Wüssten unsere Vorfahren, dass medienhörige Menschen wegen heutiger Temperaturen unter „Sommerangst“ leiden, so würden sie sich wohl im Grabe herumdrehen. Energieexperte Dr. Martin Steiner gab in einem informativen Kurzvortrag im Rahmen eines Steyrer Spaziergangs Einblicke in die Klima-Geschichte Deutschlands: Wetterinformationen aus den Jahren 1668 bis 1888, die einer Kirchenchronik aus einer Stadt in Sachsen-Anhalt zu entnehmen sind, beleuchten, wie verheerend die Kleine Eiszeit für die Bevölkerung war. Damals erlebten die Menschen eine echte Klimakatastrophe.
Sehen Sie hier das Video von Dr. Martin Steiner oder lesen Sie nachfolgend seinen Gastbeitrag:
Am 2. Juni 2024 war ich eingeladen, anlässlich des Steyr-Spaziergangs in einem Kurzvortrag einen Rückblick zu halten in unsere unmittelbare Klima-Zeitgeschichte. Ganz konkret durfte ich die Wetter- und Klima-Geschehnisse von 1668 bis 1888 in Mitteleuropa beleuchten und einen Rückblick (und Einblick) in die Zeit der letzten (wirklichen) Klimakatastrophe geben.
Historische Klimadaten von 1668 bis 1888 in Deutschland
Die Vorgeschichte: Ein Mitglied unserer Wissenschaftlergruppe ICR (Independent Climate Research) – Herr Dr. Klaus Retzlaff – wurde in seiner Heimatstadt Cochstedt von einem 89-jährigen Herren angesprochen. Sein Vater hatte sich sehr für das Wetter seiner Heimatstadt interessiert und die Kirchenchronik nach Wetteraufzeichnungen durchforstet. Alle wichtigen Wetteraufzeichnungen zwischen 1668 und 1888 hat der Vater des 89-jährigen Herrn auf 18 Seiten zusammengefasst. Dr. Klaus Retzlaff hatte versprochen, dass diese Aufzeichnungen ausgewertet und den Menschen zur Verfügung gestellt werden – wozu wir als ICR uns auch verpflichtet sehen.
Diese 18 Seiten geben einen sehr beeindruckenden Einblick in das Leben der Menschen, die wetter- und klimabedingten Gefahren und deren Lebensumstände. Das Lesen dieser 18 Seiten ist manchmal so, als wenn man mit einer Zeitmaschine zurückgehen könnte, um einen Einblick in die Lebensumstände der Menschen in Mitteleuropa zu erhalten. Einblicke aus der letzten Kleinen Eiszeit – der letzten wirklichen Klimakatastrophe auf unserem Planeten.
Sichtung von Kirchenchronik beleuchtet Katastrophenwinter
Exemplarisch werden in diesem Kurzvortrag nur zwei der 18 Seiten dargelegt und erläutert, beginnend mit den Notizen 1705 bis 1709:
- 1705: Der Mai war ungewöhnlich kalt, 25. und 26. Mai viel dichter Schnee auf belaubten Bäumen
- ein Jahr später – 1706: Heißer und trockener Vorsommer, durch die Flüsse konnte man zu Fuß gehen
Und dann kam der Katastrophenwinter von 1709:
- „Der Große Winter, der 4 Monate anhielt, und seinesgleichen seit 1608 nicht gehabt hat. Es hat dieser Winter in ganz Europa unsäglichen Schaden getan“
An dieser Stelle haben wir historische Fakten dazu analysiert (Quellen: https://malevus.com/great-frost-of-1709/):
- Berlin verzeichnete -29,4 °C, das Umland sank auf -35 °C und der Monatsdurchschnitt lag bei -13,2 °C, wobei mehrere Tage unter -20 °C lagen.
- Alle europäischen Seen und Flüsse froren zu.
- Schwere Karren überquerten den Gardasee, was ein einzigartiges historisches Ereignis war, genau wie in der Lagune von Venedig.
- Schiffe blieben in den eisigen Mittelmeerhäfen von Genua und Marseille stecken.
- In Rom schneite es zwischen dem 6. und 24. Januar 13-Mal, in der Po-Ebene fielen 1,5 Meter Schnee. Es wurden außergewöhnlich niedrige Temperaturen gemessen.
- In Venedig herrschten -17,5 °C mit starken böigen Fall-Winden (Bora-Wind).
- Pflanzen konnten nicht überleben.
- Olivenbäume, andere Obstbäume und sogar ganze Wälder starben ab.
- In der Emilia-Romagna traf es Apfel-, Pflaumen-, Walnuss- und Kirschbäume,
- Auch 1710 strenger Winter, innerhalb von zwei Jahren starben allein in Frankreich 630.000 Menschen an der Hungersnot, die durch den Großen Frost von 1709 verursacht wurde. Das entspricht heute 1.800.000 Todesfällen. Allein in Paris verschwanden 51.700 Menschen.
- Es war die frostigste Phase der letzten 10.000 Jahre
- Hochdruck über Skandinavien 1708/1709
- Berlin 10.1.1709: -30° Celsius,
- Feuerholz schnell aufgebracht,
- Familien erfroren in ihren Wohnungen,
- Menschen und Tiere verloren Gliedmaßen, Ohren, Nasen, Hände, Füße oder lagen erfroren im Wald und auf der Straße,
- Die Gesichtshaut riss auf.
- Wölfe überfielen zunächst Nutzvieh, dann Menschen
- Reisende erfroren und erstarrten auf der Reise zu Eis,
- Menschen brachen auf den Straßen zusammen.
- Der Weg zum Plumpsklo war ein tödliches Risiko,
- Vögel fielen erfroren vom Himmel,
- Brot musste mit einem Beil geteilt werden.
- Selbst in den tiefsten Kellern gefror alles, Bier, Wein, Essig.
- Der Frost sprengte Bäume unter einem lauten Knall.
- Der Große Frost von 1709 war Teil der Kleinen Eiszeit, die von 1300 bis 1900 dauerte und sieben große Winterepisoden umfasste.
Das IPCC hatte im Sachstandbericht 1990 noch auf die dramatischen Temperaturen der letzten Kleinen Eiszeit hingewiesen – im Bericht 2001 war die letzte kleine Eiszeit plötzlich nahezu „verschwunden“ und der „Hockey Stick“ trat in Erscheinung. Sehen Sie selbst:
Auch 100 Jahre später: Große Schäden durch Kälte
An dieser Stelle mache ich jetzt einen Zeitsprung von fast 100 Jahren – und wir sehen uns den Zeitraum 1800 bis 1803 genauer an:
Der Chronist berichtet:
- 1800: Heftige Winterkälte, tiefer Schnee, Mäuseplage, Dürre, großer Wassermangel, Bäume vertrockneten, die Mühlen standen 2 Monate still, am 21. Juni „Nachtfrost, welcher großen Schaden tut“.
- 1802: März kalt, Mai kalt und Nachtfröste, Sommer trocken und heiß
- 1803: Mitte Mai schadet der Frost sehr, im Sommer wurden bei der großen Hitze viele Leute auf dem Felde ohnmächtig gefunden
… und dies alles vor den nächsten Katastrophenwintern 1805 und 1806!
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle sehr empfehlen, sich selbst ein Bild des Wetter- und Klimageschehens aus dieser Zeit zu machen – die 18 Seiten des Chronisten stehen in der Videobeschreibung des Videos „V53 Sensationsfund! 220 Jahre Klima in Deutschland – Teil 2“ zur Verfügung: https://youtu.be/Hy0-1m-vmwc
Zusammenfassend zu dieser kurzen Zeitreise in die letzte Kleine Eiszeit ist zu sagen:
- Die heute verwendeten Temperatur-Messungen begannen in der kältesten Periode der letzten 10.000 Jahre, also um das Jahr 1850 herum.
- Jetzt kommen wir gerade aus dieser sehr kalten Zeit wieder heraus – zum Glück.
- Die Kleine Eiszeit von ca. 1300 bis 1900 hatte ihren Tiefpunkt um 1700 bis 1850.
- Die kalten Winter waren dramatisch für das Leben und Überleben von Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Menschen in Europa fürchteten sich regelmäßig vor dem Winter. Sie waren zum Teil vom Winter traumatisiert – das beweisen die Aufzeichnungen.
- Es war in der Vergangenheit beweisbar wärmer, Stichwort Pasterze, Baumreste über der heutigen Baumgrenze. Für eine höhere Baumgrenze ist es heute noch zu kalt.
- Die Klimakatastrophen der Vergangenheit waren immer die Eiszeiten – zuletzt die Kleine Eiszeit 1600-1850 – nie die Warmzeit, auch heute nicht.
- Wir können froh sein, dass diese Kälte gegenwärtig nicht mehr in dieser Weise herrscht, aber sie wird irgendwann – und zwar in gar nicht ferner Zukunft – zurückkehren! Und das ist ganz sicher so, denn das Klima unterliegt den Klimazyklen.
Und wenn wir uns diese 220 Jahre Klimageschichte (1668 – 1888, 18 Seiten Zusammenfassung des Chronisten) ansehen und jetzt 2024 über eine angebliche „Klimakatastrophe“ reden, wenn es seit 1850 durchschnittlich um 1 °C bis 1,5 °C wärmer geworden ist, kommt diese Frage auf:
Unter was leiden wir Menschen denn dann wirklich? Leiden wir unter Klima-Gedächtnisverlust? Also unter Klima-Amnesie? Oder leiden wir unter kollektiver Blödheit aufgrund von Manipulation und Indoktrination? Oder leiden wir unter wohlstandsverwahrloster Dekadenz?
Dr. Martin J.F. Steiner