynamische Modelle und die Realität des Atmosphärentauschs
Der zweite Bereich unbeabsichtigter Effekte betrifft die Atmosphäre. Die Turbinen entziehen dem Wind Energie – naturgemäß ein gewünschter Vorgang – doch großflächig angeordnet verändern sie Windprofile, Druckverhältnisse und Verdunstungsmuster. Über dem Atlantik ist der atmosphärische Austausch zwischen Wasser und Luft entscheidend für die Stabilität des regionalen Klimas.
Mehrere unabhängige Analysen zeigen, dass umfangreiche Windparkzonen lokale Temperaturgradienten, Turbulenzfelder und sogar Niederschlagsmuster beeinflussen können. Dass derartige Auswirkungen offiziell stets als “minimal” klassifiziert werden, obwohl sie immer deutlicher werden, zeigt die Ignoranz der Klimafanatiker gegenüber der Wissenschaft.
Vogel- und Fischpopulationen: die stille Schrumpfung
Während man an Land die Millionen an geschredderten Vögeln und Fledermäusen sieht, verenden offshore jährlich unzählige Zugvögel “unsichtbar”. Sie kollidieren nicht nur mit Rotoren, sondern verlieren auch die Orientierung durch Blend- und Schattenwürfe, geraten in neu entstandene Turbulenzzonen oder werden durch nächtliche Beleuchtungen fehlgeleitet.
Auch Fischpopulationen zeigen Veränderungen, die man in den politischen Debatten kaum erwähnt. Empfindlichere Arten ziehen sich aus den Lärmzonen zurück, robustere Schwärme übernehmen die Gebiete und die Laichwanderungen werden gestört. Solche Verschiebungen sind kein Randthema. Sie betreffen die gesamte Flora und Fauna des Nordatlantiks.
Eine strukturelle Blindheit
Das eigentliche Problem sind nicht die Windparks selbst, sondern vielmehr die geistige Haltung, mit der sie errichtet werden. Unter dem Vorwand, “das Klima retten” zu wollen, wird tief in natürliche Prozesse eingegriffen. Es werden Lebensräume ganzer Arten großflächig zerstört, die Biodiversität leidet und noch weiß niemand, welche langfristigen Auswirkungen diese vielen kleinen Veränderungen auf den verschiedensten Ebenen haben werden.
Offshore-Windparks können durchaus einen gewissen, beschränkten Beitrag zur Energieversorgung leisten. Doch man darf dabei nicht vergessen, dass sie zugleich auch massive Eingriffe in eines der komplexesten Ökosysteme unseres Planeten darstellen. Doch die Klimaapokalyptiker scheinen diese negativen Auswirkungen geflissentlich zu ignorieren, weil es das Bild von “sauberer und nachhaltiger Energie” beschmutzt.
