Einst diente er den Brüdern Grimm als Inspiration, heute wüten Maschinen in dem Märchenwald: Im Reinhardswald soll ein Windpark mit 18 Windrädern entstehen. Nach einem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Kassel dürfen die Rodungsarbeiten im Reinhardswald trotz massiven Widerstands von Naturschützern und Bürgern fortgesetzt werden. Das „Schatzhaus europäischer Wälder“ wird dem grünen Wahn geopfert.
Der Reinhardswald ist mit einer Fläche von über 200 Quadratkilometern eine der größten Waldflächen und eines der am wenigsten besiedelten Gebiete Deutschlands. Im Zuge der Energiewende soll dort ein Windpark entstehen – 18 Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 241 m sind genehmigt worden. Das Projekt sorgte für viel Kritik, nicht nur von Naturschützern, auch fast alle Anwohner um den großen Wald lehnen den Windpark ab.
Der Naturschützer und Bundesverdienstkreuzträger Hermann-Josef Rapp (79) war früher Revierleiter des Forstamts Reinhardshagen und gilt als „Stimme des Reinhardswaldes“. Für ihn ist die Abholzung eine Katastrophe. Gegenüber der „Bild“ sagte er: „Es ist das Schatzhaus der europäischen Wälder. Ein Ensemble der Sonderklasse. Das darf man doch nicht dem Fraß der geldgierigen Windkraftliga opfern.“
Derweil wüten die Maschinen, es wird gerodet, Bäume werden gefällt – manche davon sind bis zu 200 Jahren alt, denn nach einem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs dürfen die Arbeiten nach einem monatelangen Baustopp nun fortgesetzt werden. Auch die Tierwelt ist betroffen: So lebten in dem Wald Luchse (eine geschützte Tierart!), die mittlerweile die Flucht ergriffen haben sollen. Der Kampf scheint verloren, die Chancen zur Verhinderung des Windparks standen ohnehin schlecht, denn der Reinhardswald gehört dem Land – damit hat die Politik freie Hand.
Der Bürgermeister von Wesertal, Cornelius Turrey (52), erklärte dazu: „Das Land Hessen hat das angetrieben, Habeck feuert das an. Die Grünen im Bund wollen die Windräder im Wald. Und das ohne Sinn und Verstand. Wir machen uns Sorgen um Brandschutz, Belastung des Trinkwassers, um den Lärm für die Bürger.“ Neun von elf Bürgermeistern der umliegenden Kommunen sind gegen den Windpark.
Geleitet wird das Projekt von Hessens Noch-Umweltministerin Priska Hinz (Grüne). „Die Windenergie leistet für die Energiewende und für den Erhalt der Natur einen entscheidenden Beitrag. Nur so können Wälder und wichtige Ökosysteme erhalten werden“, behauptete sie im Gespräch mit „Bild“ und lieferte damit ein Musterbeispiel Orwell’scher Umkehr. Kritiker des Projekts haben die leise Hoffnung, dass die neue hessische Regierung – zu der die Grünen nicht gehören sollen – das Ruder noch herumreißen wird, doch die Chancen stehen schlecht. Zu groß dürfte der Druck vom Bund sein, die deutsche Landschaft mehr und mehr mit unzuverlässigen und umweltschädlichen Windkraftanlagen zuzubetonieren.