Um die Energieversorgung zu sichern, fordern Kommunalpolitiker von der Insel Rügen in einem Schreiben die Inbetriebnahme von Nord Stream 2. „Der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg, sich von den Energieträgern Russlands zu trennen, ist nicht der Richtige“, heißt es dort.
In einem sogenannten Positionspapier an die Landes- und Bundesregierung, das der deutschen Presseagentur vorliegt, sprechen sich die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen vor dem Hintergrund der Gaskrise für die Nutzung der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 aus. Sieben Kommunalpolitiker haben den Brief unterzeichnet, unter anderem die Bürgermeisterin von Bergen, Anja Ratzke (parteilos), der Sassnitzer Stadtchef Frank Kracht (parteilos, Kandidat der Linken) und der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider (parteilos). Laut Frank Kracht sollen nachträglich Vertreter weiterer Gemeinden unterschrieben haben.
Es gehe nicht darum, Nord Stream 2 „auf Krampf“ wieder zu aktivieren. Vielmehr gehe es um dauerhafte Energiesicherheit, sagte Kracht. Wenn es technische Schwierigkeiten gebe, diese etwa über die Pipeline Nord Stream 1 zu gewährleisten, müsse man neue Wege finden. Nord Stream 2 sei eine Möglichkeit. Sich vom Gas aus Russland zu trennen, bedeute eine Explosion der Lebenshaltungskosten. Das führe zu sozialem Ungleichgewicht und Unfrieden, der unkontrolliert wachsen könnte, warnen die Kommunalpolitiker.
Vor einer Woche hatte der russische Präsident Wladimir Putin im Zusammenhang mit den gedrosselten Lieferungen durch Nord Stream 1 erneut darauf hingewiesen, dass die Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb genommen werden könne. Die Bundesregierung lehnt dies ab, Nord Stream 2 ist nicht genehmigt, das Zertifizierungsverfahren wurde im Februar gestoppt.
Schäden für Bevölkerung und Wirtschaft
Mit Blick auf den Angriff Russlands auf die Ukraine heißt es in dem Schreiben der Bürgermeister, man verurteile „auf das Schärfste dieses Kriegsgeschehen“. Dennoch gelte es abzuwägen, wie groß die Schäden für die Bevölkerung und die Wirtschaft in der eigenen Region werden könnten. Auch ist von Sorgen angesichts der Planungen der Bundesregierung zur Gasversorgung und der dafür notwendigen Infrastruktur die Rede. Die geplanten Alternativen würden einen enormen Kosten- und Zeitaufwand verursachen. Der geplante Windkraft-Ausbau wird kritisiert. Die Rügener Bürgermeister fordern „ein generelles Umdenken bei der Lösung der aktuell anstehenden Probleme in den Beziehungen mit Russland“. Es müsse ein diplomatischer Weg eingeschlagen werden.
Die Staatskanzlei von Ministerpräsidentin Schwesig habe den Brief von der Insel Rügen „zur Kenntnis genommen“, erklärte ein Regierungssprecher. Die Frage nach Inbetriebnahme von Nord Stream 2 stelle sich allerdings nicht. Die Bundesregierung habe Ende Februar die Zertifizierung und damit die gesamte Pipeline Nord Stream 2 gestoppt. Das unterstützte auch die Landesregierung.
Am Mittwochmorgen hatte der Staatskonzern Gazprom die Gasmenge nach Angaben der Bundesnetzagentur auf 20 Prozent der maximalen Kapazität reduziert. Die Bundesregierung hält das für ein Kriegsmittel, um so die Unterstützung für die Ukraine in der Bevölkerung zu schwächen.
Grüne glänzen mit Peinlichkeit und Mangel an Respekt
Erwartungsgemäß gibt es neben viel Zuspruch auch Gegenwind für die Forderungen der Rügener Bürgermeister – beispielsweise von den Grünen. Der Vize-Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Anne Shepley, fallen dazu nur „ganz viele Inselwitze ein“, die ihr dann im Halse stecken geblieben sind. Die Grünen sind ja hinreichend bekannt dafür, die berechtigten Sorgen der Bürger ernstzunehmen:
Bei der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünenfraktion, Constanze Oehlrich, löst der Brief „Unbehagen“ aus, er sei „verantwortungslos“, teilte sie dem NDR mit. Sie bezeichnete die Verurteilung eines Krieges als „hohle Phrase“, wenn man keine Konsequenzen ziehe. Die Gesellschaft in Deutschland sei sich darüber einig, dass völkerrechtswidrige Angriffe wie der Russlands sanktioniert werden müssten. Die Gesellschaft könnte das in weiten Teilen anders sehen.
Die Sorgen der Rügener Bürgermeister wird inzwischen ein Großteil der Bevölkerung teilen. Umso tragischer ist daher, dass diese von einer Grünen öffentlich ins Lächerliche gezogen werden. Jedem denkenden Bürger sollte im Hinblick auf die Energiepolitik der Grünen – auch wenn so viel Unfähigkeit eigentlich schon lächerlich ist – das Lachen im Halse stecken bleiben. Und was ist an dem Brief verantwortungslos? Die überstürzte Energiewende wie auch die Sanktionen gegen Russland, die auf die deutschen Bürger zurückfallen, sind an Verantwortungslosigkeit kaum zu übertreffen. Da die Regierung keine wirklichen Lösungen abgesehen von Energiespar-Tipps präsentiert, ist es durchaus legitim, auch Alternativen wie die Nutzung von Nord Stream 2 anzuregen. Das hatte zuvor auch Oskar Lafontaine bereits gefordert – und damit vielen Bürgern aus der Seele gesprochen.