Übereinstimmenden Medienberichten zu Folge wollen sich 54 Prozent der aktuell noch Ungeimpften auf keinen Fall gegen Covid-19 impfen lassen, das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA für die Bild am Sonntag. Als Grund wird meist fehlendes Vertrauen in die Sicherheit der Vakzine angeführt, aber auch der soziale Druck spielt eine Rolle.
Während die Diskussion um eine Impfpflicht in Deutschland weiter an Fahrt aufnimmt geben mehr als die Hälfte der Befragten an, sie befürworteten verfassungsrechtlich fragwürdige Einschränkungen für Ungeimpfte im Herbst. So ist es für 61 Prozent in Ordnung, wenn Ungeimpfte keine Sportveranstaltungen mehr besuchen dürfen, 58 Prozent finden, Ungeimpfte sollen aus Theater-, Kino und Meseumsbesuchen ausgeschlossen werden. 54 Prozent wollen Ungeimpften den Besuch eines Restaurants oder einer Gaststätte verbieten.
Karl Lauterbach (SPD) fordert „eine Reihe von Einschränkungen für Ungeimpfte“
Der Bild am Sonntag sagte Lauterbach: „Im Herbst, wenn die Fallzahlen sehr hoch sind, wird es eine Reihe von Einschränkungen für Ungeimpfte geben müssen: Sie werden etwa nicht mehr in die Innenräume von bestimmten Restaurants, in Bars oder Clubs gehen können, also an Orte mit einem hohen Ansteckungsrisiko“. Auf Twitter teilte er mit, das sei keine keine Schikane, sondern folge rein „aus medizinischem Risiko“.
Auch Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich dem Tagesspiegel gegenüber ähnlich. „Wenn alle ein Impfangebot bekommen haben, ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass Geimpfte mehr Dinge tun können als die, die sich trotz der Möglichkeit nicht impfen lassen“, sagte sie. Es könne ja nicht sein, dass die Freiheitsrechte aller eingeschränkt blieben, nur weil „sich ein Teil nicht impfen lassen will“.
Deutscher Ethikrat sieht plötzlich doch keine Spaltung der Gesellschaft
Der Ethikrat, ein eigentlich unabhängiger Sachverständigenrat, der die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für die Gesellschaft verfolgt und bewertet, überraschte am Freitag mit einer unüblich scharfen Positionierung in der Debatte. „Ich sehe keine Spaltung. Die Menschen fügen sich selbst einem Lager zu, indem sie sich nicht impfen lassen und sie können sich ja impfen lassen“, so das Mitglied dies Ethikrats Andreas Lob-Hüdepohl gegenüber dem Bayerischen Rundfunk.
Das klang im Mai noch anders. Die vergangenes Jahr neu gewählte Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, warnte noch vor wenigen Wochen vor der drohenden Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte. „Geimpfte dagegen haben den doppelten Vorteil: Sie sind geschützt und dürfen mehr. Wir haben also ein echtes Solidaritäts- und Gerechtigkeitsproblem in unserer Gesellschaft und wir erleben eine soziale Spannung.“ so Buyx. Weiter erwarte sie von der Politik, „dass sie diese temporär ungerechte Situation ernst nimmt, anspricht und gestaltet“. Es brauche Angebote für diejenigen, „die ungeimpft weniger Freiheiten haben“.
Vorgeschmack auf das, was kommt? Testpflicht für Ungeimpfte tritt in Kraft
Am Sonntag trat unterdessen die neue Verpflichtung zur Testung auf SARS-CoV2 bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Wer einreist und nicht geimpft ist muss nun grundsätzlich ein aktuelles negatives Testergebnis mit sich führen, dabei spielt es keine Rolle mehr ob per Flugzeug, Bahn, Auto oder zu Fuß eingereist wird. Während dies an den Flughäfen bisher schon ohne Ausnahmen kontrolliert wurde sollen nun auch grenzüberschreitende Bahnverbindungen und die Autobahn stichprobenartig durch die Schleierfahndung kontrolliert werden. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wies gegenüber dem Bayerischen Rundfunk auf die zu erwartenden Bußgelder bei Verstößen hin: Bis zu 25.000 Euro sollen fällig werden, wenn gegen die neuen Zwangsmaßnahmen verstoßen wird. Ausnahmen vom neuen Testzwang gibt es derzeit für den kleinen Grenzverkehr mit Österreich – kurze Aufenthalte von maximal 24 Stunden unterlägen der Testpflicht nicht. Damit verhindere man eine „unverhältnismäßige Belastung“ für die Grenzpendler, so der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).
Kostenpflichtige Eintrittstests für Teilnahme am öffentlichen Leben
Unter anderem Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, forderte nun kostenpflichtige Corona-Tests. Die für viele Aktivitäten benötigten Eintrittstests gehen derzeit zur Last des Steuerzahlers. „Die Bundesregierung sollte schon in der kommenden Woche ein konkretes Datum für die Umstellung auf die Kostenpflichtigkeit der Corona-Tests festlegen“ sagte er der WELT. Er brachte den 20. September als Stichtag ins Spiel und begründete dies damit, jeder hätte bis dahin die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Ausnahmen solle es nur für Menschen geben, die sich aus medizinischen Gründen oder auf Grund ihres Alters (Kinder unter 12 Jahren) nicht impfen lassen können. Die Kosten pro Test werden mit 20 bis 30 Euro angeschlagen und stellten dann, sollte es soweit kommen, die Voraussetzung für die Teilnahme als Ungeimpfter am öffentlichen Leben dar. Schon jetzt ist klar: Insbesondere sozial Benachteiligte werden sich das nicht regelmäßig leisten können. Die Folge: Geringverdiener werden sich impfen lassen, obwohl sie das vielleicht nicht wollen. Obwohl die Verantwortlichen das ständig abstreiten käme dies der „indirekten Impflicht“ gleich. Viele Betroffene werden aber auch bei ihrer Entscheidung bleiben, sich nicht impfen zu lassen. Geringverdiener und Sozialhilfebezieher würden sich damit immer mehr zurückziehen und die Teilhabe am öffentlichen Leben fast vollständig einstellen. Eine Parallelgesellschaft entsteht.
Auch sozialer Druck steigt: Grünen-Politiker mahnt in Drohkulisse
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach nun in der Tagesschau eine eindeutige Warnung an Ungeimpfte aus. „So manches wird unbequem werden, wenn Sie sich nicht impfen lassen“, so der erst vor kurzem wiedergewählte Politiker.
Der soziale Druck steigt unterdessen weiter: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte im Hinblick auf die seit Wochen sinkende Impfbereitschaft vor wenigen Tagen erneut, man solle sich impfen lassen. Geimpfte sollten außerdem im privaten Umfeld, unter Freunden und Familie sowie am Arbeitsplatz bei Impfunwilligen für die Vakzine werben, so die Kanzlerin. Der soziale Druck ist mittlerweile auch in sozialen Medien und auf Dating Portalen vermehrt spürbar. Immer mehr Profile stellen ihren Impfstatus offen zur Schau, geben in ihren Profilen an, sie seien „vollständig geimpft“, alternativ werden 2 Emojis in Form einer Spritze im Profil angebracht. Selbst wenn keine weiteren harten Einschränkungen für Ungeimpfte beschlossen werden sollten, eines ist klar: Die geimpfte Gesellschaft fördert durch ihr stigmatisierendes Verhalten auch ohne politische Zwangsmaßnahmen die Spaltung der Gesellschaft in nie da gewesener Weise, ein beängstigender Trend. Am Samstag wurde außerdem bekannt, verantwortungslose Mediziner impfen derzeit schon Kleinkinder gegen Covid-19. In einer Praxis in Brandenburg werden trotz fehlender Zulassung sogar Fünfjährige mit den umstrittenen Vakzinen geimpft.