Ein mehr als unwürdiges Hin und Her offenbaren interne E-Mails zwischen Lothar Wieler und Karl Lauterbach aus dem Corona-Jahr 2022, pünktlich zum Frühjahr, als die Impfpflicht durchgeboxt werden sollte: Während das RKI unter Wieler die Corona-Risikostufe absenken wollte, blockierte Lauterbach diesen Schritt konsequent – und das über Monate. Wie passt das zu den vollmundigen Behauptungen des Ministers, es habe keine politische Einflussnahme gegeben?
Ein Kommentar von Vanessa Renner
Ausnahmsweise sind es mit WDR und NDR sogar die Öffentlich-Rechtlichen, die zuerst berichten: Diesen Sendern (sowie der SZ) liegen laut aktueller Berichterstattung interne E-Mails vor, die belegen, dass Karl Lauterbach 2022 über Monate die Herabsetzung der Risikostufe blockierte. Schon am 3. Februar wandte RKI-Chef Wieler sich demnach per Mail an Lauterbach und gab an, man wolle die Gefahrenstufe von „sehr hoch“ auf „hoch“ herabstufen. Grund dafür: die Omikron-Variante, die bekanntlich noch mildere Krankheitsverläufe verursachte.
Doch Lauterbach hielt das für „problematisch“, beklagte hohe „Fallzahlen“ (also Zahlen von Testpositiven und somit ohne Aussagekraft über tatsächliche Erkrankungen) und hielt den Schritt für „das falsche Signal“.
Am 15. Februar versuchte Wieler erneut sein Glück und wollte das Thema besprechen. Am 18. Februar hatte Lauterbach dann wohl Bereitschaft zur Risiko-Herabsetzung signalisiert, denn Wieler schrieb: „Danke für das gute Gespräch. Ich fasse nochmals kurz zusammen: Das RKI stellt nächste Woche die Risikobewertung (sehr hoch auf hoch) auf die Website.“ Kommando zurück! Es kam offenkundig zum erneuten Gespräch zwischen Gesundheitsminister und RKI-Chef, denn vier Tage später schrieb Wieler in einer Mail: „Wir haben im Nachgang unseres Telefonats noch zwei Passagen angepasst. Bitte geben Sie mir einen Hinweis, ansonsten stellen wir wie vereinbart die Risikobewertung im Laufe des morgigen Mittwochs auf unsere Seite.“
Mitten in der Impfzwang-Debatte: Lauterbach lehnte Herabstufung ab
Dazu kam es aber nicht. Dem RKI-Protokoll vom 23. Februar ist zu entnehmen: „Kein Konsens zur Veröffentlichung, wird zwischen Präsident und Minister am 24.2. besprochen. Voraussichtliche Veröffentlichung auf RKI Website am 25.2.2022.“ Am 25. Februar erfolgte jedoch abermals keine Herabstufung. Stattdessen entnimmt man einem RKI-Protokoll, die Reduzierung des Risikos sei vom BMG abgelehnt worden. Im RKI-Krisenstab spielte man daraufhin mit dem Gedanken, die „sehr hoch“-Risikostufe einfach von der Website zu werfen, aber das wertete man doch als „sehr eskalierend“ und verwarf die Idee.
Die Risikostufe blieb also entgegen der bekannten Daten zu deutlich milderen Omikron-Verläufen (von all den Informationen zur fehlenden Aussagekraft der Testungen, „Fallzahlen“ und angeblichen „Corona-Toten“ ganz zu schweigen) in Deutschland „sehr hoch“. Was die Öffentlich-Rechtlichen natürlich nicht für erwähnenswert halten: Es handelte sich hier um die heiße Phase des gesetzlichen Impfzwangs, den Karl Lauterbach unbedingt durchboxen wollte. Warum der Minister die „sehr hohe“ Gefahrenstufe wollte, kann sich vor diesem Hintergrund wohl jeder denken.
Auch nach Scheitern der Impfpflicht: Entlarvende Verzögerungstaktik
Erst am 20. April, einige Tage nachdem die Impfpflicht abgeschmettert worden war und Kanzler Scholz auch einem neuerlichen Versuch, die Impfung gesetzlich zu erzwingen, eine Abfuhr erteilt hatte, startete Lothar Wieler einen erneuten Versuch: „Die aktuell positive Entwicklung der Pandemie führt glücklicherweise dazu, dass wir die Risikobewertung anpassen“, schrieb er ans Bundesgesundheitsministerium. Am nächsten Tag folgte eine Nachricht direkt an Lauterbach: „Anbei die überarbeitete Risikobewertung. Wie vereinbart geben Sie mir dann ein Signal im Hinblick auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung in der nächsten Woche.“
Heimliche Änderung der Risikobewertung gefordert
Tja. Den folgenden RKI-Protokollen entnimmt man nun, man warte auf die Rückmeldung des BMG – der Minister wolle sich noch einmal melden. Tat er aber vorerst wohl nicht. Erst am 5. Mai verkündete Wieler in einer E-Mail endlich: „Ich gehe davon aus, dass wir die Risikobewertung heute online stellen falls wir bis 12 Uhr heute keine gegenteilige Information erhalten.“ Und, man höre und staune, es folgte kein Widerspruch – nur die Aufforderung von Boris Velter aus dem BMG, diesen Schritt gefälligst heimlich, still und leise zu gehen. Der Text könne veröffentlicht werden, „sollte wegen der Grundsensibilität bitte dennoch ohne mediale Ankündigung / Begleitung das Licht der Welt erblicken.“ Was sollte das wohl aussagen? Gott bewahre, dass die Bevölkerung, die weiterhin durch absurde G-Maßnahmen in die Nadel gezwungen werden soll, allzu schnell Wind von der offiziellen Risiko-Absenkung bekommt?
Das RKI weist auf Medienanfragen darauf hin, dass man unter der „Fachaufsicht des Gesundheitsministeriums“ stehe. Die Risikobewertung habe „einen normativen Charakter und liegt am Übergang zum Krisenmanagement“, und dafür sei das Ministerium verantwortlich. Lothar Wieler selbst wollte keine Fragen beantworten. Lauterbach wiegelt derweil gegenüber NDR, WDR und SZ ab: „Wenn aus dieser wissenschaftlichen Arbeit politische Schlüsse gezogen werden müssen, dann ist es meine Aufgabe, das zu tun.“
Mal wieder keine Konsequenzen?
Welche „politischen Schlüsse“ sollen das eigentlich sein, wenn die wissenschaftliche Arbeit des RKI offenkundig ignoriert wird? Stattdessen hielt Deutschland faktenwidrig an einem Panik- und Diskriminierungskurs zugunsten von Big Pharma fest, denn dieser Irrsinn diente letztendlich nur dazu, Menschen in die Nadel zu treiben. Regierungshörige Medien nehmen natürlich Lauterbach in Schutz: Der habe eben „auf die hohe Zahl der Infizierten, die Patienten auf den Intensivstationen und die Todesfälle“ geblickt. Dass dieses Datenmaterial zigfach als wertlos demaskiert wurde, weil jeder Testpositive beliebig zum Corona-Patienten (oder gar Corona-Toten) umgeschrieben werden konnte, auch wenn er nie nennenswerte Symptome hatte, lässt man praktischerweise weg.
Auch erwähnt man mit keinem Wort, was der „Alarmmodus“, in dem Lauterbach länger „als viele Wissenschaftler“ verharrte, für die Bevölkerung bedeutete, die entrechtet, in Panik gehalten und gegeneinander aufgehetzt wurde. Die Konsequenzen sind bis heute zu spüren: Wer Lauterbach glaubte, fühlte sich von gemeingefährlichen „Virenschleudern“ bedroht, wer skeptisch blieb, wurde in Nazi-Manier zum „Sozialschädling“ degradiert und sollte doch bitte elendig verrecken. Verzeihen Sie Menschen, die Ihnen Tod und Teufel an den Hals wünschten, weil Sie für sich selbst eine informierte Entscheidung getroffen haben?
Die Bürger dürften die Offenlegung solcher Informationen kaum mehr überraschen – viele haben von Lauterbach und seinem Ministerium nichts anderes mehr erwartet. Auch von überfälligen Konsequenzen geht wohl niemand mehr aus. Das Vertrauen in Staat und Institutionen ist in Deutschland während der „Pandemie“ in den Grundfesten erschüttert und vielfach gänzlich zerstört worden. Das kam nicht durch böse „Delegitimierer des Staats“ – dafür haben Politiker in höchsten Ämtern selbst gesorgt.