Auch Kasachstan gerät zwischen die Fronten des Ukraine-Konflikts. Mit den Angriffen auf die russische Ölinfrastruktur gerät auch die kasachische Ölproduktion ins Visier. Die Ukraine schert sich nicht sonderlich um den Waffenstillstand in Sachen Energieinfrastruktur – und trifft damit auch die kasachischen Erdölexporte. Für Astana ist die Lage schwierig.
Es brodelt im Osten, und mittendrin steckt Kasachstan in der Klemme, so ein aktueller Bericht. Die Drohnenangriffe auf das Öldepot Kavkazskaya im russischen Krasnodar-Gebiet vor einer Woche haben die Gemüter erhitzt – und das mitten in Trumps großangelegtem Waffenstillstandsversuch zwischen Russland und der Ukraine.
Das Depot, Teil des Caspian Pipeline Consortium (CPC), ist kein kleines Rädchen im Getriebe: Es ist die Lebensader für Kasachstans Öl, das rund 1 Prozent der weltweiten Versorgung deckt. Doch während Trump und Putin sich gegenseitig die Schuld zuschieben, gerät das zentralasiatische Land zwischen die Fronten eines geopolitischen Tauziehens, das seine wirtschaftliche Stabilität bedroht.
Der Angriff auf Kavkazskaya war kein Zufallstreffer. Schon im Februar hatte Russland gemeldet, dass die Lieferkapazität des CPC nach ukrainischen Drohnenangriffen um 40 Prozent eingebrochen sei. Damals lieferte das Depot monatlich 130.000 Tonnen Öl, im Gesamtjahr 2024 kamen 1,51 Millionen Tonnen zusammen. Für Kasachstan ist die Pipeline ein unverzichtbarer Exportweg – und nun ein gefährdetes Ziel.
Der kasachische Journalist Oleg Chervinsky betonte: „Die CPC war in Trumps Waffenstillstands-Moratorium eingeschlossen, das Angriffe von beiden Seiten verbietet.“ Doch die jüngste Attacke zeigt: Die Vereinbarungen sind brüchig wie dünnes Eis. Russland zeigt mit dem Finger auf die Ukraine, während Kiew die Vorwürfe zurückweist. AP News spricht von „erheblicher Unklarheit“ im Moratorium.
Trumps Friedensmission: viel Lärm um wenig?
Seit Wochen müht sich die Trump-Administration, einen Frieden zwischen Moskau und Kiew zu schmieden. Separate Treffen mit russischen und ukrainischen Delegationen sollten den dreijährigen Krieg beenden. Ein 30-tägiger Waffenstillstand in Bezug auf die Energieinfrastruktur wurde vereinbart – doch Putins Bedingungen wurden als Kapitulation der Ukraine aufgefasst. „Sie saßen 12 Stunden zusammen und hatten wohl eine gemeinsame Erklärung“, erzählte Vladimir Chizhov, stellvertretender Vorsitzender des russischen Verteidigungsausschusses, dem Sender Rossiya 24. „Aber die Ukraine hat blockiert.“ Nun liegt der Ball wieder bei Trump, der sichtlich genervt reagiert. „Ich war stinksauer, als Putin anfing, Selenskyjs Glaubwürdigkeit anzugreifen“, sagte er. „Das führt uns in die falsche Richtung. Neuer Führungsstil heißt: Kein Deal für lange Zeit.“
Noch vor einem Monat nannte Trump den ukrainischen Präsidenten einen „Diktator“, der den Krieg „angefangen“ habe. Jetzt droht er Putin mit 50-prozentigen Sekundärzöllen auf Käufer russischen Öls – ein abrupter Kurswechsel, der die Spannungen weiter anheizt. Für Kasachstan, das auf die CPC-Pipeline angewiesen ist, wird die Lage dadurch nicht entspannter.
Während die Großen streiten, kämpft Kasachstan um seine wirtschaftliche Stabilität. Die Ölproduktion boomt: Im letzten Monat erreichte die Förderung von Rohöl und Gaskondensat mit 2,12 Millionen Barrel pro Tag einen Rekordwert – ein Plus von 13 Prozent gegenüber Januar. Ohne Gaskondensat liegt die Produktion bei 1,83 Millionen Barrel täglich, ein Anstieg von 15,5 Prozent. Der Öl- und Gasanalyst Olzhas Baidildinov erklärt: „2024 schüttete die CPC 1,3 Milliarden Dollar an Dividenden aus – 85 Millionen gingen in den Staatshaushalt, 250 Millionen an KazMunayGas.“ Das Geld soll das Haushaltsdefizit schrumpfen lassen. Besonders das Tengiz-Ölfeld, betrieben von Tengizchevroil unter Chevron, treibt den Aufschwung. Ein 48-Milliarden-Dollar-Ausbau soll die Kapazitäten dort weiter steigern.
Doch die Angriffe auf die Infrastruktur könnten das alles zunichtemachen. Energieminister Almasadam Satkaliyev sieht Alternativen: „Wir könnten die Exporte über die Baku-Tbilisi-Ceyhan-Pipeline auf 20 Millionen Tonnen jährlich steigern – von aktuell 1,5 Millionen.“ Ein Plan, der Kasachstans Abhängigkeit von Russland brechen könnte. Doch wie passt das zur OPEC+? Die aktuelle Produktion liegt weit über der Quote von 1,468 Millionen Barrel pro Tag. Kasachstan muss bis September 2025 rund 620.000 Barrel täglich „zurückzahlen“ – ein Kraftakt, der Disziplin verlangt.
Kasachstan wollte mit Öl den Aufschwung schaffen – nun droht es, Kollateralschaden im Streit der Titanen zu werden. Trump und Putin liefern sich ein gefährliches Spiel, bei dem die Regeln ständig gebrochen werden. Die Drohnen über Kavkazskaya sind nur ein Vorbote dessen, was kommen könnte, wenn die Diplomatie scheitert. Für Astana heißt es: Nerven bewahren und Alternativen finden – bevor das Öl zum Fluch wird.
Mein neues Buch ist da: “Im Zensurwahn – Die Aushöhlung von Freiheit und Demokratie“.