Das europäische grüne Parteienbündnis fordert die US-Präsidentschaftskandidatin Jill Stein zum Rückzug auf – ein Ansinnen, das sowohl rechtlich unmöglich als auch politisch brisant erscheint. Für die Amerikaner ist das eine unzulässige ausländische Wahleinmischung.
Die Europäischen Grünen haben sich in einem ungewöhnlichen Schritt der Kampagne der US-Demokraten gegen die Präsidentschaftskandidatin der US-Grünen angeschlossen. Sie drängen Jill Stein, ihre Kandidatur zugunsten von Vizepräsidentin Kamala Harris aufzugeben. Ihre Begründung: Die Gefahr einer erneuten Präsidentschaft Donald Trumps sei zu groß.
Die Intervention wirft jedoch mehrere Fragen auf. Zunächst die praktische: Steins Name steht bereits auf den Wahlzetteln – ein Rückzug wäre (wie im Falle Kennedys) zum jetzigen Zeitpunkt technisch nicht mehr umsetzbar. Noch interessanter ist der politische Kontext: Die US-Grünen wurden bereits vor einiger Zeit aus dem globalen Netzwerk der Grünen Parteien ausgeschlossen – hauptsächlich wegen fundamentaler Meinungsverschiedenheiten in der Russland- und Ukraine-Politik.
Die Demokraten, die Steins Umfragewerte von etwa einem Prozent nervös beobachten, haben erstmals in ihrer Geschichte eine Negativkampagne gegen eine Drittpartei-Kandidatin gestartet. In Swing States warnen Plakatwände: „Jill Stein hat Trump schon einmal geholfen. Lassen Sie es nicht wieder zu.“ Diese Strategie erinnert an 2016, als Steins Stimmen in einigen umkämpften Bundesstaaten tatsächlich Trumps Siegesmarge übertrafen.
Stein selbst bleibt unnachgiebig. Sie kritisiert die Demokraten als konzernhörig und ruft die Wähler auf, für das „größere Gute“ zu stimmen, statt sich dem „kleineren Übel“ zu beugen. Bemerkenswert ist dabei die wachsende Unterstützung durch arabisch-amerikanische und muslimische Gruppen, die damit ihren Protest gegen die Außenpolitik der Biden-Harris-Administration zum Ausdruck bringen wollen.
Die Situation offenbart eine tiefe Kluft im linken, „progressiven“ Lager der USA. Während die Europäischen Grünen argumentieren, dass Harris als verlässliche Partnerin für Klimaschutz und eine nachhaltige Friedenspolitik im Nahen Osten unerlässlich sei, sieht Stein in ihrer Kandidatur eine notwendige Alternative zum etablierten Zweiparteiensystem. „Ich spreche nicht davon, einzelne Kandidaten zu besiegen“, erklärt Stein, zeigt aber Verständnis für Gemeinschaften, die sich von der aktuellen Administration im Stich gelassen fühlen: „Ich verstehe vollkommen, warum sie jetzt deutlich machen wollen, dass solche Politik Konsequenzen hat.“
Diese transatlantische Kontroverse zeigt die globalen Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahl 2024 auf und wirft gleichzeitig Fragen nach den Grenzen ausländischer Einflussnahme auf demokratische Prozesse auf. Andererseits darf man auch nicht vergessen, dass die US-amerikanische Einflussnahme auf die Politik im Ausland (auch in Europa) nicht unterschätzt werden darf.