Der Spion an der Decke: Vonovia drängt Mietern Schnüffel-Rauchmelder auf – und erhöht Mieten

Möchte man vielleicht bald auch noch Kameras in den Wohnungen installieren? - Symbolbild: R24 / KI

Als ganz tolle neue technische Errungenschaft verkauft Wohnungskonzern Vonovia den hochmodernen „Multisensor Plus“-Rauchmelder: Der warnt nicht nur bei Rauchentwicklung, sondern analysiert auch das Raumklima – und somit das Heiz- und Lüftverhalten der Mieter. Nie war es leichter, „Heizsünder“ zu identifizieren oder bei etwaigen Feuchtigkeitsproblemen alle Schuld auf den Mieter abzuwälzen – ein bezeichnender Vorstoß inmitten einer anhaltenden Energiepreiskrise. Das Tüpfelchen auf dem i: Die Mieter sollen für ihre eigene Überwachung auch noch mehr Miete zahlen!

Der neue Rauchwarnmelder verbessere nicht nur die Sicherheit der Mieter, sondern biete „auch viele Komfortfunktionen für ein besseres Raumklima“: So verkauft Vonovia die Umrüstung auf den „Multisensor Plus“-Rauchmelder. So sieht die Aufschlüsselung der Funktionen der Geräte auf der Vonovia-Website aus:

Screenshot: Quelle vonovia.de

Insbesondere die „Lüftungsempfehlungen“ und das „Raumklima-Monitoring“ können zu denken geben. Die vom Rauchmelder stündlich erhobenen Daten landen beim Hersteller und werden dann in dessen Cloud gespeichert. Die „Mein Vonovia“-App des Wohnungskonzerns wiederum verarbeitet die Daten und gibt dann „Empfehlungen“ zum Lüften, Heizen und Energiesparen. Zwar betont man, dass dem in der App zugestimmt werden müsse und die Einwilligung zur Datenverarbeitung zurückgezogen werden könne. Aber wie so oft muss man sich fragen: Wie sicher kann man sein, dass nicht doch Daten dort landen, wo man sie nicht haben möchte? Die Fernwartung weist bereits darauf hin, dass jederzeit auf den Rauchmelder und seine Daten zugegriffen werden kann. Dass Menschen bei der App-Nutzung die Datenschutzverordnung durchlesen, statt einfach unbedarft auf „Akzeptieren und weiter“ zu klicken, ist ohnehin fraglich.

Ein Produkt ganz im Sinne der Vermieter und Konzerne

Was als Funktion zugunsten der Mieter verkauft wird, liefert gerade angesichts der anhaltend hohen Energiepreise und den finanziellen Problemen sehr vieler Bürger Sprengstoff. In einem Staat, der zunehmend auf die Gängelung der Bürger setzt, ist jede Maßnahme, die auf deren Überwachung abzielt, kritisch zu betrachten. So könnten solche Rauchmelder bei jeder neuen oder andauernden Energiekrise nicht nur zuverlässig „Heizsünder“ identifizieren: Auch Schimmel ist ein häufiges Problem in Wohnungen – selbst wenn er in Wahrheit durch Baumängel verursacht wird, ist die erste Reaktion der meisten Vermieter, den Mietern falsches Lüft- und Heizverhalten vorzuwerfen, um Kosten für Sanierungen auf sie abzuwälzen. Kann ein Vermieter nun Raumklima-Daten vorlegen, die womöglich auf Fehlverhalten des Mieters hinweisen, könnte das als „Beweis“ ausreichen, dass der Mieter den Schimmel verursacht hat und zahlen muss.

Dabei ist jedoch fragwürdig, wie zuverlässig die erhobenen Daten sind. Laut der Datenschutzerklärung Vonovias messen die Geräte alle zwei Minuten und bilden dann stündliche Durchschnittswerte. Bei misstrauischen Menschen könnten beim Besuch der Herstellerwebsite die Alarmglocken schrillen: Man richtet sein Angebot nämlich ganz gezielt an Vermieter und Verwalter. Techem bezeichnet sich als „führender Energiedienstleister für die professionelle Wohnwirtschaft“. In wessen Sinne erhebt und interpretiert man also Daten? Wem sollen sie dienen? Nicht den Mietern. Reicht es da womöglich bald aus, wenn man an Herbsttagen lieber einen dicken Pulli anzieht, anstatt direkt die Heizung aufzudrehen, um später für etwaige Schimmelprobleme unklarer Genese zur Verantwortung gezogen zu werden? Fragen über Fragen.

Gegenüber dem SWR formulierte eine kritische Mieterin ihre Einschätzung: „Lüften und Heizung einstellen kann ich selbst und es ist doch im Prinzip nur eine Kontrolle, ob ich jetzt lüfte oder nicht.“ Vonovia behauptet derweil, man müsse sich um die Datensicherheit keine Sorgen machen – doch in der Darstellung des SWR widerspricht man sich selbst. So heißt es zunächst: „Nur nach Einwilligung würden die Daten aufgezeichnet und temporär lokal gespeichert.“ Wer nicht zustimme, könne den Rauchmelder in der Basisfunktion nutzen, wobei er dann dieselben Funktionen wie ein Standardrauchmelder habe, weil – und hier muss man sich wundern – „die gesammelten Daten nach 48 Stunden überschrieben werden“. Also werden Daten scheinbar sehr wohl gesammelt (kein Wunder, die entsprechenden Sensoren sind schließlich fest verbaut) und man darf sich fragen, wie vertrauenswürdig die Beteuerung einer rein „temporären und lokalen“ Speicherung ist.

Mieterhöhung: Zahlen für die eigene Überwachung

Der Gipfel dieser Maßnahme ist, dass die Mieter für ihre eigene Überwachung auch noch blechen sollen: Die Zwangsinstallation der 135 Euro teuren Rauchmelder, die die Mieter gar nicht haben wollen, führt zu einer Mieterhöhung. Rund fünf Euro mehr sollen Mieter monatlich dafür zahlen, dass man ihr Lüft- und Heizverhalten ausspionieren kann. „Es sind fünf Euro im Monat, das hält sich in Grenzen, also für meine Verhältnisse. Es gibt aber Mieter im Haus, die zählen jeden Euro und für die ist jeder Euro Grundmiete zu viel“, kommentiert ein 84-Jähriger aus Ulm gegenüber dem SWR.

Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zeigt man sich skeptisch: Eine Modernisierung, wie Vonovia behauptet, sieht man hier nicht.  „Wie Vonovia hier drauf kommen kann und das eine Mieterhöhung rechtfertigt, verstehe ich nicht, da der Austausch von Rauchwarnmeldern, anders als der erstmalige Einbau, grundsätzlich keine Modernisierung darstellt.“ Obendrein sei fraglich, ob überhaupt Daten erhoben werden dürfen, da durch die Installation „sehr stark in die Persönlichkeitsrechte jedes Mieters eingegriffen werde“.

Viele Mieter gehen auf die Barrikaden, einige ließen Installateure nicht in die Wohnung. Vonovia beruft sich derweil auf „die gesetzliche Duldungs- und Mitwirkungspflicht“, an die man Mieter auch gern mehrfach erinnere. Der wackere 84-Jährige, der die Mieterhöhung gegenüber dem SWR offen anprangerte, kündigt derweil an, vor Gericht gegen diese auf so vielen Ebenen kritische Maßnahme vorzugehen – zur Not auch vor Gericht und „wenn es sein muss bis in die letzte Instanz“.

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