In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) hat der sozialdemokratische dänische Integrationsminister Mattias Tesfaye, selbst Sohn eines äthiopischen Flüchtlings, die zunehmend rigide Asylpolitik seines Landes begründet und näher erläutert. In einer – aus deutscher Sicht beneidenswerten – Klarsichtigkeit analysiert er dabei die katastrophalen Folgen der derzeitigen europäischen Migrationspolitik.
Tesfaye stellt klar, dass das „Null-Ziel“ der dänischen Regierung nicht Flüchtlinge, sondern Asylsuchende betreffe. Er wisse jedoch, „dass die deutsche Presse so tut, als wäre das dasselbe, aber es ist nicht dasselbe.“ Dänemark strebe „ein internationales Asylsystem an, in dem den Leuten in der Nähe von Konfliktgebieten geholfen wird.“ Tesfaye erklärt, „geschockt über die vielen Asylbewerber, die [2015] nach Dänemark, Schweden, Deutschland oder Österreich kamen“ gewesen zu sein.
Wenn die Migration, wie in Dänemark seit den 1980er Jahren, außer Kontrolle geraten sei, zahlten „Schlechtverdiener und schlecht gebildete Leute den höchsten Preis für eine Integration, die nicht funktioniert.“ Es seien „nicht die reichen Quartiere, die am meisten Kinder integrieren müssen. Vielmehr müssen Gebiete, in denen die klassischen sozialdemokratischen Wähler und Gewerkschafter leben, mit den größten Problemen umgehen.“
Es gebe „keinen Zusammenhang zwischen den Asylbewerberzahlen in Europa und den schutzbedürftigen Flüchtlingen auf der Welt. Wenn wir Flüchtlingen helfen wollen, müssen wir sie im Rahmen von Uno-Programmen in Europa und in Dänemark ansiedeln, und wir müssen sehr viel mehr Geld in internationale Programme investieren. Das heutige Asylsystem ist Teil des Problems, nicht der Lösung.“
Weiter erklärte der Minister, die Hälfte der Asylbewerber in Europa sei in keiner Weise schutzbedürftig, und es seien mehrheitlich junge Männer, die kämen. Wenn sie abgelehnt werden, verursache das „einen Haufen Probleme und Kosten“. Jedes Mal, wenn jemand das Asylrecht beantragt, sei dies ein neuer Teil des Problems. Flüchtlinge sollten daher strikt nach humanitären Kriterien ausgewählt werden.
Dänemark könne diese Politik betreiben, weil es „einige Punkte der europäischen Gesetzgebung ausgeklammert“ habe. Dadurch sei es möglich, Asylanträge in Drittstaaten zu prüfen. Seinen europäischen Kollegen empfiehlt er, diesem Beispiel zu folgen.
Mangelnde Integrationsbereitschaft bei Muslimen
Als problematischste Flüchtlingsgruppe identifiziert er, wenig überraschend, jene aus dem Nahen Osten, oder konkret: Muslime. „Wenn wir analysieren, welche Gruppen von Migranten zu einem nachhaltigen Wohlfahrtsstaat beitragen, sehen wir, dass wir keine Probleme mit Leuten aus Thailand, China oder Indien haben.“ Muslime seien zwar zum größten Teil nicht kriminell. Wichtiger sei jedoch „eine mangelnde kulturelle Integration: die Bereitschaft, demokratische Werte zu leben, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu akzeptieren oder dass eine Religion niemals über dem Gesetz steht. Oder dass Kinder und Jugendliche das Recht haben, ihre Religion nach eigenem Gutdünken zu leben, und dass sie heiraten können, wen immer sie wollen.“
Zudem gebe es ein beispielloses Ausmaß an Antisemitismus. Seine Regierung plane ein Gesetz, das muslimische Geistliche verpflichten solle, ausschließlich in dänischer Sprache zu predigen, um Hetze gegen Juden oder Homosexuelle frühzeitig zu erkennen. „Antidemokratische Prediger“ würden schon seit Jahren an der Einreise gehindert.
Tesfaye äußert sogar Verständnis für die Diskussion über ein Verbot der Errichtung von Minaretten: „Ich kann absolut verstehen, dass wir diese Diskussion in Europa führen. Wir müssen einen Weg finden, damit unsere Bürger ihre Religion leben können, auch den Islam. Aber niemand soll Religion dazu missbrauchen, um unsere Gesellschaft zu verändern. Diese Diskussionen über Minarette, Gebetsrufe, Schweinefleisch in öffentlichen Institutionen und so weiter drehen sich um die gleiche Frage: Wie können Muslime ihre Religion leben, ohne mit der umliegenden Gesellschaft in Konflikt zu geraten? Ich bin optimistisch, aber nochmals: Es wird schwierig zu bewältigen, wenn jedes Jahr eine große Zahl von Migranten aus dem Mittleren Osten zu uns kommt. Dann werden wir jedes Mal von vorn beginnen müssen, unsere Kultur zu erklären.“