Der ungarische Premierminister Viktor Orban reiste nach Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft bereits nach Kiew und Moskau, um mit den Präsidenten beider Kriegsparteien zu sprechen. Er tat damit binnen einer Woche mehr für den Frieden als die EU-Führung seit Kriegsausbruch, denn ein Waffenstillstand und ein Ende des Sterbens sind nur durch Diplomatie möglich. Wer den Krieg verlängert, wirkt an der Auslöschung einer ganzen ukrainischen Generation mit.
Gastkommentar – zuerst erschienen bei Gazette Österreich:
Innerhalb der ersten Woche seiner EU-Ratspräsidentschaft hatte der ungarische Premier Viktor Orban bereits gewichtige Maßnahmen gesetzt. Der Vollständigkeit halber sollte man allerdings ergänzen, daß er diese Schritte als ungarischer Ministerpräsident setzte, und sich dabei nicht auf seine für ein halbes Jahr übertragene Funktion als EU-Ratsvorsitzender berief.
Er reiste nach Kiew, besprach sich dort mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und tauchte im Anschluß in Moskau auf, um sich dort mit Wladimir Putin zu besprechen. Unschwer zu erkennen, ging es um den Ukraine-Konflikt. Orban hat in wenigen Tagen das nachgeholt, was die EU-Führung seit Februar 2022 hätte tun sollen: Diplomatische Kanäle hergestellt, um irgendwann einmal – hoffentlich bald – in Gespräche über zumindest einen Waffenstillstand eintreten zu können. Denn das ist naturgemäß die Basis für einen künftigen Frieden.
Bei den Befürwortern der Fortführung und Intensivierung des Kriegs löste Orban damit helle Empörung aus. Dort vertritt man unsinnigerweise die Ansicht, daß man einerseits einen Frieden und seine Bedingungen ohne Russland verhandeln kann. Doch so funktioniert das Beilegen eines militärischen Konflikts in der Praxis nicht, es sei denn, eine der beiden Parteien vernichtet die andere Kriegspartei. Und dieses Szenario sollte man nicht einmal im Traum zulassen, weil es zu unrealistisch und gleichzeitig viel zu gefährlich ist.
Es muß kurz- und mittelfristig darum gehen, den beiden Parteien eine Möglichkeit zu bieten, sich aus dem Kriegszustand zu verabschieden, dabei das Gesicht zu wahren und eine Sicherheitsarchitektur zu entwerfen, mit der beide Seiten leben können, ohne sich in irgendeiner Weise durch den anderen bedroht oder hintergangen zu fühlen. Das wird schwierig genug. Aber der wichtigste Punkt muß einmal sein, die Waffen zum Schweigen zu bringen und damit das sinnlose Sterben zu beenden.
Erschwert wird diese zutiefst humanistische und anständige Vorgangsweise durch all jene Kräfte, die aus dem Töten ihren Nutzen ziehen. – Egal ob direkt oder indirekt. Und diese Kräfte sind bemüht, möglichst viele Falschmeldungen über die Vorgänge an der Front, über Erfolge, über Heldenmut und Heldentaten zu verbreiten. Da wird schon einmal von militärischen Erfolgen berichtet, die schlicht und ergreifend erlogen sind.
Österreich und Deutschland sollten spätestens bei martialischen Durchhalteparolen, bei Propaganda, die den „Feind“ entmenschlicht und das Töten als moralisch hochstehenden Akt darstellt, gut nachdenken, unbedingt das „kollektive Gedächtnis“ bemühen. Und man sollte bedenken, ob es die besonders anständigen politischen Vertreter sind, die unzählige, Tausende, zig Tausende, Hunderttausende junge Menschen in den Krieg, in die Schlachten, in den Tod schicken.
Süß soll er sein, der Heldentod… Er ist es nicht! Im Normalfall ist es ein elendes Verrecken, ein übles schmerzhaftes Dahingehen voller Angst. Es hat nichts Edles, nichts Schönes an sich, wenn sich ein junger Mensch in seinen letzten Momenten einnäßt und „anscheißt“, wenn er seine Innereien in den Händen hält… Nur wenige haben das „Glück“ bspw. durch einen Artillerie-Volltreffer im Zeitraum eines Wimpernschlags ausgelöscht zu werden.
Derzeit wird eine ganze ukrainische Generation ausgelöscht und zig Tausenden eine Zukunft als Kriegsinvalide bereitet.
Zeiten des Krieges brauchen Helden. Und die größten Helden und wahren Sieger werden all jene sein, die das Morden, das Sterben, das Zerstören beenden und die Perspektive für Frieden, für Sicherheit und Leben wiederherstellen. Wer den Krieg verlängert und vorgibt, daß es nur einen „gerechten Frieden“ geben darf, ist entweder ein vom Zynismus zerfressener Lügner oder ein dummer bösartiger Idiot, dem man keine Macht geben darf.
Diese Welt braucht mehr Helden der ersten Sorte. Lügner und Idioten hat sie zur Genüge.