Stolz schmückt die Aufnahme die Facebook-Seite des Parlamentspräsidenten Sobotka (ÖVP). Er hat sich in Amtsräumlichkeiten der Republik mit dem Ukrainer Iwan Fedorov getroffen, der gerade als Opfer des Russlandkrieges durch die Welt tingelt. Gerne reichen wir einen Background-Check zu Herrn Fedorov nach – eine etwas weniger romantische Geschichte von Gewalt und Korruption.
Von Willi Huber, basierend auf einer Hintergrundrecherche von Nikita
Offenkundig gibt es keine Background-Checks mehr, im Parlament dürfen Globalisten ein und aus spazieren, wann immer sie dazu Lust und Laune haben. Man fühlt sich an so manchen Milliardärsbesuch in den letzten Monaten erinnert. Ausgerechnet vor einer Österreich-Fahne präsentiert sich Nationalrats-Präsident Sobotka mit dem ehemaligen Bürgermeister der ukrainischen Stadt Melitopol.
Als Ablenkungsmanöver ist dies freilich verständlich. Man will sich weltmännisch geben. Mittels gleichgeschalteter Systemmedien hat man erreicht, dass das halbe Land die Ukraine als „gut“ ansieht und Russland inklusive fast 150 Millionen Einwohner als „schlecht“ und „böse“. Teile und herrsche, spalte und regiere – das bewährte Spiel, das nicht nur von der ÖVP praktiziert wird. Ablenken muss Sobotka zurzeit von den Ermittlungen, die gegen ihn laufen. Der Vorsitzende des Korruptionsausschusses ist selbst mit Korruptionsermittlungen konfrontiert, denn die Chatprotokolle, welche die halbe ÖVP in den Abgrund zu reißen drohen, beinhalten auch brisante Zeilen, die Sobotka betreffen. Da kann man schon mal einen Fototermin mit einem Ukrainer machen, der in den Augen der Öffentlichkeit als strahlender Held gilt. Oder? (Natürlich gilt für alle Beteiligten bis zu einer gerichtlichen Verurteilung die Unschuldsvermutung.)
Wer ist Iwan Fedorov (Іван Сергійович Федоров)?
Vor Kurzem erregte die Gefangennahme des Bürgermeisters der ukrainischen Stadt Melitopol, Iwan Fedorow, durch russische Truppen mediale Aufmerksamkeit. Er wurde verhört und die Staatsanwaltschaft der Volksrepublik Lugansk eröffnete ein Verfahren gegen ihn mit dem Vorwurf, der verbotenen Gruppierung „Rechter Sektor“ finanzielle und anderweitige Hilfe bei Verbrechen gegen die Bevölkerung des Donbass geleistet zu haben. Des Weiteren soll er auf Anweisung des Leiters der regionalen Militärverwaltung von Saporischschja, Oleksandr Starukh, die Leistung humanitärer Hilfe für die Bewohner von Melitopol blockiert haben. Gegenüber westlichen Medien behauptete er, die Vorwürfe seien lächerlich, aus russischen Quellen hingegen vernahm man die Information, er hätte die ihm zur Last gelegten Dinge zugegeben.
Aber wer ist eigentlich Iwan Fedorow? In Melitopol jedenfalls kein unbeschriebenes Blatt. Seit 2010 bekleidete er verschiedene politische Ämter, oft mehrere gleichzeitig. So war er z.B. der erste stellvertretende Leiter der regionalen staatlichen Verwaltung von Saporischschja und gleichzeitig der Berater und Stellvertreter des damaligen Bürgermeisters von Melitopol, Sergei Minko. Zudem war er 2019 kurzzeitig Leiter der Abteilung für Verkehrsinfrastruktur der Stadt Kiew. Im Jahr 2020 wurde er zum Bürgermeister von Melitopol gewählt.
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Mehr InformationenEine Abfolge von Korruptionsskandalen
Durch die Karriere des Politikers Fedorow ziehen sich Korruptionsskandale wie ein roter Faden. Vor allem mit Sergei Minko, der mittlerweile als Abgeordneter in der Werchowna Rada tätig ist, pflegt er ein enges Bündnis. Gegen beide standen in der Vergangenheit schwere Vorwürfe im Raum, wie die Veruntreuung von Haushaltsgeldern, was auch die Eröffnung mehrerer Strafverfahren zur Folge hatte, sowie der „kommunalen Erpressung“.
Gemeinsam sollen sie sich durch lokale Unternehmen wie den Fernwärmelieferanten LLC Teplo-Melitopol und die Bestattungsfirma KP Ritual finanziell bereichert haben. An letzterem sollen sowohl der stellvertretende Direktor des Bestattungsunternehmens, Andrei Rumyantsev, als auch der Polizeichef Wladimir Bondarenko beteiligt gewesen sein. Die Behörden der Volksrepublik Donezk gaben an, dass im Zuge des Strafverfahrens gegen Fedorow sowohl Rumyantsev, als auch Sergei Minko auf eine internationale Fahndungsliste gesetzt werden sollen.
Hintermann Sergei Minko
Obwohl Fedorow seit 2020 das Amt des Bürgermeisters von Melitopol innehat, ist Minko wohl weiterhin die federführende Kraft in der Stadt. Er verhalf Fedorow zum Wahlsieg, indem er seinen Wahlkampf unterstützte und danach ein Bündnis mit ihm und den Abgeordneten seiner Partei „Für die Zukunft“ in die Wege leitete, was Fedorow die Mehrheit im Stadtrat einbrachte und es den beiden ermöglichte, wichtige Positionen in öffentlichen Ämtern mit Leuten aus den eigenen Reihen zu besetzen. Die Stadt Melitopol wird von Presse und Bürgern spöttisch auch als „Minkotopol“ bezeichnet.
Bedrohung und Angriff auf eine Stadträtin
2016 erhob der Lokalpolitiker Iwan Masinets bei einer Sitzung der Landkommission des Stadtrates Melitopol den Vorwurf der Korruption gegenüber Fedorow. Es ging um die Verpachtung von Grundstücken. Im selben Jahr beschuldigte Elena Troshina, ein Stadtratsmitglied des Oppositionsblocks, Fedorow öffentlich, sie bedroht zu haben. Nur zwei Stunden später wurde sie von einem Unbekannten auf offener Straße angegriffen. Laut ihrer Aussage sei Fedorow für die Attacke verantwortlich gewesen, was er abstritt.
Nationalsozialistische Schläger attackierten politische Gegnerin
Nach dem Einmarsch der russischen Truppen in Melitopol wurde Iwan Fedorow seines Amtes enthoben und durch die pro-russische Lokalpolitikerin Galina Danilchenko ersetzt. Zu Danilchenko gibt es übrigens eine Vorgeschichte: Im Jahr 2015, noch während die Bürgermeisterwahlen liefen, in denen Sergei Minko als Sieger gehandelt wurde, wurde sie während einer Stadtratssitzung vom Oppositionsblock zur Sekretärin ernannt. Minko, für den diese Wahl erheblichen Einfluss auf seine Tätigkeit als Bürgermeister haben würde, weigerte sich, Danilchenko anzuerkennen. Einen Tag später versammelten sich „Aktivisten“ und Mitglieder des Rechten Sektors vor dem Stadtratsgebäude und blockierten Danilchenko den Zugang zu ihrer Arbeitsstätte.
Als PR-Mann für die Ukraine auf Tour
Iwan Fedorow wurde am 16. März von den russischen Truppen im Austausch für neun Gefangene an die Ukraine übergeben. Seither tourt er als prominentes „Opfer der russischen Aggression“ durch die Welt und darf sich offenkundig auch in Österreich präsentieren. Salonfähig gemacht wird er dabei unter anderem von Nationalratspräsident Sobotka (ÖVP), der sich für die politischen Hintergründe Fedorows offensichtlich nicht sonderlich interessiert. Was Österreichs Geheimdienste machen, welche solche Hintergrundchecks durchführen und weitermelden sollten, darf stirnrunzelnd hinterfragt werden. In Zeiten wie diesen geht man aber lieber auf Andersdenkende los als auf echte Gefahren für Verfassung und Demokratie.