“Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein”: Systemkritik von 2002 voll bestätigt

Symbolbild: freepik / DCStudio

“In der Fortschrittsfalle”: Die kritische Analyse des Gesundheitssystems von Prof. Dr. Klaus Dörner mit diesem Titel erschien schon im Jahr 2002 im Deutschen Ärzteblatt – doch nie sorgte sie so sehr für Wirbel wie im Jahr 2021, nach Beginn der Massenimpfungen. Der Irrsinn der modernen Medizin ist nun endgültig auch im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Dabei schrieb Dörner schon 2002 über das profitorientierte Gesundheitssystem: “Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein”…

Dörner, seines Zeichens selbst Mediziner, kritisierte in seinem Kommentar einen “kategorial falschen Umgang mit Gesundheit”. Für ihn war die zunehmende Fixierung der Gesellschaft auf die Gesundheit eher kontraproduktiv – so schrieb er:

Man kann unendlich viel für seine Gesundheit tun; das hat aber nicht viel, oft sogar gar nichts damit zu tun, ob und in welchem Maß man sich als gesund empfindet – und Letzteres zählt. So kann das Paradox zustande kommen: Je mehr ich für meine Gesundheit tue, desto weniger gesund fühle ich mich. In diesem Sinne ist Gesundheit eben nicht machbar, nicht herstellbar, stellt sich vielmehr selbst her. Gesundheit gibt es nur als Zustand, in dem der Mensch vergisst, dass er gesund ist. 

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Auch das Besiegen von Krankheiten oder Präventionsprogramme könnten zur Gesundheitsverschlechterung führen – wenn es etwa zur Hypochrondrie komme, man zum Irrglauben gelange, Gesundheit sei planbar oder herstellbar oder wenn man Gesundheit zum höchsten gesellschaftlichen Wert verkläre (wodurch sie nach Dörners Ansicht faktisch vollends verhindert wird).

Gesunde werden zu Kranken definiert und behandelt

Er stützte seine These mit verschiedenen Erläuterungen. So nähmen mit wachsender Wirksamkeit von Schmerztherapie die Schmerzpatienten nicht ab, sondern zu: Schmerzen werden beispielsweise auch bei geringerer Intensität als unerträglich und ungesund wahrgenommen, und auch der Sinn von Schmerzempfindungen, die normal und natürlich sind, geht abhanden – stattdessen werde Schmerz als etwas “von anderen chemisch oder psychisch Wegzumachendes” wahrgenommen, was durch die zunehmende Institutionalisierung der Diagnostik und Therapie von Schmerzen finanzielle Begehrlichkeiten weckt. Selbiges geschehe auch im Bereich psychischer Störungen, wo der Bereich des Krankhaften immer weiter aufgebläht werde. Dörner erörterte:

Diese gefährlichen, weil devitalisierenden Verschiebungen vom Gesunden zum Kranken werden zudem durch etwas begünstigt, was man als Top-down-Prinzip des Gesundheits- und Sozialsystems in Praxis und Wissenschaft bezeichnen kann: Eine wissenschaftliche oder industrielle Innovation bei der schweren Ausprägung einer Erkrankung ist höchst segensreich; sie wird aber auch des größeren Marktes wegen bei geringerer Intensität derselben Krankheit angewandt, obwohl dies eigentlich nicht indiziert wäre (so zum Beispiel das Antibiotikum bei leichter Grippe). 

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Die moderne Medizin macht die Menschen also in Wahrheit nicht gesünder, sondern kränker: Sie nimmt ihr die Vitalität. Je mehr man sich untersuchen lasse, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, fortan als krank zu gelten. Dadurch, dass Menschen mit Behinderung ebenso wie alte Menschen mit Pflegebedarf heutzutage gewöhnlich in entsprechenden Heimen untergebracht werden, wachse mangels Erfahrung damit die Angst unter den Menschen vor Behinderung und Tod in irrealem Maße – obwohl gerade der Tod zur Lebensrealität dazugehört.

Als besonders destruktiv wirke dabei die Profitgier medizinischer Einrichtungen: Wenn Gesundheit zur Ware wird, so dürfe man sich nicht wundern,

– dass schließlich künstlich Bedürfnisse erfunden werden, die man als Wunscherfüllung für den Kunden zu befriedigen verspricht,
– dass auch sachlich nicht notwendige Spezialisierungen entstehen,
– dass noch unreife Produkte und Verfahren auf den Markt geworfen werden und
– dass die Tendenz vorhanden ist, gute Kunden lebenslang zu halten und zu „melken“, schlechte Kunden aber an die Konkurrenz weiterzureichen.

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Der wohl meistzitierte Teil von Dörners Analyse dürfte der Folgende sein:

Der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte. Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch-physikalisch als auch psychisch für von Experten therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um „gesund leben“ zu können. 

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Er wies in diesem Kontext darauf hin, dass jeder Mensch nach irgendeiner Theorie zum Kranken werden könne: Er sprach etwa aggressive Werbung für Antidepressiva und suggestive Aufklärungskampagnen an, die in den USA zu einer Vervierfachung von Depressionspatienten führten. Waren diese Menschen wohl wirklich alle unerkannt, aber behandlungsbedürftig erkrankt, bevor sie die suggestive Werbung gesehen hatten?

Ein Selbstversuch, den jeder wiederholen kann: Ich habe zwei Jahre lang aus zwei überregionalen Zeitungen alle Berichte über Forschungen zur Häufigkeit psychischer Störungen (zum Beispiel Angst, Depression, Essstörung, Süchte, Schlaflosigkeit, Traumata) gesammelt: Die Addition der Zahlen ergab, dass jeder Bundesbürger mehrfach behandlungsbedürftig ist. Die meist von bekannten Professoren stammenden Berichte versuchten in der Regel, dem Leser zunächst ein Erschrecken über den hohen Prozentsatz der jeweiligen Einzelstörungen zu suggerieren, um ihn dann wieder zu entlasten, weil es heute dagegen die zauberhaftesten Heilmethoden gäbe, fast immer in der Kombination von Psychopharmaka und Psychotherapie; denn hier verspricht die Kooperation der Konkurrenten den größten Gewinn.

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Das Gebaren des medizinischen Establishments im Zuge der sogenannten Corona-Pandemie hat vielen Bürgern die Augen geöffnet und die Missstände des so “fortschrittlichen” Gesundheitssystems für jedermann sichtbar gemacht. Dass Aspekte, die heute von einer breiten Masse scharf kritisiert werden, von Insidern schon 2002 angeprangert wurden, statt Verbesserungen aber nur weitere gravierende Verschlechterungen eintraten und das System – wie die Bürger – kränker statt gesünder wurde, muss zu denken geben. Was Dörner 2002 schrieb, trifft heute wohl mehr denn je den Nagel auf den Kopf…

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