Die Kritik an dem neuen Infektionsschutzgesetz reißt nicht ab: Opposition und Länder fordern dringend Nachbesserung. Experten verurteilen die Maskenpflicht-Ausnahme. Dass Karl Lauterbach seine Vorstellungen wie geplant durchsetzen kann, wird vielfach bezweifelt.
Am Mittwoch, den 3. August, haben Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) das neue Infektionsschutzgestz vorgestellt, das nach den bisherigen Plänen vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 gelten soll. Obwohl die Corona-Zahlen sinken, müssen sich die Bürger in Deutschland also auf Maskenpflichten und schärfere Schutzauflagen einstellen. Lauterbach sieht keinen Grund für eine Entwarnung und verweilt im bekannten Panikmodus. An seinen umstrittenen Vorschlägen will er nach Möglichkeit festhalten.
So sollen die Länder ab 1. Oktober eine Maskenpflicht in Innenräumen einführen – unabhängig von der Inzidenz. Besonders umstritten: Wenn die Länder die Maskenpflicht einführen, „müssen sie eine Ausnahme vorsehen für die Innenräume, wo das Maskentragen ersetzt werden kann durch entweder einen Impfausweis, Genesenenausweis oder frische Testung“, erklärte Lauterbach. Auf die Maske verzichten kann, wer in den drei Monaten zuvor geimpft wurde. Also stellt die Regelung nur wieder einen Anreiz zur Impfung dar.
Lauterbach „erzeugt überall Chaos“
Scharfe Kritik äußerte nun unter anderem CDU-Chef Friedrich Merz: „Eine allgemeine Maskenpflicht im öffentlichen Raum? Nein. Mit welcher Begründung denn?“ Er sprach sich gegen eine solche Pflicht aus, „einfach so auf Verdacht, denn Grundrechtseingriffe müssen sorgfältig begründet werden“. „So wie Herr Lauterbach kommuniziert und handelt, erzeugt er überall Chaos und verunsichert die Bevölkerung zusätzlich“, so Merz.
Auch der CDU-Gesundheitsexperte Erwin Rüddel warf Lauterbach Panikmache vor. Der eingeschlagene Weg sei „ein Irrweg“, sagte er im Deutschlandfunk. Mit der im Sommer erreichten Grundimmunisierung, könnte es seiner Meinung nach einen „relativ entspannten Corona-Herbst und -Winter“ geben. Lauterbachs Kurs verunsichere die Bevölkerung. Rüddel ist überzeugt, dass es im Laufe der parlamentarischen Beratungen „deutliche Veränderungen“ an dem Entwurf geben werde.
Teile der FDP sind ebenfalls mit dem neuen „Schutzkonzept“ unzufrieden. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki sagte der Zeitung „Welt“, der Vorschlag bedürfe noch einiger Überarbeitungen. Nachbesserungen verlangten auch die Abgeordneten Frank Schäffler und Christoph Hoffmann. Er werde seine Zustimmung von Veränderungen abhängig machen, erklärte Schäffler. „Ich bin mir sicher, dass das Infektionsschutzgesetz in der jetzigen Form keine Mehrheit finden wird,“ sagte Hoffmann.
Menschen sollen ihren Verstand einsetzen
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) setzt auf mehr Eigenverantwortung beim Schutz vor Corona: „Der liebe Gott hat uns allen einen Verstand gegeben“, sagte er am Sonntag im WDR-Interview, „und wir müssen ihn auch in Sachen Corona einsetzen und nicht alles über Verordnungen machen.“ Eine Maskenpflicht soll es nur geben, wenn die Lage es erfordert.
Zu der Masken-Befreiung durch Impfung im Drei-Monats-Takt meldeten sich auch Experten zu Wort: „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass sich jeder alle drei Monate impfen lassen sollte“, sagte Professor Carsten Watzl, Generalsekretär der deutschen Gesellschaft für Immunologie in der Bild am Sonntag. Er hält eine vierte Impfung bei gesunden Menschen unter 70 für nicht erforderlich.
Auch Professor Andreas Radbruch, Vizepräsident der Europäischen Föderation der Immunologischen Fachgesellschaften, kritisiert Lauterbach: „Herr Lauterbach verabschiedet sich von der Wissenschaft.“ Weiter impfen mit immer mit dem gleichen Impfstoff, helfe überhaupt nicht gegen die virulente Infektionslage. Die vierte Impfung habe auch Lauterbach nicht gegen seine Infektion geschützt.
Professor Alexander Kekulé warnt derweil vor einem Gewöhnungseffekt. „Das heißt, der Schutzeffekt künftiger, leicht veränderter Covid-Impfstoffe könnte schlechter werden“, so der Epidemiologe in der Bild am Sonntag. Wer nicht zur Hochrisikogruppe gehöre, sollte besser auf die gegen Omikron angepassten Impfstoffe warten. Eine Viertimpfung für alle lehnt Kekulé dabei aber ohnehin ab.
Bei so viel Kritik muss Gesundheitsminister Lauterbach wohl um seinen Entwurf zum neuen Infektionsschutzgesetz bangen. Es ist aber zu erwarten, dass der Masken- und Impffanatiker alles daran setzen wird, die Regelungen durchzusetzen. Dabei ist es nach 2,5 Jahren „Pandemie“ höchste Zeit, Corona mit anderen Atemwegsinfektionen gleichzusetzen und die Bürger in die Eigenverantwortung zu entlassen – in anderen Ländern herrscht schließlich längst wieder Normalität.