Nächster drohender Staatskollaps: Pakistan steht vor dem Bankrott

Bild: freepik / bourjart

Die Devisenreserven sinken, die Lebensmittelinflation schießt in die Höhe und die Rupie befindet sich auf Talfahrt. Pakistans wirtschaftlicher Kollaps gefährdet die politische Stabilität, die seit dem Sturz von Premierminister Khan ohnehin wankt.

Nach dem Vorbild Sri Lankas steuert Pakistan auf den Bankrott zu, und das in einer hochgradig aufgeladenen politischen Atmosphäre, die durch die Androhung eines Marsches des entmachteten Premierministers auf die Hauptstadt Islamabad geprägt ist, der Neuwahlen fordert. Analysten befürchten, dass die politische Instabilität in den kommenden Tagen in Gewalt umschlagen und die ohnehin schon taumelnde pakistanische Wirtschaft noch mehr in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Devisenreserven des Landes sinken, die Inflation bei Lebensmitteln schießt in die Höhe, und die pakistanische Rupie ist mit einem massiven Kursverlust von 21,72 Prozent gegenüber dem US-Dollar im laufenden Haushaltsjahr auf dem absteigenden Ast. Eine „perfekte Basis“ für einen Staatskollaps.

Wirtschaftsexperten und Analysten haben eine finanzielle Notlage gefordert, um die sich abzeichnenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen. Sie schlagen vor, die Steuerbefreiungen für den Unternehmenssektor in Höhe von 800 Milliarden Rupien (3,75 Milliarden Euro) zu streichen und höhere Steuern auf Grundbesitz und Immobilien zu erheben. Außerdem fordern sie Kürzungen bei den Verteidigungsausgaben, eine Sondersteuer auf Fahrzeuge mit einem Hubraum von 1600 cm³ oder mehr, die Verdoppelung des Stromtarifs für Wohngrundstücke mit einer Fläche von 800 Quadratmetern oder mehr und die Verkleinerung der Bundesbehörden.

Auch ausbleibende Gelder des Internationalen Währungsfonds (IWF) sorgen für Probleme bei der Devisenversorgung. Ein „Hilfspaket“ in Höhe von 6 Milliarden Dollar verzögert sich, während das Haushaltsdefizit mit neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts anhaltend hoch bleibt. Die geforderten Steuerbefreiungen würden die finanzielle Lage der Regierung noch weiter verschlimmern. Inzwischen ist die Lage so miserabel, dass auch die Börsen im Land extrem unter Druck geraten und die Aktienkurse quer durch die Bank in den Keller fallen.

Der ehemalige Premierminister Imran Khan, der nach einem Misstrauensantrag gegen ihn im vergangenen Monat seines Amtes enthoben wurde, hat bei seinen öffentlichen Versammlungen immer wieder große Menschenmengen angezogen und die Massen dazu aufgerufen, sich gegen „die US-Hegemonie und ihre geheime Rolle“ zu erheben, die sein demokratisches Regime mit undemokratischen und verfassungswidrigen Mitteln angegriffen haben soll. Immerhin hat er sich bei den Amerikanern mit seiner unabhängigen Politik keine Freunde gemacht und wurde so zum Ziel von Regime Change-Bestrebungen in Washington.

Die größte Sorge für die neue Einheitsregierung, die im vergangenen Monat an die Macht kam, ist die Frage, wie die Erosion der Reserven gestoppt und die von der Vorgängerregierung wenige Tage vor dem Misstrauensvotum gewährten, nicht finanzierten Treibstoffsubventionen finanziert werden sollen. Die Nettoreserven der Pakistanischen Zentralbank, der SBP, (ohne private Bankeinlagen) beliefen sich in der am 6. Mai 2022 zu Ende gegangenen Woche auf nur 10,3 Milliarden US-Dollar, was kaum ausreicht, um die Rechnung für vier Wochen Importe zu bezahlen. Angesichts der wirtschaftlichen Notlage und des schlechten Zustands der Wirtschaft berief der Vorsitzende der Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) Nawaz Sharif am 10. Mai die Parteispitze, darunter Premierminister Shehbaz Sharif und die Bundesminister der Partei, zu Beratungen nach London.

Milliardenschweres Defizit

Denn das Leistungsbilanzdefizit des Landes hat sich im März fast verdoppelt, so dass sich das Gesamtdefizit in den ersten neun Monaten (Juli-März) des laufenden Haushaltsjahres auf mehr als 13 Milliarden Dollar belief. Aus den von der SBP zusammengestellten Daten geht hervor, dass die Importe vor allem aufgrund der starken Preisanstiege bei Rohstoffen und Nahrungsmitteln in den neun Monaten um 41,3 Prozent gestiegen sind, verglichen mit 11,5 Prozent im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Einfuhren beliefen sich im Zeitraum Juli-März auf insgesamt 62,137 Milliarden Dollar, verglichen mit Ausfuhren in Höhe von 28,855 Milliarden Dollar.

Die steigenden Importe vergrößerten das Handelsdefizit und zerstörten den Wechselkurs, da die Nachfrage nach Dollars im laufenden Steuerjahr extrem hoch blieb. Das gesamte Handelsdefizit eskalierte in den ersten neun Monaten (Juli-März) des laufenden Steuerjahres auf 35,52 Milliarden Dollar gegenüber 20,8 Milliarden Dollar im gleichen Zeitraum des letzten Steuerjahres. In absoluten Zahlen ist das Handelsdefizit um mehr als 15 Milliarden Dollar gestiegen, was auf eine Verschlechterung der Außenhandelsposition hinweist. Bei einem derart hohen Defizit wird Pakistan in den kommenden Monaten wahrscheinlich in eine Zahlungsbilanzkrise stürzen.

Im Inland hat die enorme Lebensmittelinflation von 17 Prozent das Leben der armen und mittleren Bevölkerungsschichten beeinträchtigt, die sich in einer schwierigen Situation befinden und versuchen, über die Runden zu kommen. Analysten gehen davon aus, dass eine neue Inflationswelle einsetzen wird, wenn die Regierung die Treibstoffsubventionen abschafft. Die neue Regierung unter Premierminister Shehbaz Sharif, der kurz nach seinem Amtsantritt Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate besuchte, hat es versäumt, für Abhilfe zu sorgen. China hat seine Zusage, Darlehen in Höhe von insgesamt 4 Milliarden Dollar, die Pakistan Ende März zurückgezahlt hat, erneut zu gewähren, immer noch nicht eingelöst. Die chinesischen Behörden zögern auch, weitere Auszahlungen vorzunehmen, nachdem die pakistanische Regierung um 20 Milliarden Dollar an Bareinlagen und eine Umschuldung bestehender kommerzieller Kredite chinesischer Banken gebeten hat.

Wie lange wird es also noch dauern, bis die Regierung den Zahlungsausfall verkündet? Und noch interessanter: Wird dies eine neue Migrationswelle aus Pakistan mit sich bringen?

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