Die Unzufriedenheit der Menschen im Iran wächst. Neben wirtschaftlichen Problemen und der hohen Inflation sind auch gesellschaftspolitische Ereignisse daran beteiligt – so wie der Tod einer jungen Frau in Gewahrsam der „Sittenwächter“.
Seit mehreren Wochen kommt der Iran nicht zur Ruhe. Immer öfter kommt es zu Protesten und Demonstrationen, die vor allem aus dem Unmut der Bevölkerung resultieren. Waren es zuvor vor allem die stark steigenden Preise für Lebensmittel, die die Menschen auf die Straßen trieben, ist es jetzt der Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini. Diese wurde von der Polizei in Teheran festgenommen, weil sie dem strengen islamischen „Dress Code“ des Landes nicht gefolgt sei und starb dann am 16. September in Polizeigewahrsam. Laut den Sicherheitsbehörden sei sie an „bereits vorhandenen gesundheitlichen Konditionen“ gestorben und nicht durch Misshandlungen.
Die seit nunmehr fünf Wochen andauernden Proteste haben Berichten zufolge bereits dazu geführt, dass mehr als 230 Menschen durch die Gewalt der Sicherheitskräfte starben und auch Polizisten bei den Zusammenstößen getötet wurden. Mehrere hundert Demonstranten wurden zudem festgenommen. Begonnen haben diese Proteste an den Universitäten des Landes und verlagerten sich dann rasch auf die Straßen.
Die Proteste, die sehr wahrscheinlich „organisch“ gewachsen sind, werden nun jedoch von der islamistischen Führung in Teheran als Werk der Amerikaner bezeichnet. Der Grund dafür: Eine wieder einmal unbedachte Äußerung von US-Präsident Joe Biden. Der von seinen politischen Gegnern immer wieder als „senil“ bezeichnete US-Staatschef sagte über seinen Besuch in Saudi-Arabien im Juli: „Alle dachten, ich sei wegen des Öls in den Nahen Osten gereist, dabei war es wegen des Irans.“ Biden lobte den „unglaublichen Mut“ der Demonstranten, und als er von einem Aktivisten gebeten wurde, eine Botschaft an die Iraner auf der Straße zu richten, sagte er: „Kämpft weiter, wir sind an eurer Seite.“
Zwar ist davon auszugehen, dass westliche Geheimdienste wie CIA, MI6 und Mossad eine gewisse Rolle bei der Ausbreitung der Proteste spielen, doch in der Islamischen Republik gibt es bereits seit vielen Jahren eine starke Opposition gegen das Mullah-Regime, bestehend aus prowestlichen Anhängern des Schahs, aus Liberalen, kurdischen Nationalisten und auch aus Kommunisten. Den Demonstranten jedoch hat der US-Präsident mit seinen Äußerungen einen Bärendienst erwiesen, da es die islamistische Führung nun einfacher hat, die Rädelsführer als „westliche Agenten“ zu brandmarken.