Gesundheitsdaten schützen: Der elektronischen Patientenakte lieber nochmals widersprechen

Bild: freepik / Who is Danny

Während in Österreich der elektronische Impfpass für Widerstand sorgt, wird in Deutschland die sogenannte elektronische Patientenakte (ePA) aktuell. Schon im März hatte Juristin Cornelia Margot für den MWGFD Bürger, die die Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten behalten möchten, über die Möglichkeiten zum Widerspruch gegen diese digitale Patientenakte informiert. Inzwischen ist das fragliche Gesetz in Kraft getreten und viele Krankenkassen verschickten entsprechende Schreiben. Es stellt sich heraus: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte in vielen Fällen lieber noch einmal Widerspruch gegen die ePA einlegen…

Aussendung des MWGFD – Autorin: Cornelia Margot

Am 9. März 2024 haben wir die Folge 2 zur Serie „Ist Schutz vor Datenweitergabe im Gesundheitswesen möglich?“ veröffentlicht. Hierin hieß es, dass man bei Bedarf nicht zu lange mit seinem evtl. Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte (ePA) warten soll. Dass ein Widerspruch vor Inkrafttreten des Gesetzes aber auch nicht erforderlich ist.

Das Gesetz ist sodann bekanntlich am 26. März 2024 in Kraft getreten.

I. Eingang der ersten Informationsschreiben der Krankenkassen

Wie erläutert, müssen die Krankenkassen spätestens ab Mitte Mai damit beginnen, den Versicherten Informationen über die ePA zur Verfügung zu stellen und sie auch über ihr Widerspruchsrecht informieren.

Die ersten Briefe der Krankenkassen sind nun bereits bekannt geworden. Ich zitiere noch einmal § 343 Absatz 1a:

„(1a) Die Krankenkassen haben den Versicherten, bevor sie ihnen eine elektronische Patientenakte gemäß § 342 Absatz 1 Satz 2 zur Verfügung stellen, umfassendes und geeignetes Informationsmaterial über die elektronische Patientenakte in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache und barrierefrei zur Verfügung zu stellen…“

Die mir bekannt gewordenen Briefe sehen jetzt so aus, dass man auf einer Seite in kurzen Sätzen wie „Sie brauchen nichts zu tun. Wir kümmern uns um alles. Sie haben keinen Papierkram mehr.“ über die Tatsache als solche informiert wird. Das Schreiben enthält einen Link zur Webseite der Krankenkasse, unter dem man weitere Infos finden soll. Es enthält des Weiteren einen Link, unter dem man der ePA online widersprechen kann. Soweit zum Erfordernis „klare und einfache Sprache“.

Das Erfordernis „barrierefrei“ ist dadurch aber jedenfalls nicht eingehalten worden, da das Auffinden der Seite „Informationsmaterial nach § 343 Abs. 1a SGB V“ nicht nur einen Online-Zugang, sondern mindestens noch zwei weitere Klicks erfordert. Dann allerdings findet man ein ausführliches, 43-seitiges Dokument.

Unter diesem Suchbegriff wird wahrscheinlich jeder auf der Webseite seiner Krankenkasse Informationsmaterial finden.

Was in den mir vorliegenden ersten Schreiben fehlt, ist ein Hinweis darauf, ob man dieses Infomaterial auch ausgedruckt per Post bekommen kann. Wobei ggf. nicht alle Kassen den gleichen Standardtext verwenden.

Es fehlt weiter die Information, dass man der ePA auch schriftlich widersprechen kann. Für den o.e. erwähnten Link für den Widerspruch benötigt man einen bereits existierenden, passwort-geschützten Online-Zugang zu seiner Krankenkasse. Inzwischen soll ein Widerspruch aber sogar auch telefonisch möglich sein, wobei man dann aber auf jeden Fall eine schriftliche Bestätigung verlangen sollte.

II. Reichen die bisherigen Widersprüche?

Viele haben das Inkrafttreten des Digitalgesetzes höchst vorsorglich nicht abwarten wollen, sondern es vorgezogen, so früh wie möglich – teilweise schon 2022 – gegen die Einrichtung einer ePA zu widersprechen. Die Reaktionen der Kassen darauf fielen von verständnislos-ignorant bis bestätigend unterschiedlich aus.

Aber wie dem auch sei. Der wichtigste Satz zu dieser Frage befindet sich am Ende des o.e. Informationsschreibens:

Sie haben vor dem 26. März 2024 widersprochen? Leider sind diese Widersprüche nicht rechtsgültig und wir dürfen sie nicht akzeptieren. Widersprechen Sie dann bitte noch mal.

Abgesehen davon, dass sich nirgendwo im Gesetz ein Hinweis darauf befindet, dass vor Inkrafttreten des Gesetzes ausgesprochene Widersprüche unwirksam seien, empfehle ich dringend, diese Information ernst zu nehmen und höchst vorsorglich entsprechend tätig zu werden.

Welche Fallkonstellationen haben wir? Und wie sollte man jeweils vorgehen?

1. Widerspruch in 2022 oder 2023, jedenfalls VOR dem 26. März 2024. Und eine unpassende Reaktion der Kasse à la: „Ist doch alles freiwillig, wir werden Sie rechtzeitig informieren.“

Jetzt noch mal widersprechen.

2. wie 1. Aber die Kasse hat den Eingang des Widerspruchs bestätigt und erklärt, sie werde ihn berücksichtigen und keine ePA anlegen.

Problem: Widerspruch datiert vor dem 26.3.24.

Deshalb vorsichtshalber noch mal widersprechen.

3. Widerspruch VOR dem 26. März 24, aber bestätigende Reaktion der Kasse erfolgte nach dem 26.3.24.

Problem: es könnte tatsächlich auf den Zeitpunkt des Widerspruchs ankommen, nicht auf die Bestätigung.

Vorsichtshalber noch mal widersprechen.

4. Ein sonderbarer Fall, von dem ich mehrfach gehört habe: Versicherte haben nach dem 26.3.24 Widerspruch gegen die Gesundheitsdatennutzung nach § 25 b SGB V eingelegt. Und was kam als Antwort? „Wir bestätigen Ihren Widerspruch gegen die ePA und werden keine für Sie anlegen.“

Da hat man wohl bei der Kasse Äpfel und Birnen miteinander verwechselt.

Problem: abgesehen davon, dass man dann ja immer noch keine Sperre zur Gesundheitsdatennutzung hat und ohnehin noch mal hinschreiben muss, sollte man sich auf die Bestätigung zur ePA wegen des Missverständnisses vorsichtshalber nicht verlassen.

Also noch mal widersprechen. Sowohl der Gesundheitsdatennutzung als auch dem Anlegen der ePA.

In den Fällen 1 – 4 kann man das so formulieren, dass man jetzt höchst vorsorglich nach Inkrafttreten des Digitalgesetzes noch einmal dem Anlegen, Einrichten und Bereitstellen der elektronischen Patientenakte widerspricht. Oder man nutzt die Möglichkeit des Online-Widerspruchs. Eine Bestätigung kann man sich ausdrucken.

5. Man hat NACH dem 26.3.24 widersprochen und auch schon eine Bestätigung erhalten. Das Informationsschreiben (das man wahrscheinlich trotzdem bekommen wird, weil es ja auch einen Werbecharakter hat) hat man noch nicht.

Das sollte nach derzeitiger Kenntnis so ausreichen.

Man kann vorsichtshalber bei der Kasse anrufen und nachfragen, ob der Widerspruch tatsächlich aktenkundig ist.

6. Man hat bislang noch gar nichts gemacht, möchte widersprechen, hat aber auch das Infoschreiben noch nicht.

Problem: wenn man das Schreiben nicht bekommt – warum auch immer – es aber trotzdem verschickt wurde, dann muss man damit rechnen, dass 6 Wochen nach dem unbekannten Versanddatum eine ePA angelegt wird. Man könnte auch danach jederzeit noch widersprechen, dann muss sie gelöscht werden. Wer dem aber nicht traut, sollte also vorsichtshalber nicht zu lange abwarten.

Entweder man schickt seinen Widerspruch jetzt ab oder man wartet noch ein paar Tage, ob der Brief kommt. Spätestens Ende Juni sollte man tätig werden.

III. Weitere Detailinfos zur Anwendung der ePA

Auch, wenn der Schwerpunkt hier auf dem grundsätzlichen Opt-Out-Widerspruch zur ePA liegt, sind mir bei der Recherche zu diesem Beitrag einige interessante Punkte aufgefallen. Die sind für diejenigen wichtig, die an sich Vorteile in einer ePA sehen, deshalb nicht grundsätzlich widersprechen möchten, aber trotzdem bewusst und selbstverantwortlich mit ihr werden umgehen wollen. Oder die einfach noch unschlüssig sind.

Es hieß immer, dass man beim Arzt, im Krankenhaus etc. (das Gesetz spricht von „Leistungserbringenden“ oder „Leistungserbringereinrichtung“) jeweils selbst entscheidet, ob bzw. in welchem Umfang man dem Arzt Zugang zur ePA gewähren will. Darf er reingucken, darf er selbst Dokumente einstellen.

In dem Informationsmaterial der Kasse bin ich auf folgende Formulierung gestoßen:

Damit die behandelnde Praxis Zugriff auf Ihre ePA hat, muss diese berechtigt werden. Die Berechtigung erteilen Sie in der Praxis ganz einfach mit dem Stecken der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Die Praxis ist dann für einen Zeitraum von bis zu 90 Tagen für den Zugriff auf Ihre ePA berechtigt.

Das ist eine unklare und missverständliche Formulierung.

„Die Berechtigung erteilen Sie in der Praxis ganz einfach mit dem Stecken der elektronischen Gesundheitskarte“ (eGK).

M.E. versteht man es beim Lesen so, dass man selbst als Patient aktiv durch ein Handeln die Berechtigung erteilt. Indem man die Karte selbst in ein gesondertes Lesegerät einschiebt. Und wenn man in dem Moment „Nein“ sagt und das nicht macht, hat man die Berechtigung eben nicht erteilt.

So ist das aber nach tel. Auskunft einer Krankenkasse nicht gemeint. Mit „Stecken der Karte“ ist der ganz normale Vorgang gemeint, mit dem das Praxispersonal sich die Karte nimmt und sie durchs Lesegerät schiebt. Der Vorgang, der regelmäßig einmal im Quartal erforderlich ist, um sich zu identifizieren, und damit die Leistungen abgerechnet werden können. Da man sich in der Regel kaum weigern kann, die Karte über den Tresen zu reichen, hat man also dadurch in dem Moment seine ePA zur Einsicht und Verwendung freigegeben.

Wie also verwaltet man seine ePA?

1. Wer sich eine App seiner Krankenkasse herunterlädt, kann in dieser die Berechtigungen verwalten. Er kann den Zugriff für bestimmte Ärzte etc. (vorher) aktiv selbst einschränken. Ganz konkret – ich habe gleich einen Termin bei Dr. X, ich entziehe ihm jetzt die Zugangsberechtigung. Oder man definiert das Datum und die Fachrichtung. Wie genau das gehen soll, wissen die Mitarbeiter bei den Kassen offenbar selbst noch nicht.

Und bei alledem muss man dann noch beachten, dass die Abrechnungsdaten der Krankenkasse und auch die Daten aus dem e-Rezept ebenfalls automatisch in der ePA gespeichert werden. Dem müsste man dann ggf. auch widersprechen.

2. Verwaltung ohne App über eine Ombudsstelle

Wer die App nicht hat, der kann sich zur Verwaltung der Zugriffsberechtigungen an eine Ombudsstelle wenden. Dort kann man telefonisch einzelne Zugriffsbeschränkungen in Auftrag geben. Man ist also darauf angewiesen, dass man telefonisch durchkommt, der Gesprächspartner versteht, was man will und es auch umsetzt. Falls es überhaupt einen Gesprächspartner gibt und nicht nur „drücken Sie die 1“.

Beim Arzt selbst würde man nur mündlich die Berechtigung entziehen können, dass er selbst was einstellt. Man kann aber nicht die Berechtigung entziehen, dass er guckt und sieht, was er vielleicht nicht sehen soll. Selbst, wenn man ihm das untersagen würde – wie will man das kontrollieren?

3. Verwaltung online ohne App

Dafür soll es eine Desktop-Anwendung geben, genannt desktop client.

Dazu benötigt man

  • eine Registrierung bei der Kasse, damit man für die Desktop-Anwendung freigeschaltet wird;
  • eine PIN, die die Kasse einem zu dem Zweck zur Verfügung stellt;
  • eine Software, die man sich herunterladen muss;
  • ein Lesegerät für die Versichertenkarte, das man sich selbst besorgen muss.

Soviel zum Erfordernis „barrierefrei“. Nähere Informationen findet man auf den Webseiten der Krankenkassen.

Wer also eine ePA nicht grundsätzlich ablehnt, der muss entweder bereit sein, sich vertieft in diese Wissenschaft der Anwendungen und der einzelnen Widerspruchsmöglichkeiten zu vertiefen. Oder er resigniert und lässt die Sache einfach laufen.

Erfahrungsberichte, Fragen, Anregungen und Ergänzungen sind gerne willkommen – am besten direkt in meiner offenen Telegram-Gruppe posten:

t.me/imanfangwarcorona

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