Grundrechte sind Abwehrrechte! Wenn der Staat die Demokratie gefährdet

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Ist die Demokratie wirklich in Gefahr? Wenn es nach dem Staat geht, so stellen kritische Bürger eine Bedrohung dar. Doch worauf beruht die Demokratie denn? Die GGI-Initiative, die die Corona-Aufarbeitung in Österreich vorantreibt, analysiert in einer aktuellen Aussendung die Rolle des mündigen Menschen in der Demokratie und erörtert die Rolle der Grundrechte und die Aufgabe des Staates. Auf Basis dessen kann es auf die eingangs gestellte Frage nur eine Antwort geben – aber sie fällt bei Weitem nicht so aus, wie Regierende sich das vorstellen…

Demokratie in Gefahr? Grundsätzliches zu Demokratie & Grundrechten (Teil 1)

Presseaussendung der GGI-Initiative am 27.06.2023

Derzeit gibt es Bedenken und Sorgen um einen immer größer werdenden Demokratieverlust. Die Gründe und Gefahrenquellen dafür werden jedoch – je nach Standpunkt – höchst unterschiedlich bewertet. Nie zuvor erlebten wir in der 2. Republik derart massive Grundrechtseinschränkungen. In Krisenzeiten mit großer Unsicherheit empfiehlt es sich, die Grundlagen zu betrachten, und sich den ursprünglichen Zweck von Demokratie und Grundrechten in Erinnerung zu rufen, um zu prüfen, ob diesem Zweck noch entsprechend gefolgt wird.

Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“

So lautet Artikel 1 der österreichischen Bundesverfassung. Doch was bedeutet das überhaupt? Welche Prämisse steht dahinter? Und was hat das mit den Grundrechten zu tun?

Der Grundgedanke spiegelt sich in Art. 1 der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte wider:

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

Menschenbild der Demokratie

Seit der Aufklärung geht man davon aus, dass alle Menschen vernunftbegabte Wesen sind, das heißt, sie treffen in der Regel Entscheidungen so, dass sie ihren eigenen und auch den Interessen der Gesellschaft dienen – Letzteres, wenn auch nur zu dem Zweck, selbst von der Mitgliedschaft in der Gesellschaft zu profitieren. Die Demokratie geht also davon aus, dass die Menschen die richtige Entscheidung treffen – für sich und für die Gesellschaft. Der Staat hat keinen Erziehungsauftrag, sondern die Gesetze sollen derart vernünftig und schlüssig gestaltet sein, dass sich die Menschen in der Regel aus innerer Überzeugung und in ihrem eigenen Interesse daran halten, da sie den Sinn darin erkennen. Im Gegensatz zur Autokratie ist der Mensch eben gerade nicht Untertan, der Gehorsam schuldet, oder „zu dumm“ ist, die für ihn und die Gesellschaft beste Entscheidung zu treffen.

Idee des demokratischen Staates

Im Zentrum der Demokratie steht also das Individuum mit seinen angeborenen und unveräußerlichen Menschenrechten. Zum Zweck der Kooperation, Organisation und des besseren Zusammenlebens in der Gesellschaft überträgt der Mensch Rechte an den Staat mit dem Auftrag, die Grundrechte zu schützen und insbesondere Freiheit und Sicherheit zu garantieren. Nur dadurch erhält der Staat seine Macht und Legitimität, denn wie in Art 1 BV-G geregelt, geht alle Macht vom Volk – also der Summe aller Staatsbürger:innen – aus.

Da der Schutz individueller Rechte der einzig legitime Zweck einer Regierung ist, kann einzig dieser Schutz als Begründung für die Gesetzgebung dienen: Alle Gesetze müssen auf individuellen Rechten basieren und auf ihren Schutz abzielen. Alle Gesetze müssen objektiv (und objektiv zu beweisen) sein: Man muss wissen können — und zwar im Voraus einer Handlung — was das Gesetz verbietet (und warum), was ein Verbrechen darstellt und welche Strafe man bekommt, wenn man es begeht.

Unter einem legitimen Gesellschaftssystem hat ein Privatmensch die Freiheit, jede Handlung zu tätigen, die er tätigen will (solange er nicht die Rechte anderer verletzt), während Regierung (Verwaltung) und die Gerichte bei jeder öffentlichen Handlung an Gesetze gebunden sind. Ein privates Individuum darf alles tun, was nicht gesetzlich verboten ist; eine Regierung darf nichts tun, was nicht gesetzlich explizit erlaubt ist, und Gerichte müssen sich in jedem Fall an die Gesetze halten und diese vollziehen (Legalitätsprinzip Art. 18 B-VG). So unterwirft man „Macht” dem „Recht”.

Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat

Grund- und Freiheitsrechte sind daher Abwehrrechte des Individuums gegen den Staat. Sie geben dem Menschen – und zwar jedem Einzelnen – das Recht, gegen Gesetze und Rechtsakte vorzugehen, wenn der Staat seine Kompetenzen überschreitet. Sie sind sogar derart essenziell, dass sich daraus Gewährleistungsrechte ableiten, also der Staat verpflichtet wird, Systeme und Regelungen zu schaffen, um die Grundrechte zu fördern.

Das zeigt sich beispielsweise am Grundrecht auf Versammlungsfreiheit: Demonstrationen können die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden. Doch darf der Staat deshalb Demonstrationen nicht einfach verbieten – im Gegenteil: Er muss ausreichend Sicherheitskräfte bereitstellen, um zu gewährleisten, dass eine Demonstration geordnet ablaufen kann.

Gleiches gilt beim Recht auf Leben: Dem Staat ist es nicht nur verboten, in das Recht auf Leben einzugreifen. Er muss sogar Systeme bereitstellen, um das Recht auf Leben abzusichern. Dazu hat er beispielsweise das Strafrecht geschaffen, und ist auch verpflichtet, Angriffe auf das Leben (Mord, Körperverletzung udg.) gerichtlich zu verfolgen. Auch die Schaffung des Gesundheitssystems leitet sich aus dem Gewährleistungsrecht des Schutzes des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit ab.

Nur dann, wenn Grundrechte direkt miteinander konkurrieren, müssen sie gegeneinander abgewogen werden und der Staat darf die gelindest möglichennotwendigen und tauglichen Einschränkungen vornehmen, um das legitime Ziel (Grundrechtsschutz) zu erreichen, sofern sie verhältnismäßig sind.

Demokratie in Gefahr

Der Staat ist also kein Selbstzweck. Er ist dazu da, den Menschen zu dienen. Wenn jedoch der Mensch nur noch dem (staatlichen) System dient und das System nicht mehr dem Menschen, dann handelt es sich um eine Scheindemokratie. Der Bundespräsident lobte wiederholt die Schönheit und Eleganz der Verfassung. Dem ist beizupflichten. Doch Schönheit und Eleganz verblassen, wenn sich die Staatsgewalten nicht mehr an die Verfassung halten oder ihren Wesenskern aus den Augen verlieren.

Nicht von ungefähr wurde Österreich im April 2022 im Demokratie-Index von einer liberalen Demokratie auf eine Wahldemokratie abgestuft. “Das bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger zwar ihre Stimme abgeben dürfen, die optimalen Bedingungen für eine Demokratie aber nicht mehr gegeben sind. Ein deutlicher Rückgang bei dem „Indikator für transparente Gesetze“ und „vorhersehbare Durchsetzung“ habe dazu beigetragen, dass Österreich die Voraussetzungen für eine liberale Demokratie nicht mehr erfülle, so die Begründung.

Quellen und Impulse

  • Grabenwarter/Frank, B-VG – Bundes-Verfassungsgesetz und Grundrechte (Stand: 20.6.2020)
  • Anna Gamper, Staat und Verfassung – Einführung in die Allgemeine Staatslehre, 2. überarbeitete Auflage
  • Ayn Rand, Tugend des Egoismus, Kap.12 – Die Menschenrechte
  • Erich Fromm, Die Kunst des Lebens – Zwischen Haben und Sein
  • http://www.emrk.at/
  • https://unric.org/de/allgemeine-erklaerung-menschenrechte/

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