Der Temin der Bundespräsidentenwahl rückt näher und näher. Es ist davon auszugehen, dass der in Teilen der Bevölkerung extrem unbeliebte Amtsinhaber mittels Briefwahl-Stimmen auch eine zweite Amtszeit absolvieren darf. Der Weg zur gültigen Kandidatur ist interessant: Zur Unterstützung gilt die digitale Bürgerkarte nicht, um Gegenkandidaturen möglichst zu erschweren. An der zutiefst undemokratischen Briefwahl selbst rüttelt niemand.
Mit großen, feuchten Augen erklären Befürworter der Briefwahl, dass man ohne diese Möglichkeit so viele Menschen von der Wahlteilnahme ausschließen würde. Das ist natürlich unwahr, denn vor der Einführung dieser nicht kontrollierbaren Methode waren Wahlen weitaus demokratischer: Für Bettlägerige gab es mobile Kommissionen, für Ortsabwesende einen oder mehrere Ersatztermine.
Briefwahl und Demokratie sind nicht vereinbar
Eine demokratische Wahl zeichnet sich dadurch aus, dass die Stimme eigenhändig und unbeeinflusst abgegeben wird. Beides ist bei einer Briefwahl nicht möglich. Niemand kann garantieren, dass die Karten nicht zentral eingesammelt und ausgefüllt werden, wie es in der Vergangenheit bereits vorkam. Niemand kann garantieren, dass eine Stimmabgabe aus eigenem Willen erfolgt und nicht jemand – auch mit vorgehaltener Waffe oder sonstiger Gewaltandrohung – dazu gezwungen wurde. Diese Argumente sind nicht zu entkräftende Fakten, sie lassen nur einen Schluss zu: Jede Wahl, die nicht persönlich und vor Zeugen stattfindet, welche die eigenhändige und unbeeinflusste Stimmabgabe bestätigen, ist nicht demokratisch, sondern eine Farce. Hinzu kommt, dass Briefwahl-Stimmen auf ihrem Weg zur Auszählung sehr viel „Pech“ und „Unglück“ haben können. Ein Jammer, wenn die „falschen“ Stimmen nie ankommen oder verloren gehen, Hauptsache den „richtigen“ Stimmen passiert nichts.
Kein Widerstand aus dem etablierten System
Jede in Österreich aktive Partei weiß über diese Problematik Bescheid. Interessanterweise gibt es weder Einwände noch Widerstände. Selbst aus der FPÖ ist uns keine aktuelle Initiative bekannt, welche die sofortige und ersatzlose Abschaffung der Briefwahl fordert. Der letzte Vorstoß dieser Art stammte vom aus dem Amt geputschten FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
Kandidatur mutwillig erschwert – zumindest aber zweierlei Maß
Wie man auf der sehr informativen Seite „bundespraesidentschaftswahl.at“ nachlesen kann, stimmten die Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, FPÖ und GRÜNEN einst dafür, dass Unterstützungserklärungen für die Kandidatur zur Präsidentschaft ausschließlich eigenhändig am Amt (oder unter notarieller Aufsicht) abgegeben werden dürfen. Das ist angesichts der oben geschilderten Umstände zwar aus der Sicht eines Demokraten korrekt und nachvollziehbar – andererseits muss man aber die Frage stellen: Weshalb soll die Kandidatur transparent und „schwierig“ sein, die Wahl selbst aber intransparent und undemokratisch?
Dabei ist auch zu beachten, dass momentan alles getan wird, um einen digitalen, gläsernen Bürger zu schaffen. Digitale-ID, Bürgerkarte, Sozialkreditsystem und am besten nur noch digitale Zahlung. Nur wenn man für das Amt als Bundespräsident kandidieren will – dann ist alles anders.