Den Briten geht das NATO-Aufgabengebiet nicht mehr weit genug. Die frühere imperialistische Weltmacht fordert nun die Ausweitung des US-geführten Militärbündnisses auf den Pazifik. Neben Russland soll die NATO nun auch China ins Visier nehmen.
Ursprünglich wurde die NATO als westliches Militärbündnis zur Verteidigung der Westeuropäer vor einem potentiellen Einmarsch der Sowjetunion gegründet. Mit dem Zerfall der UdSSR und der Auflösung des Warschauer Paktes verlor sie jedoch ihre eigentliche Aufgabe – und widmete sich offiziell der „Terrorismusbekämpfung“. Wobei man jedoch das Ziel der Unterwerfung Russlands nie aus den Augen verlor. Etwas, was man in den letzten Jahren mit dem wachsenden Truppenaufbau in Osteuropa und den ständigen Militärübungen in der Nähe der russischen Grenzen auch immer wieder verdeutlichte.
Doch den Briten geht das nicht mehr weit genug. Die wohl engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten von Amerika konzentrieren sich seit dem Brexit, dem Austritt aus der Europäischen Union, zunehmend auf die Weltbühne. Die britische Außenministerin, Liz Truss, sagte nun, ihre Regierung befürworte die Schaffung einer „globalen NATO“, die in der Lage sei, die Verteidigung Taiwans und der gesamten Pazifikregion zu gewährleisten, und forderte Präventivmaßnahmen gegen potenzielle Angreifer. In einer Rede, in der sie am Mittwoch die britische Außenpolitik erläuterte, sagte Truss, London lehne die „falsche Wahl zwischen euro-atlantischer Sicherheit und indo-pazifischer Sicherheit“ ab und vertrete stattdessen die Auffassung, „dass wir beides brauchen“.
„Ich meine, dass die NATO eine globale Perspektive haben muss und bereit sein muss, globale Bedrohungen zu bekämpfen“, fuhr sie fort. „Wir müssen Bedrohungen im indopazifischen Raum vorbeugen und mit Verbündeten wie Japan und Australien zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Pazifikraum geschützt ist. Und wir müssen sicherstellen, dass Demokratien wie Taiwan in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen.“ Deshalb müssten die NATO-Länder auch deutlich mehr als zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) in ihre Rüstung stecken, so die Außenministerin.
Damit bekräftigt sie die Aussagen von Premierminister Boris Johnson, der erst Anfang dieses Jahres betonte, dass die Reichweite der NATO in die Indopazifik-Region ausgeweitet werden soll. Sollte eine Umstrukturierung und Ausweitung der NATO erfolgen, könnte sie auch Länder wie Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland aufnehmen. Auch andere Länder in der Region könnten dann um die Aufnahme in das globale, US-geführte Militärbündnis ansuchen, um so dem US-Ziel der Einkreisung Chinas näher zu kommen.