Wie kommt man der unliebsamen Opposition bei – und was tut man, wenn die verhasste Partei es schließlich in Regierungsverantwortung schafft? Diese Frage treibt Linke um. In einem Interview sinnierte Jette Nietzard, die Co-Chefin der Grünen Jugend in Deutschland, darüber, im Widerstand gegen eine regierende AfD womöglich auch “zu den Waffen” zu greifen. Inzwischen musste Nietzard nach diesem Sager Konsequenzen ziehen.
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Mit Waffen gegen die Wähler und Funktionäre der AfD, der zweitstärksten Gruppe im Bundestag, vorgehen? Diese Idee von Jette Nietzard, der Co-Chefin der Jungen Grünen in Deutschland, sorgt für massive Irritationen – und sie zeigt viel von der Gewaltbereitschaft der radikalen Linken. Mit ihrer Waffen-Aussage stellt Nietzard das demokratische Prinzip selbst infrage. Heute erklärte sie, sich aus der Parteiführung zurückzuziehen.
In einem Interview mit dem „Spiegel“-Erben Jakob Augstein ging es um die Frage, wie eine potenzielle Regierungsbeteiligung der AfD politisch zu beantworten sei. Jette Nietzard formulierte drastisch: „Wie müsste unser Widerstand gegen eine regierende AfD aussehen? Wäre der nur intellektuell? Oder müssten wir auch zu den Waffen greifen?“
Zwar stellte sie klar, es handle sich um ein Gedankenspiel und sie wolle „keine Panik verbreiten“, doch die Implikation, dass im Ernstfall sogar gewaltsamer Widerstand in Betracht gezogen werden könnte, sorgte für heftige Kritik, auch über Parteigrenzen hinweg.
„Keine Zeit mehr, nett zu sein“
Die 27-jährige Grüne sieht in der AfD nicht nur eine demokratisch legitimierte Oppositionspartei, sondern spricht offen davon, gegen „Faschismus“ zu kämpfen, wenn diese Partei Regierungsverantwortung übernehmen sollte. „Ich glaube wirklich, dass es fünf vor zwölf ist. Wir haben keine Zeit mehr, nett zu sein“, erklärte Nietzard. Der demokratische Diskurs sei ihrer Ansicht nach ausgeschöpft, nun müsse man „der Gleichgültigkeit unsere Wut entgegensetzen“.
Nietzard sieht sich selbst offenbar in einer Art vorauseilendem Widerstand und stellt dabei die grundsätzliche Frage, ob eine Regierung, die sie als „faschistisch“ empfindet, überhaupt noch demokratisch bekämpft werden kann.
Kritik über alle Lager hinweg
Die Äußerungen stießen auf breite Ablehnung. Vertreter mehrerer Parteien warnten vor einer gefährlichen Radikalisierung des politischen Diskurses. „Wer von Waffen spricht, spricht nicht mehr vom Rechtsstaat“, sagte etwa ein Innenpolitiker der FDP. Auch aus den Reihen der Grünen wurde betont, dass man sich klar zur Gewaltfreiheit bekenne.
Provokationen mit System?
Nietzard war bereits in der Vergangenheit durch provokante Aussagen und Aktionen aufgefallen. In Erinnerung ist etwa ein Tweet zu Silvester, in dem sie süffisant kommentierte, Männer, die beim Böllern eine Hand verlieren, könnten „zumindest keine Frauen mehr schlagen“. Auch das Tragen eines „ACAB“-Pullovers verteidigte sie später als nicht weiter schlimm. Ihre Haltung zu Abschiebungen („Kinder werden nicht mehr von afghanischen Attentätern ermordet als von deutschen Vätern“) stieß auf breite Ablehnung – nicht zuletzt, weil Kriminalstatistiken dem klar widersprechen.
Trotz wiederholter Kritik zeigt sich Nietzard nur begrenzt einsichtig. In Interviews betont sie meist, dass sie es schade finde, „missverstanden worden zu sein“ – bedauert aber vor allem die Reaktionen in sozialen Medien.
Ein gefährlicher Ton
Die aktuelle Kontroverse reiht sich ein in eine zunehmend aufgeheizte politische Debatte um den Umgang mit der AfD, deren Umfragewerte stabil hoch bleiben. Während sich viele Parteien deutlich von der AfD abgrenzen, mahnen Experten zugleich zur Mäßigung im Ton und zur Wahrung demokratischer Prinzipien.
Dass eine Funktionärin der Grünen Jugend nun offen einen möglichen bewaffneten Widerstand thematisiert, dürfte diese Debatte weiter anheizen. Fraglich bleibt, wie die Mutterpartei reagiert.
Die Chefin der jungen Grünen zieht sich zurück
Nach der Aufregung über ihren Waffengewalt-Sager kandidiert Jette Nietzard nicht nochmal für ihr Amt, wie sie in einem Instagram-Video ankündigte, in dem sie sich als Opfer der eigenen Partei darstellte. „Bei den Grünen sind meine Ideen nicht immer auf Gegenliebe gestoßen“, klagt sie darin. Sie habe keine Zukunft im Bundeskongress, wenn sie ständig von der eigenen Partei angefeindet werde. Sie bleibe aber Grünen-Mitglied.
Dieser Artikel ist eine Übernahme von exxtra24.at (mit freundlicher Genehmigung). Die Einleitung wurde durch Report24 ergänzt.
