Libyen–Kreta: Die neue Schleuserroute für die Massenmigration

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Was sich an Europas Außengrenzen abspielt, folgt inzwischen einem vertrauten Muster: Wo Kontrollen halbwegs greifen, weichen die Schleuser aus. Sie finden dann ein neues Einfallstor. Wie zum Beispiel Kreta.

Die Europäische Union hat ein Problem: Solange man nicht mit aller Konsequenz jeden illegalen Grenzübertritt mit einer direkten Abschiebung zurück nach Hause und (über erkennungsdienstliche Maßnahmen) mit einem zehnjährigen Wiedereinreiseverbot beantwortet, wird sich am Schlepperwesen und dem Massenzustrom nichts ändern. Denn jedes Mal, wenn die jeweiligen EU-Staaten und die EU-Grenzschutzbehörde die Aktivitäten an bestimmten Hotspots verschärfen, suchen sich die Schlepper alternative Routen. So nun auch im Falle Kretas. Die griechische Mittelmeerinsel wird zu einem neuen Hotspot für illegale Zuwanderung.

Allein im Dezember sind über 1.000 illegale Migranten auf Kreta angekommen (welches sich noch im Sommer als “Null-Toleranz”-Insel in Sachen illegaler Zuwanderung präsentierte). Mehr als 650 davon binnen nur zwei Tagen. Der griechische Küstenschutz meldete zuletzt die “Rettung” von 545 Personen von einem überfüllten Fischkutter nahe Gavdos, der südlichsten Insel Griechenlands. Unterstützt von Frontex, jener Agentur, die offiziell Grenzschutz betreiben soll, praktisch aber meist nur dokumentiert, was ohnehin nicht mehr zu verhindern ist.

Die Migranten wurden nach Kreta gebracht, wo die Aufnahmekapazitäten bereits jetzt an ihre Grenzen stoßen. Weitere Boote folgten in derselben Nacht. Ein Schlauchboot mit 27 Personen wurde südöstlich von Kales Limeni abgefangen, ein weiteres mit 35 Migranten nahe Psari Forada. Das Muster ist eindeutig: anlanden, verteilen, unterbringen – und hoffen, dass die lokale Bevölkerung ruhig bleibt. Genauso begann es einst auf Lesbos, Lampedusa und später auf den Kanaren.

Offiziell heißt es, die Routen hätten sich “verlagert”. Inoffiziell weiß jeder Beteiligte, warum. Die Strecke von Ostlibyen nach Kreta ist kurz, kaum 300 Kilometer. Schleusernetzwerke nutzen das aus, ebenso das vergleichsweise ruhige Winterwetter. Dass die Überfahrt dennoch lebensgefährlich ist, stört in diesem System niemanden. Erst vor wenigen Wochen ertranken 14 ägyptische Migranten südwestlich von Kreta, 13 weitere gelten als vermisst. Todesfälle, die man mit einer scharfen und konsequenten Abschiebepolitik von illegalen Zuwanderern hätte verhindern können.

Die griechische Regierung verweist darauf, dass die Gesamtzahl illegaler Einreisen um 18 Prozent gesunken sei. Bis Ende Oktober wurden offiziell 39.495 Personen gezählt. Doch diese Zahl ist politisches Blendwerk. Denn sie verschleiert die eigentliche Tatsache: Migration wurde nicht gestoppt, sondern nur umgeleitet. Kreta und Gavdos sind die neuen Einfallstore, weil andere Regionen inzwischen stärker kontrolliert werden. Der Grenzschutz wird nämlich lediglich simuliert, während die Schleuserrouten flexibel bleiben. Jeder neue „Hotspot“ ist das Ergebnis politischer Untätigkeit und strategischer Verdrängung. Was heute Kreta ist, kann morgen Zypern, Sizilien oder Malta sein.

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