Polizeieinsätze wegen gewalttätiger Übergriffe und sexueller Belästigung sind in deutschen Freibädern schon seit Jahren an der Tagesordnung. Doch nun haben die Ausschreitungen eine neue Eskalationsstufe erreicht: Am vergangenen Sonntag lieferten sich rund hundert Personen eine Massenschlägerei in einem Berliner Freibad. Es folgte ein Großeinsatz der Polizei, es gab Verhaftungen und Verletzte. Der Präsident des Bademeister-Verbandes rät den Bürgern nun von Freibadbesuchen ab.
Im Freibad am Insulaner in Berlin-Steglitz kam es am Sonntagnachmittag (19. Juni 2022) zu einem Gewaltausbruch. Zunächst hatten sich zwei Gruppen, bestehend aus vier und zehn Personen, gegenseitig mit Wasserpistolen bespritzt, dann folgte zunächst eine verbale und schließlich eine körperliche Auseinandersetzung. Als das dortige Sicherheitspersonal einschritt und die Streitenden trennen wollte, eskalierte die Situation – rund hundert junge Männer, überwiegend mit Migrationshintergrund, prügelten sich im Schwimmbad und am Beckenrand. Die Lage beruhigte sich erst, als die Polizei mit einem Großaufgebot, bestehend aus 13 Funkwagen sowie Teilen einer Einsatzhundertschaft, anrückte.
Im Internet werden Videos geteilt, die zeigen, wie die Männer aufeinander einschlagen und eintreten. Selbst ein schon am Boden liegender Mann wird weiter attackiert. Mehrere Beteiligte wurden verletzt. Aber auch ein unbeteiligter 10-Jähriger erlitt einen Faustschlag. Ein Messer soll auch zum Einsatz gekommen sein, ein Mann mit Schnittwunden musste im Krankenhaus behandelt werden.
Letztlich konnten nur vier Tatverdächtige festgenommen werden, gegen sie ermittelt die Polizei wegen besonders schwerem Landfriedensbruch sowie gefährlicher Körperverletzung.
Amthor: „Stärkeres Einschreiten gegen bekannte Störer“
CDU-Innenexperte und Bundestagsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern Philip Amthor äußerte sich im Gespräch mit der Bild-Zeitung zu dem Vorfall: „Diese Bilder sind schockierend. Die Veranstalter sind in der ersten Verantwortung, dass Schwimmbäder nicht zum rechtsfreien Raum werden. Ich bin der Polizei für ihren Einsatz dankbar, aber unsere Polizisten können auch nicht jederzeit in allen Schwimmbädern mit Hundertschaften präsent sein. Stattdessen braucht es in Zweifelsfällen von Veranstaltern frühzeitig mehr Kontrollen und stärkeres Einschreiten gegen bekannte Störer und ihr Klientel, das den öffentlichen Raum für sich beanspruchen will.”
Es ist durchaus positiv zu bewerten, dass sich ein Politiker überhaupt zu einem solchen Vorfall äußert, in der Regel werden derartige Ausschreitungen von der Politik totgeschwiegen. Allerdings fordert Amthor letztlich nur mehr Sicherheitskräfte, dabei ist es sowieso schon sehr befremdlich, dass Security-Mitarbeiter am Beckenrand und auf den Liegewiesen patrouillieren müssen, wo früher ein Bademeister ausreichte. Trotzdem sind gewalttätige Übergriffe und sexuelle Belästigungen an der Tagesordnung, die Schwimmbäder werden zu Brennpunkten. Weitere Vorfälle dieser Art, die sich in den letzten Tagen ereigneten, verdeutlichen, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt:
- Bostalsee: Massenschlägerei im Strandbad Bosen: Situation eskaliert komplett
- Nürnberger Land: Mehrere Verletzte bei Schlägereien in Freibädern: Bademeisterin will eingreifen – und wird zu Boden geworfen
- Nieder-Olm: Schlägerei in Warteschlange vor Freibad
- Untertürkheim: Mann belästigt 33-Jährige im Freibad sexuell
- Kaufbeuren: Drei 12-Jährige im Kaufbeurer Freibad sexuell belästigt
Präsident des Bademeister-Verbands rät von Freibadbesuchen ab
Der Präsident des Verbandes der Bademeister, Peter Harzheim, sparte gegenüber der „Bild“ ebenfalls nicht mit Kritik und forderte, Badbetreiber müssten aktiver werden und „ihr Publikum besser aussuchen“. Auch die Polizei müsse härter durchgreifen: „Es kann nicht sein, dass die Menschen, die dort Straftaten begehen, nach zwei Stunden wieder freigelassen werden. Die Politik verschließt die Augen vor den Problemen und lässt uns im Stich.“ Der Migrationshintergrund einiger Täter dürfe nicht dazu führen, dass man das Problem nicht thematisiere.
Aufrütteln sollte allerdings vor allem, dass er gerade Familien den Besuch in Freibad nicht mehr empfehlen kann. Wörtlich sagte er: „Ich habe selbst drei kleine Enkelkinder – wenn ich mit denen da hereingehen würde, würde ich schlicht unverantwortlich handeln!“ Wenn ausgerechnet Deutschlands „Oberster Bademeister“, wie die „Bild“ ihn nennt, nun von Freibad-Besuchen abrät, kann das als untrügliches Zeichen gewertet werden, dass dieser Bereich des öffentlichen Raumes den unbescholtenen Bürgern endgültig geraubt wurde. Wie lange will die Politik hier noch zuschauen?