Die Freiheit, die er meint: Drosten für “Rede des Jahres 2025” ausgezeichnet

Symbolbild: KI

Sie hängen sich wieder gegenseitig Preise um: Hier eine Ehrung für Angela Merkel für ihre Arbeit für Corona, dort eine Auszeichnung für Christian Drosten für eine Rede zur vermeintlichen Wissenschaftsfreiheit. Ausgerechnet der Drosten, der schon in der Vergangenheit forderte, dass nur mehr selektierte “Experten” gehört werden sollten, spricht von Freiheit? Nur keine falschen Hoffnungen: Tatsächlich ging es in der gekürten Rede um “Unsere Demokratie” und “Unsere Freiheit” – also die der selbsternannten Obrigkeit.

Ein Kommentar von Vanessa Renner

Um den Preis “Rede des Jahres” vollumfänglich einordnen zu können, benötigen Sie eigentlich nur eine einzige Information: Im Jahr 2023 ging dieser Preis des Seminars für Allgemeine Rhetorik an der Uni Tübingen an niemand anderen als Robert Habeck. Damit ist im Kern alles gesagt. Auch Gregor Gysi und Angela Merkel wurden schon mit dem Preis bedacht. In einer Reihe mit diesen Personalien genannt zu werden, könnte manchen Redner beschämt zusammenzucken lassen. Dass das bei Christian Drosten der Fall ist, ist jedoch unwahrscheinlich. Der bewarb seinen Preis selig auf X und sperrte die Kommentare. Warum eigentlich?

Der Blick auf die Rede, die im Jahr 2025 “einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Redekultur” geleistet haben soll, lohnt sich durchaus. Seine Ansprache mit dem Titel “Wissenschaft ist Freiheit und Pflicht” hielt Christian Drosten im Mai bei einem Festakt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Sie ist auf der DIW-Website im Wortlaut nachzulesen.

Drosten führte darin aus, dass die “Erschütterung der Pandemie” für heutige Probleme mitverantwortlich sei: “Sie hat manchen Kräften die Gelegenheit geboten, ihre schon bestehende Erzählung noch breiter anzulegen – die Chance geliefert, eine verwirrte und verwundete Gesellschaft mit vordergründig plausiblen Auslegungen in die Irre zu führen.”

Sie erkennen die Schlagrichtung: die gute, alte “Desinformation” (gern in einem Atemzug mit den allzu “einfachen Lösungen” der politischen Opposition genannt). Den Menschen würde der Kopf rauchen und die Gedanken schwirren, so Drosten. Die Gesellschaft verliere ihre Vernunft. Schuldig sei ein Verlust der Orientierung an Fakten, vermittelt durch Politiker, die “nach Gefälligkeit argumentieren”. Ganz dünnes Eis für “Experten”, die in vermeintlichen Krisensituationen wegen ihrer politisch gewünschten “Experteneinschätzungen” beliebig aus dem Hut gezaubert werden können, sollte man meinen. Aber um die geht’s Drosten natürlich nicht.

Drosten beklagt fehlenden Respekt vor Spezialisten

Er bemängelt einen Verlust des Gefühls für Realität. Also faktisch das, was all die Corona-Modellierer so wacker an den Tag gelegt haben: Natürlich sind die Intensivstationen nicht überlastet, aber ich habe mir die Krise herbeimodelliert und so bleiben wir eben auch im Krisenmodus! Das ist Realitätsverlust. Dafür steht “die Wissenschaft”. So viel Selbsterkenntnis braucht man von Verantwortlichen aber gemeinhin nicht zu erwarten. Und so folgte in der Rede auch sogleich die Umdeutung:

Eine scheinbar direkte Verfügbarkeit von Informationen – freilich ohne Qualitätsüberprüfung – und die Verwechslung von Alltagsverstand mit methodischer Kompetenz werden immer zur Gewohnheit für diejenigen, die ihre Informationen zu großen Teilen aus sozialen Medien beziehen. All dies gipfelt in der Auffassung, dass jeder die Macht und die Kraft hat, zu eigenen Schlüssen über die Welt zu gelangen, ohne jeglichen Respekt vor Spezialisten – *do your own research*, und schlimmer noch, diese Schlüsse ohne journalistische Prinzipien zu verbreiten – *you are the media*.

Wo kommen wir denn da hin, wenn das dumme Volk dem erlauchten “Experten” nicht mehr glaubt und selbst eine Suchmaschine bedient – womöglich noch, um dabei zutage beförderte Artikel dann auf X zu sharen! “Hierdurch verlieren wir nicht nur die Achtung vor Anderen, sondern auch vor den Institutionen des Staates und der Gesellschaft”, so Drosten.

Corona-Aufarbeitung als Umdeutung der Geschichte?

Warum verlieren die Menschen die Achtung? Vielleicht wegen solcher Behauptungen: “Was der Gesellschaft fehlt, ist aber nicht ‘die Wissenschaft’. Sie ist präsent in unseren Autos und iPhones, sie ist das Aushängeschild von politischen Regionen – wie auch hier in Berlin – und sie hat uns, gerade vor kurzem erst, vor noch längeren Jahren der pandemischen Entbehrungen bewahrt.” Bewahrt? Ist diese bewahrende, hütende, errettende Wissenschaft gerade mit uns im Raum?

Anschließend spricht Drosten zwar von der Notwendigkeit, Irrtümer einzugestehen, und deutet an, dass diese Irrtümer sich auch ohne Rücksicht auf politische Zielsetzungen herausstellen würden. Doch erwarten Sie lieber keine Corona-Eingeständnisse: “In Talkshows, manchen anderen Medien und zunehmend in politischen Kommissionen können wir heute live miterleben, wie das Wegfallen des pandemischen Handlungsdrucks im Nachhinein dazu genutzt wird, einen ganzen Abschnitt der jüngsten Geschichte umzudeuten und ganz verdreht noch einmal zu erzählen – so weit sind wir vom Faktischen inzwischen entfernt”, moniert der einstige Corona-Papst. Die Corona-Aufarbeitung, in deren Fokus er selbst immer wieder unbequemerweise steht, ist also offenbar eine Verdrehung und Umdeutung der Geschichte?

Politik soll ihre Wissenschaft noch besser schützen

Die Gesellschaft habe die wissenschaftliche Tätigkeit immer mit höchstem Respekt betrachtet, befindet Drosten nach einem Appell, dass Vertreter “der Wissenschaft” sich nicht aus dem Diskurs heraushalten dürften. “Niemand weiß derzeit, wie lange dieser Respekt noch bestehen bleibt.” Bar jeder Selbsterkenntnis bemängelt er dann vermeintliche Wissenschaftsfeindlichkeit in den USA (also dort, wo unter Trump endlich der von “der Wissenschaft” hochgehaltene Klima-Hoax demontiert wird). Den Vogel schießt er ab, als er mit den Dreißigern in Deutschland anfängt und postuliert: “Wir alle innerhalb der Wissenschaft sollten nicht glauben, dass sich solche Dinge in ihren Grundzügen nicht wiederholen können.” Nun, die Bürger sahen und sehen die Zeichen bereits. Aber die Bürger sollen ja nur den “Experten” glauben, statt sich des eigenen Verstandes zu bedienen.

Drosten plädiert in seiner Rede für “starke wissenschaftliche Institutionen”, damit man nicht “in den Strudel des öffentlichen Meinungsmarktes” gerate. “Die Wissenschaft braucht Schutz und Anerkennung durch politische Leitfiguren, um Rückzugsreflexe in schweren Zeiten zu verhindern”, so Drosten. Heißt was? Die Politik soll “ihre” Wissenschaftler also nicht nur weiter fördern (und somit schlussendlich steuern), sondern gefälligst auch vor Kritik schützen? Ein Schelm, wer denkt, dass da jemand wegen der ohnehin massiv blockierten Corona-Aufarbeitung beleidigt sein könnte.

Wer einen wertvollen Beitrag zur Wissenschaftsfreiheit hören will, befragt vielleicht lieber jene Wissenschaftler, die nicht als Tütenkasper der Politik fungieren – also jene tatsächlichen Spezialisten, die auch Erkenntnisse publizieren, die nicht gefällig sind, für die man keine Preise von anderen Systemlingen umgehängt bekommt und für die man gar “gecancelt”, rausgeschmissen, diffamiert und öffentlich an den Pranger gestellt wird. Diese Menschen wissen um die Bedeutung dieser Freiheit. Die Vertreter der einen (bestellten) Wissenschaft dagegen, die sich bereitwillig über die Bürger erhoben und ihre Entrechtung unterstützt haben, haben ihren Respekt im Volk naturgemäß verspielt – lustige Auszeichnungen werden daran auch nichts mehr ändern.

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