Die Europäische Union steuert mit Vollgas auf den Abgrund zu – und kaum jemand zieht die Notbremse. Nach drei Jahren Ukraine-Krieg, explodierenden Energiepreisen und einer beispiellosen De-Industrialisierung steht der Kontinent vor einem historischen Wendepunkt: Entweder Europa findet endlich zu echter strategischer Autonomie, oder es versinkt in dauerhafter Abhängigkeit von den USA und China.
Ein Kommentar von Heinz Steiner
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit Kriegsbeginn hat die EU ihre Abhängigkeit von russischer Energie zwar offiziell um 75 % reduziert – ein Pyrrhussieg, wie sich zeigt. Denn das russische Gas kommt nun als teureres LNG über Umwege nach Europa, während russisches Öl den Kontinent via Indien erreicht – zu deutlich höheren Preisen.
Wir werden die Ukraine weiter unterstützen, egal, was deutsche Wähler denken – das verkündete Ex-Außenministerin Annalena Baerbock noch 2022. Diese Art von realitätsferner Politik rächt sich nun bitter: Deutschlands Wirtschaft steckt in der Rezession, Industriegiganten wandern ab, die Inflation galoppiert. Gleichzeitig spielen die Europäer in Sachen Friedensgespräche kaum eine Rolle. Washington und Moskau machen das unter sich aus.
Der neue US-Präsident Trump verschärft die Lage zusätzlich. Seit dem 11. Februar gelten 25 Prozent Strafzölle auf europäischen Stahl und Aluminium. Die NATO-Beitragsforderung wurde auf 5 Prozent des BIP erhöht. Gleichzeitig soll Europa das “Ukraine-Chaos” weitgehend alleine schultern – ein Kraftakt, den der hochverschuldete Kontinent kaum stemmen kann.
Die politischen Systeme ächzen bereits: Österreichs FPÖ befindet sich im Höhenflug, Frankreich ist kaum mehr regierbar, Großbritannien befindet sich im Premierminister-Karussell. Die Wähler rebellieren zu Recht gegen eine Elite, die ihre Interessen ignoriert. Der Ausweg? Europa muss endlich seine wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund stellen und zu seiner Rolle als “Zivilmacht” zurückfinden. Dänemark hat bereits grünes Licht für die Erhaltung der verbliebenen Nord-Stream-Pipeline gegeben – ein erster Schritt zur Normalisierung der Beziehungen mit Russland.
Die Zeit drängt. Ohne schnelles Umsteuern droht Europa der dauerhafte Abstieg zur zweitklassigen Wirtschaftsmacht ohne relevanten Einfluss auf die Weltpolitik, wie auch Professor William J. Jones in einer Analyse anmerkt. Geopolitisch spielen die Europäer ohnehin nur mehr eine untergeordnete Rolle und werden als vernachlässigbares Anhängsel der Vereinigten Staaten betrachtet. Die Frage ist nur: Wer zieht endlich die Notbremse? Wer tritt endlich für die eigenen, nationalen Interessen ein?