Deutschland ist nicht mehr als ein Vasall der USA: Es ist nicht das erste Mal, dass der ehemalige SPD- und später Linken-Politiker Oskar Lafontaine diesen Standpunkt erörtert. Im Interview mit der Journalistin Milena Preradovic ruft er eindringlich zur Selbstbehauptung gegenüber den USA auf. Auch die Hintergründe der Zerstörung der Nordstream-Pipelines werden angesprochen: Für Lafontaine steht außer Frage, dass die Amerikaner die Schuldigen sind. Immerhin seien sie Wiederholungstäter.
Lafontaine erörtert in dem am 21. November publizierten Video-Interview die Kernthese seines jüngst erschienenen Buches „Ami, it’s time to go„: Das deutsche Politurgestein betrachtet ein „Verteidigungsbündnis“, wie es die NATO sein will, als unmöglich, solange die USA involviert sind. Deren höchste Priorität sei es, die eigene Vormachtsstellung zu verteidigen – und das tun sie auf höchst aggressive und kriegerische Weise. Lafontaine merkt an dieser Stelle an, dass bisher noch jeder Krieg der USA auf Lügen basiert habe. Eine solche Nation könne keinem Verteidigungsbündnis vorstehen. Lafontaine vertritt die Ansicht, dass die Europäer, insbesondere die Deutschen, sich selbst behaupten müssen: „Wir brauchen eine NATO ohne die USA.“
Dass Deutschland seine nationalen Interessen zugunsten jener der USA hintenanstellt, kritisiert er scharf. Für Lafontaine steht fest, dass die Deutschen sowohl Rohstoffe aus Russland als auch den chinesischen Markt benötigen. Ohne russische Energie sei es höchstwahrscheinlich, dass Deutschland verarme.
USA zerstörten Nordstream
Angesprochen auf die Zerstörung der Nordstream-Pipelines, um die es in den US-hörigen deutschen Mainstream-Medien schnell verdächtig still wurde, zeigt Lafontaine sich überzeugt, dass die Verantwortung bei den Amerikanern liegt: Der Nutzen für die USA sei offenkundig. Immerhin sind die Europäer so umso mehr auf das amerikanische Flüssiggas angewiesen, was für die Vereinigten Staaten ein extrem gutes Geschäft darstellt. Der Krieg beschert den USA nebenbei gewaltige Umsätze für die Waffenindustrie und treibt Europa und Russland weiter auseinander: Die Kooperation dieser Mächte war den USA seit jeher ein Dorn im Auge.
Lafontaine spricht nicht nur an, dass US-Präsident Biden das Ausschalten von Nordstream offen angekündigt hatte, sondern weist auch darauf hin, dass die USA bei der Zerstörung von unliebsamen Pipelines Wiederholungstäter sind: Schon unter Ronald Reagan sah man die Versorgung Europas mit russischer Energie als Gefahr, die den eigenen Einfluss reduzierte. Und nicht nur das: 1982 sorgten die USA dafür, dass eine der größten Gaspipelines der UdSSR explodierte. Man belieferte dazu Sowjet-Spione mit manipulierter Software, die im Verlauf zu einem Druckanstieg in der Pipeline führte. Zumindest in Schweizer Medien stellte man diesen Zusammenhang übrigens bereits her.
Das vollständige Video-Interview mit Oskar Lafontaine, in dem auch weitere interessante Aspekte der aktuellen Krise besprochen werden, sehen Sie hier: