ORF kann’s nicht lassen: Wieder wird die Long Covid-Apokalypse prophezeit

Symbolbild Virusangst via freepik / karlyukav

Der ORF kann von der Pandemiepropaganda nicht ablassen. Unter abermaliger Anwendung manipulativer Methoden zur Meinungsbildung und Experten von zweifelhafter Kompetenz wird die nächste Gefahr beschworen: Long Covid. Ein Blick auf den Stand der Forschung zeigt jedoch: Long Covid ist Etikettenschwindel und wird zur weiteren Panikmache missbraucht. Die geforderte Wiederaufnahme der Meldepflicht von Covid-19 ist abzulehnen.

Ein Gastkommentar von Thomas H.

Seit die WHO Anfang Mai 2023 den internationalen Gesundheitsnotstand bezüglich Covid aufgehoben hat und mit Ende Juni in Österreich praktisch alle Maßnahmen beendet worden sind, ist diese eine Krise endgültig aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Doch manche Leute wollen anscheinend einen dauerhaften Alarm-Zustand bezüglich Sars-Cov-2 aufrecht erhalten. Als Vorwand dient jenen der ominöse Begriff Long Covid. Wie mit diesem Phänomen weiterhin Angstpropaganda gemacht wird, zeigt ein Bericht samt Interview mit einer Ärztin in der Zeit im Bild 2 (ZIB2) vom 9. 8. 2023. [1]

Manipulative Methoden im Bericht

Zweck des gut vierminütigen Berichts ist offensichtlich, die öffentliche Nichtbeachtung eines oder mehrerer Krankheitsbilder als Verharmlosung darzustellen. Dazu werden einige manipulative Techniken angewandt, wobei drei im Vordergrund stehen.

Zu Beginn wird ein argumentum ad misericordiam (Appell an das Mitgefühl) vorgebracht, indem eine junge Dame von ihrem Leid berichtet. Sie werde allein gelassen, die letzte Ambulanz für Long Covid bald schließen. Welchen Hintergrund dieses Leiden hat bzw. wie genau es abgeklärt worden ist, wird nicht erwähnt. Im Oktober 2021 war Corona noch hot stuff, d. h. praktisch alle mediale und eine Menge medizinische Aufmerksamkeit war dem neuen Virus gewidmet. Entsprechend einfach war es, diesem auch für vieles die Schuld zuzuschieben, obwohl es womöglich oft nur zufällig anwesend war. Das Publikum soll damit jedenfalls zumindest Sorge verspüren und für die nachfolgend vagen Informationen aufnahmefähig gemacht werden.

Zur Untermauerung des vorgeblichen Problems dient ein argumentum ad verecundiam (Appell an die Ehrfurcht), d. h. man bringt einen vermeintlichen Experten vor, dessen Aussagen absolut zu gelten haben. Als solcher spricht Dr. Christoph Wenisch, der sich einen Ruf als glühender Impfbefürworter erworben hat. Er bestätigt, dass es das Problem im Allgemeinen gibt, und sagt sogar richtigerweise dazu, dass vor der eigentlichen Diagnose eine Reihe anderer Erkrankungen ausgeschlossen werden müssen. Ob das jedoch in der Praxis ausreichend genau gehandhabt worden ist, darf bezweifelt werden.

Neben den Appellen wird auch eine gedankliche Assoziation beim Publikum provoziert. Begrifflich wird Long Covid mit „komplex“ und „zahlreiche bekannte Symtome“ verknüpft, dazu wird das Bild eines Thorax-CT gezeigt. Auch dies soll gedanklich auf eine Bedrohung hinweisen.

Schauermärchen als Fachinterview getarnt

Im nachfolgenden Interview wird Prof. Kathrin Hoffmann als vorgebliche Long Covid-Spezialistin präsentiert. Der Begriff des Experten dürfte schon hinreichend in Verruf geraten sein, dass sogar der ORF ein neues Wort gesucht hat. Die Professur bezieht sich auf Primärversorgung, ist also thematisch nahe am klassischen Hausarzt angesiedelt. Wie man scheinbar ohne fachübergreifende Expertise innerhalb weniger Jahre oder Monate für eine angeblich neue, komplexe und an Symptomatik reichhaltige Krankheit zur Spezialistin wird, sei dahingestellt.

Zunächst fällt auf, dass die Spezialistin womöglich einer base rate fallacy aufsitzt. In der Tat sind langfristige Komplikationen nach Virusinfektionen schon lange bekannt. Besondere Aufmerksamkeit ist dieser Angelegenheit allerdings erst mit entsprechenden Medienberichten ab Ende 2020/Anfang 2021 geschenkt worden. Grundsätzlich ist glaubhaft, dass seither auffällig mehr Fälle solcher postinfektiöser Komplikationen gezählt werden. Diese absoluten Zahlen müssen aber normiert werden auf die Anzahl entsprechender Untersuchungen. Wenn ein Zustand 10x häufiger auftritt als zuvor, schaut das zunächst nach einem enormen Anstieg aus. Stellt sich aber heraus, dass auch 10x mehr auf diesen Zustand untersucht worden ist, hat sich in der Tat nichts verändert.

Klare Falschbehauptung zu Long Covid-Studien

Es wird die Aussage in den Raum gestellt, dass 10-20% aller jemals mit Sars-Cov-2 Infizierten von langfristigen Problemen betroffen sind. Dies würden alle Studien zeigen. Das ist jedoch grundlegend falsch. Die meisten Studien zu Long Covid – wobei meistens Fachjargon wie Post Acute Sequelae of Covid (PASC) oder Post Covid Condition (PCC) verwendet werden – sind von schlechter Qualität, d. h. es werden keine Kontrollgruppen inkludiert, die Diagnose erfolgt durch Patientinnen und Patienten selbst, die Studien basieren auf Umfragen, etc. Derartige Studien kommen bisweilen auf noch viel höhere Werte. Bessere Studien räumen allerdings mit solchen Horrorzahlen auf. So haben etwa Selvakumar & al für Jugendliche und junge Erwachsene gezeigt, dass die PCC Definition der WHO zwar zu knapp 50% Aufkommen führt; Probanden mit negativem Test zum gleichen Zeitpunkt haben aber nahezu das gleiche Ergebnis erzielt. [2] Eine Studie von Wisk & al hat gleiches zuvor schon anhand einer umfassenderen Population gezeigt, wobei statt einer nebulösen Long Covid-Definition die Patientinnen und Patienten per Fragebogen recht umfassend nach Symptomen und allgemeinem Wohlbefinden befragt worden sind. [3]

Die genannten Studien zeigen exemplarisch die Bedeutung von gut definierten Fall- bzw. Kontrollgruppen und die bisweilen irreführende Verwendung von ICD-Kodierungen. Wird das sauber gemacht, sinkt das Aufkommen von Komplikationen nach Sars-Cov-2 deutlich ab; oft genug soweit, dass kein Unterschied zur Kontrolle feststellbar ist. Daneben kann man grundsätzlich eine Frage nach Plausibilität stellen. Bis dato sollen eine halbe Million Menschen mit Long Covid herumgelaufen sein oder dies immer noch tun. Handelte es sich dabei tatsächlich um eine lang andauernde, schwere, mehrere Organsysteme betreffende Krankheit, würde sich das irgendwie merkbar niederschlagen; sei es in Statistiken, Medienberichten oder einer Vielzahl an Anekdoten. Da hilft auch keine Spekulation der Spezialistin, dass sich Betroffene durch den Alltag quälen und in vielen zurückstecken müssten oder dass Kinder und Ältere von Krankmeldungen weniger erfasst würden.

Auch die Covid-Impfung ist kurz Thema. Diese soll vor Long Covid schützen. Nachdem mittlerweile landauf, landab bekannt ist, dass diese sogenannte Impfung im besten Fall gar nichts tut, muss anscheinend ein neuer Nutzen konstruiert werden. Tatsächlich gibt es Studien, die diesen Nutzen gezeigt haben wollen, aber die sind ausnahmslos alle von miserabler Qualität. Ein plakatives Extrembeispiel liefern Ayoubkhani & al. Deren Definition von Long Covid ist die Antwort ‚Ja‘ auf die Frage nach Eigendiagnose in einer Umfrage. [4] Die vielen Verzerrungen und Fehlerquellen dieser Studie können hier gar nicht aufgezählt werden. Eine vergleichsweise gute Studie liefern Ioannou & al, deren Ergebnisse allerdings kaum beeindrucken. Die Odds Ratio bei zwei Stichen beträgt 0,79; entsprechend eine Impfeffektivität von 21%. [5] Hier fällt allerdings auf, dass ein Stich gar nicht wirkt und dass die Long Covid Definition sehr großzügig ist. Bestehendes Covid-19 und die sog. Personal history of Covid-19 werden hier miteinbezogen. Angesichts dessen und weiterer Einschränkungen stehen auch diese Ergebnisse in Zweifel.

Fazit

Der Bericht und das Interview enthalten noch weitere kritische Aspekte. Insbesondere müsste eigentlich thematisiert werden, wie Komplikationen nach Infektion und nach Impfung oder sonstigen Maßnahmen auseinandergehalten werden können; mittlerweile dürfte außer Zweifel stehen, dass letztere schwerere Krankheitsverläufe sogar begünstigen. Hier wurde auf die nach Ansicht des Verfassers dieser Zeilen wichtigsten Aspekte eingegangen, um eine Schlussfolgerung zu ziehen.

Der Begriff Long Covid ist Etikettenschwindel. Die Definition ist nach wie vor vage und ungenau. Es gibt keine soliden Nachweise, dass postvirale Komplikationen durch Sars-Cov-2 tatsächlich öfter auftreten als früher; allenfalls wird seit wenigen Jahren genauer hingeschaut. Genauso wenig gibt es ernsthafte Hinweise, dass eine Covid-Impfung vor solchen schützen würde; sämtliche dahingehenden Studien sind zumindest auffällig fehlerbehaftet, die meisten sogar äußerst schlecht.

Die Wiederaufnahme von Covid-19 in die Liste meldepflichtiger Krankheiten ist abzulehnen, ebenso wie großflächige Testungen. Der ORF mitsamt Experten von zweifelhafter Kompetenz macht sich abermals zum Handlanger von Angst- und Krisenpropaganda.

Quellenangaben

[1] ZIB2 vom 9. 8. 2023. ORF, 2023. online: https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/14189326 (zuletzt eingesehen 10. 8. 2023)

[2] Selvakumar J & al (2023). Prevalence and Characteristics Associated With Post–COVID-19 Condition Among Nonhospitalized Adolescents and Young Adults. JAMA Netw Open, 6(3), e235763. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.5763

[3] Wisk L & al (2022). Association of Initial SARS-CoV-2 Test Positivity With Patient-Reported Well-being 3 Months After a Symptomatic Illness. JAMA Netw Open, 5(12), e2244486. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.44486

[4] Ayoubkhani D & al (2022). Risk of Long COVID in People Infected With Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 After 2 Doses of a Coronavirus Disease 2019 Vaccine: Community-Based, Matched Cohort Study. Open Forum Infect Dis, 9(9), ofac464. DOI: https://doi.org/10.1093/ofid/ofac464

[5] Ioannou G & al (2022). Rates and Factors Associated With Documentation of Diagnostic Codes for Long COVID in the National Veterans Affairs Health Care System. JAMA Netw Open, 5(7), e2224359. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.24359

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