Macron: Europa muss sich zwischen Freiheit und Vasallentum entscheiden

Bild: Jacques Paquier, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Die Franzosen gelten generell als eher reserviert, was den US-Einfluss auf Europa betrifft. Präsident Emmanuel Macron hat dies in einem Interview wieder einmal verdeutlicht: Europa habe die Wahl zwischen Freiheit und Vasallentum.

Frankreich hat in den letzten Jahrhunderten sowohl auf europäischer wie auch auf globaler Ebene stets eine wichtige Rolle gespielt. Als langjährige Kontinental- und Kolonialmacht war die „Grande Nation“ stets auf der internationalen Bühne präsent, was sich auch im Selbstverständnis der Menschen und der Politik widerspiegelt. Es waren damals die Franzosen, die der NATO einen Schlag versetzten, als sie sich unter Präsident Charles de Gaulle im Jahr 1966 aus dem integrierten Militärkommando des Militärbündnisses zurückzogen (was 2009 wieder rückgängig gemacht wurde). Es waren auch die Franzosen, die das 1944 geschaffene Bretton Woods-System zu Fall brachten, als sie ihr in den Vereinigten Staaten gelagertes Gold mit ihren Kriegsschiffen abholen wollten, weil sie der US-Geldpolitik nicht mehr trauten.

Paris galt auch als eine der treibenden Kräfte hinter der Vereinigung der europäischen Länder zur Europäischen Union. Wohl auch im Verständnis, dass die vielen verhältnismäßig kleinen Länder des Kontinents zwischen den beiden Großmächten USA und UdSSR zerrieben werden könnten. Die ständige Opposition der französischen Politik gegenüber einem zu starken Einfluss der Amerikaner auf dem „alten Kontinent“ blieb jedoch auch nach dem Zerfall des Ostblocks unübersehbar. Macrons Sager von der „hirntoten“ NATO im November 2019 dürfte hierbei noch in Erinnerung sein.

Doch das ist noch nicht alles. Kürzlich erst hat die französische Regierung eine neue „Made in Europe“-Strategie vorgestellt, die auf die Sicherung der industriellen Basis des Kontinents abzielt. Damit soll zudem auch die Flut von US-amerikanischen Tochterfirmen in Europa eingedämmt werden, wie „Politico“ berichtete. Paris will die Abhängigkeiten besonders in sensiblen Sektoren reduzieren und eine gewisse wirtschaftliche Souveränität erreichen.

In einem in der spanischen Zeitung „El Pais“ veröffentlichten Interview ging der französische Staatschef nun erneut auf die Stärkung Europas ein. Macron konstatierte dabei: „Ich denke, wir befinden uns in einer noch nie da gewesenen Krise, denn wir haben einen Krieg, der auf den Kontinent zurückkehrt. Wir haben ein Wirtschaftsmodell, das durch die Folgen dieses direkten und indirekten Krieges zutiefst erschüttert wurde, und eine Wirtschaftswelt, die in der Polarität USA-China strukturiert ist und Europa sagt: ‚Wollt ihr euren eigenen Weg gehen, der ein Weg der Freiheit, des Glaubens an den Markt und gleichzeitig der Gleichheit und Solidarität ist? Oder seid ihr derjenige, der zum Vasallen eines der beiden werden will?‘ Diese Frage ist noch nicht vollständig beantwortet. Ich glaube, dass die Antwort in einem wirtschaftlich, technologisch und militärisch souveränen Europa liegt, also in einem Europa, das wirklich eine Macht ist.

Macron drängt bereits seit Jahren zur Schaffung einer EU-Armee, die parallel zu den vorherrschenden NATO-Strukturen etabliert werden soll und so auch Nicht-NATO-Staaten wie Österreich (sowie damals Schweden und Finnland) integriert. Dieser Schritt soll zudem die europäische Rüstungsindustrie stärken und Einsatzmöglichkeiten für EU-Interessen außerhalb der NATO ermöglichen. „Ich möchte einen echten Sicherheitsdialog mit Russland aufbauen, das ein Land ist, das ich respektiere, ein europäisches Land – aber wir müssen ein Europa haben, das sich selbst verteidigen kann, ohne sich nur auf die Vereinigten Staaten zu verlassen“, so Macron im Jahr 2018. Und auch heute, so in dem Interview, will er wegen des Einmarschs in die Ukraine kein „neues Versailles“ mit Russland veranstalten. Denn eine solche Bestrafung wie jene Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg (welche zum Zweiten Weltkrieg geführt hat) wäre absolut kontraproduktiv.

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