Woke Werbekampagnen kamen bereits Tchibo teuer zu stehen, doch das hielt Aldi Nord nicht ab: Nach einem heftigen Shitstorm aufgrund einer missglückten Werbeaktion, die viele Betrachter als verstörend empfinden, hat das Unternehmen nun unzählige User-Profile auf X (früher Twitter) wegen angeblich rassistischer Kommentare blockiert. Betroffen sind jedoch nicht nur Profile, die angeblich „fremdenfeindliche“ Posts veröffentlicht haben, sondern auch Profile, die den besagten Konten folgten. Warum versetzt Kritik woke Unternehmen derartig in Panik?
Auslöser des Shitstorms war ein Werbeprospekt von Aldi Nord. Auf einem Foto, das für Outdoor-Bekleidung werben soll, ist ein schwarzer Mann zu sehen, der auf einem Waldweg mit einem seltsamen Grinsen im Gesicht einer jungen weißen Frau hinterherläuft. Ein User hatte dieses Bild gepostet und dazu geschrieben: „Was will uns diese Werbung von ALDINord_Presse vermitteln? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Damit soll die „Blockchain“ losgetreten worden sein. Weitere User beschuldigten Aldi, „verstörende Szenen“ nachzustellen und Opfer von Vergewaltigungen zu verhöhnen.
„Aldi wirbt mit Nordafrikanischen Männern die Frauen beim Joggen verfolgen. Rechts im Bild was dann dabei heraus kommt. Ich werde nicht mehr bei Aldi einkaufen. Ich sehe darin eine Verhöhnung der Opfer, Frauen nämlich die seit Grenzöffnung vermehrt Opfer der Vergewaltigungen sind“, lautet ein Tweet. Ein anderer User schreibt: „Hallo Aldi Nord, dachte erst das wäre eine Werbung für Elektroschocker oder Pfefferspray. Dann sah ich, ach Kleidung. Schon ein wenig verwirrend und bedrohlich diese Werbung.“ „Aldi stellt in seinem Flyer Szenen aus dem Görlitzer Park nach“, heißt es in einem anderen Post. Auch zum Boykott des Discounters wurde aufgerufen: „Diese Werbung hat mich letztendlich auch überzeugt. Also meine Einkäufe, zukünftig woanders zu tätigen. Und Tschüss“, erklärte ein weiterer Nutzer.
Aufgrund derartiger „rassistischer“ Kommentare startete Aldi Nord eine regelrechte Block-Welle. Dabei wurden nicht nur User gesperrt, die angeblich „diskriminierende“ Kommentare verfasst hatten, sondern auch gleich alle in Sippenhaft genommen, die den jeweiligen Accounts folgten. War die Angst so groß, dass all diese Follower ihrerseits kritische Kommentare verfassen könnten?
Das Unternehmen schreibt dazu:
Verwiesen wird auf eine Stellungnahme, in der die Vorgehensweise mit einem „Rassismusvorfall“ begründet wird: „Seit Kurzem erhalten wir unter einem ALDI Nord Posting auf X (ehemals Twitter) zahlreiche Kommentare und Erwähnungen, die sich auf die Darstellung unserer Models im aktuellen Prospekt der Kalenderwoche 44 beziehen. Die Tonalität der Äußerungen ist fast ausschließlich diskriminierend und teilweise rassistisch. Solche Kommentare akzeptieren wir nicht und verurteilen sie auf das Schärfste“, heißt es dort.
Und weiter: „Da seitens der Plattformbetreiber nicht ausreichend gegen solche sogenannte Hate Speech vorgegangen wird, haben wir entschieden, selbst aktiv zu werden. Im Rahmen einer „Blockchain“ haben wir das Profil, auf dem der fremdenfeindliche Post initial veröffentlicht wurde, seitens ALDI Nord blockiert. Ebenso alle Profile, die diesem Konto folgen. Sogenannte „Blocklisten“ kamen hierbei nicht zum Einsatz. Sollten wir dabei Userinnen und User geblockt haben, die dieses Gedankengut nicht teilen, bedauern wir das sehr und entsperren diese Konten selbstverständlich wieder.“
Bloß keine Kritik von potenziellen Kunden annehmen?
Das erste angeblich „fremdenfeindliche“ Posting konstatierte lediglich, dass ein Bild mehr als tausend Worte sage. Was sagt es über Aldi Nord aus, wenn die Presseabteilung hier Rassismus verortet? Scheinbar ist man hier unfähig zur Selbstkritik: Die krampfhafte Darstellung von weißen Frauen mit schwarzen Männern im Rahmen von Marketing-Kampagnen kommt hierzulande ohnehin schlecht an – davon kann beispielsweise auch Tchibo ein Lied singen. Doch wer kann im heutigen Deutschland ein Werbebild für eine gute Idee halten, auf dem eine arglos wandernde junge Frau im Wald von einem schwarzen Mann verfolgt wird, der sie grinsend fixiert? Wenn zahlreiche User rückmelden, dass sie das Bild als verstörend und gruselig empfinden, sollte man wohl eher seine Kampagne überdenken, anstatt gegen seine potenziellen Kunden zu wettern.
Zu den von Aldi Nord blockierten Nutzern gehören interessanterweise auch WELT-Journalist Tim Röhn und der Arzt und frühere Gesundheitsamtleiter Dr. Friedrich Pürner, der aufgrund seiner Kritik an den staatlichen Corona-Maßnahmen seinen Posten räumen musste. Pürner äußerte sich zu dem Statement wie folgt:
Tim Röhn twitterte:
Aldis Sperrwelle hat für einiges Aufsehen im Netz gesorgt. Während Systemmedien die Vorgehensweise des Unternehmens beklatschen, machten viele Nutzer in den sozialen Netzwerken ihrer Empörung Luft und warfen Aldi vor, die Meinungsfreiheit nicht zu achten und sich als Gesinnungspolizei zu betätigen.
Am Ende ist es also das Unternehmen selbst, das an dem Ast sägt, auf dem es sitzt.