Am Montag, dem 13. Jänner trat FPÖ-Chef Herbert Kickl gemeinsam mit Mag. Arnold Schiefer (FPÖ) sowie ÖVP-Chef Dr. Christian Stocker und August Wöginger (ÖVP) vor die Presse. Alle Beteiligten gaben sich staatsmännisch, einzig in der Bewertung des schnellen Verhandlungserfolges gab es kleine Unterschiede. Untergriffige Bemerkungen unterblieben vollständig, was für die bislang sehr arrogant auftretende ÖVP ein kleines Wunder ist. In dieser Momentaufnahme war es wohl möglich, sie zu zähmen.
Während FPÖ-Chef Kickl festhielt, dass man sich, wenn man es ernst meint und für Österreich arbeitet, auch schnell auf Lösungen einigen kann, erklärte ÖVP-Chef Stocker, dass die schnellen Ergebnisse nur deshalb möglich waren, weil man zuvor bereits so lange mit den anderen Parteien verhandelt hat.
Nicht angesprochen wurde der unehrliche Stunt der Volkspartei, die bis zu den Nationalratswahlen gemeinsam mit ihren grünen Helfershelfern das Multimilliarden-Budgetloch verheimlicht hatte. Das Budgetproblem kommt ja nicht von irgendwoher, es wurde von ÖVP und Grünen Hand in Hand sehenden Auges verursacht.
Schuldzuweisungen wären gut für die Seele, helfen aber in der Praxis niemandem
Wenn man bedenkt, was Protagonisten wie August Wöginger in den vergangenen fünf Jahren aufgeführt haben, kann man die Initiative Herbert Kickls nicht genug schätzen, hier zunächst Frieden zu wahren und zu versuchen, einen Kontext im Sinne des Landes zu finden. Die Wahrheit ist, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen und Schuldzuweisungen zu machen hilft zum jetzigen Zeitpunkt niemandem. Dahingehend muss man es als respektabel anerkennen, dass nach fast hundert Tagen glücklosem Gewurstle unter ÖVP-Nehammer, das außer Streit und Misstönen nichts hervorgebracht hat, nun die Freiheitlichen gemeinsam mit ÖVP-Stocker erste greifbare Lösungen präsentieren, die nicht zu Lasten der Bürger gehen. Das wäre mit dem Marxisten Babler niemals möglich gewesen.
So ergänzte Christian Stocker die Rede Herbert Kickls mit konkreten Zahlen. Man habe mit den heutigen Planungen 6,3 Milliarden Euro des Budgets “konsolidiert”, würde damit die Regeln der Europäischen Union einhalten und ein Defizit-Verfahren abwenden. Freilich, ein übler Beigeschmack bleibt, dass man zunächst die Unterwerfung unter den Moloch EU diskutieren muss – andererseits ist aktuell niemand in der Lage, über einen konkreten Austritt auch nur nachzudenken, falls das überhaupt zur Debatte stünde.
Erinnerung an Nehammer
Stocker versuchte in Folge noch, die durch seinen Vorgänger Karl Nehammer entstandenen Missklänge im Vertrauen der Bevölkerung abzuschwächen, indem er darauf hinwies, dass die heutigen Verhandlungserfolge auf Nehammers Vorarbeit zurückzuführen wären. Etwas, das ÖVP-Wähler vielleicht gerne hören, wobei fraglich ist, ob man an den größten Wahlverlierer noch weiter erinnert werden will.
Insgesamt zeigt die Prioritätensetzung, wie abhängig Österreich vom Ausland geworden ist – und wie wenig Eigenständigkeit in Entscheidungen und Möglichkeiten bleibt.
Es bleibt abzuwarten, ob die ÖVP der Parole von FPÖ-Chef Kickl auch weiterhin treu bleibt, es kein Fraktionieren und keine Querschüsse gibt und man mit einer Stimme spricht. Für den heutigen Tag scheint dies geglückt zu sein – wir werden das weiter beobachten.
Die Rede von Herbert Kickl im Wortlaut
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Geschätzte Vertreter der Medien,
vor allem aber liebe Österreicherinnen und Österreicher!
Zuallererst einmal einen schönen Montagvormittag und danke schön für Ihr großes Interesse an dieser heutigen Pressekonferenz.
Wir haben Sie heute hierher zu dieser ersten gemeinsamen Pressekonferenz gebeten, weil wir Ihnen gemeinsam ein erstes Ergebnis unserer Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung präsentieren können.
Jeder von uns weiß aus eigener Erfahrung heraus, egal ob privat oder beruflich, dass Probleme sich nicht von selber lösen. Im Gegenteil. Zumeist werden sie größer und bedrohlicher, je länger man tatenlos zuschaut und nicht aktiv gegensteuert.
Ein solches riesiges Problem im Bereich unserer Republik, und das sind wir ja schließlich alle, stellt die budgetäre Situation Österreichs dar.
Eine enorme Schuldenlast und ein Defizit in einer bedrohlichen Dimension. Seit Monaten beherrscht all das die Berichterstattung und Schlagzeilen. Niemand in diesem Land, der in diesem Land Regierungsverantwortung übernimmt, kann losgelöst von dieser Grundlage ans Werk gehen.
Das Entscheidende ist: Hinter den abstrakten Zahlen und hinter den diversen Summen steht eine grundsätzliche Frage. Und diese Frage lautet: Wie wird die Lebenswirklichkeit von uns allen ausschauen in den kommenden Jahren? Von der Geburt bis zum Lebensabend, für alle gesellschaftlichen Schichten.
Und darüber hinaus geht es um die Frage: Können wir den künftigen Generationen ihren eigenen Gestaltungsspielraum geben, den sie verdienen?
Als Antwort darauf braucht es zuallererst eine beherzte Grundsatzentscheidung. Ewig herumzudiskutieren und hin und her zu erwägen und überlegen und nicht zu entscheiden, das ist keine Option, die die Ausgangslage verbessert – ganz im Gegenteil!
Ich kann Ihnen daher heute mitteilen: Was in einer anderen politischen Konstellation in rund 100 Tagen nicht möglich gewesen ist, das haben wir in drei Tagen intensiver und guter Verhandlungen erreicht. Wir haben eine Grundsatzentscheidung getroffen und einen gemeinsamen Fahrplan entwickelt, um ein EU-Defizitverfahren gegen Österreich abzuwenden.
Alle diesbezüglichen Schritte in Richtung der Europäischen Union werden jetzt gerade, während wir hier zu Ihnen sprechen, gestartet. – Das ist der Feuerwehreinsatz, von dem ich vor ein paar Tagen gesprochen habe und der notwendig ist, um einen Flächenbrand zu verhindern.
Dazu haben wir gemeinsam ein 6,3-Milliarden-Euro-Paket erarbeitet, das Österreich dieses Defizitverfahren ersparen soll.
Ohne neue Steuern – keine Erbschaftssteuer, keine Schenkungssteuer, keine Vermögenssteuern! Mit Maßnahmen gegen Steuerschlupflöcher und Privilegien, insbesondere von großen Spielern. Mit Sparen im Ministeriumsapparat. Mit einem Ende von Über-Förderungen. Und all das unter besonderer Bedachtnahme auf Arbeitsmarkt und Konjunktur
Warum ist das so wichtig? Erstens: weil Österreich nur so, selber, das heißt mit eigenen Händen seine Zukunft steuern und gestalten kann – und nicht von Brüssel aus gesteuert wird. Und zweitens: weil wir damit verhindern, dass die Zinsbelastung für Schulden und Investitionen weiter ansteigt. Das verhindert gleichzeitig höhere Kosten für Unternehmen, Konsumenten und Kreditnehmer.
Eines ist mir ganz wichtig zu betonen als Parteiobmann der Freiheitlichen Partei. All die Dinge, die wir als FPÖ vor der Wahl im Vertrauen auf eine normale, im Rahmen befindliche Budgetsituation als Notwendigkeiten für Österreich erkannt und genannt haben, bleiben natürlich weiter Notwendigkeiten. Und wir werden in einer Regierung, die von der FPÖ geführt wird, auch diese Dinge vorantreiben.
- Belohnung für Leistung
- Entbürokratisierung
- Unterstützung der Familien
- soziale Sicherheit
- restriktiver Asylkurs
- Reform des ORF
- Zurück zur Normalität in allen Lebensbereichen!
Und vieles mehr. Und genau darum wird es in den kommenden Verhandlungen ab jetzt gehen.
Was sich also geändert hat, das ist der Zeitplan. Ich wünschte, es wäre anders. Aber wir müssen uns der Realität stellen. Unser Plan war es, direkt diese Ziele anzusteuern und zu erreichen. Und zwar vom ersten Tag an, schnurgerade. Aber dieser direkte Weg ist jetzt blockiert, er ist verlegt, er ist versperrt, er ist verschlossen, nennen Sie es, wie Sie wollen – durch eine Schulden-Lawine, um es in einem Bild zu sagen.
Und diese Sperre müssen wir jetzt beseitigen. Das kostet Zeit, das kostet Kraft, das kostet Schweiß – und braucht Zusammenhalt. Aber dann ist der Weg frei für eine gute Zukunft.
Und in diese positive Phase treten wir – mit immer größeren finanziellen Spielräumen in geplanter Weise dann schon ab dem Jahr 2026 ein.
Wer behauptet, dass es anders besser geht, mit neuen Steuern und neuen Belastungen, der ist kein Arzt, der Österreich kuriert, heilt und wieder fit macht, sondern ein Scharlatan, der das Leben des Patienten aufs Spiel setzt.
Wir glauben an dieses Land. Wir glauben an unser Österreich, wir lieben es. Wir glauben an die Kraft und Leistungsfähigkeit und an den Zusammenhalt der Österreicher.
Und mit diesem ersten, beherzten Schritt, mit dieser ersten wesentlichen Entscheidung legen wir das Fundament dafür, dass auch jene, die Arbeit, Beschäftigung und damit Wohlstand und soziale Sicherheit ermöglichen, an unser Österreich glauben. Es geht um Vertrauen, es geht um Planbarkeit, es geht um Sicherheit.
Ein geordneter Staatshaushalt ist die Grundlage dafür.
Darauf aufbauend, auf dieses Fundament, werden ab sofort in einer zweiten Phase die inhaltlichen Verhandlungen zwischen unseren beiden Parteien in den einzelnen Politikfeldern beginnen.
Ich bin zuversichtlich, ich bin optimistisch, dass wir auch dort zu tragfähigen gemeinsamen Lösungen kommen werden, so wie es jetzt in diesen ersten drei Tagen gelungen ist.