Wer heute meint, auf der Straße für die Demokratie zu demonstrieren, muss sich fragen, wo er in den Corona-Jahren war: Hier wurden demokratische Prozesse faktisch ausgehebelt, doch wer das anprangerte, wurde als “Schwurbler” und “rechtsextremer Verschwörungstheoretiker” diffamiert. Die GGI-Initiative hat beispielhaft das Verfahren zur Einführung des Grünen Passes 2021 unter die Lupe genommen und erörtert die unlauteren Tricks, die hier zur Anwendung kamen.
(Presseaussendung GGI-Initiative)
In der Coronakrise wurden zahllose Gesetze, Verordnungen und Novellierungen verabschiedet. Die Parlamentarier wurden damit regelrecht überrollt, denn es ist schon im normalen parlamentarischen Alltag nicht einfach, sämtliche Anträge mit den dazugehörigen Hintergrundinformationen zu lesen und zu erfassen. Wenn dann noch unlautere Tricks angewandt werden, ist eine seriöse, gesetzgeberische Arbeit praktisch nicht mehr möglich. Wir haben uns diesbezüglich beispielhaft das Verfahren zur Einführung des grünen Passes [1] im Detail angesehen.
Am 3. Mai 2021 brachten die Regierungsparteien einen selbstständigen Initiativantrag ein, der lediglich eine redaktionelle Änderung im Epidemiegesetz sowie im COVID‑19-Maßnahmengesetz vorsah. Im Epidemiegesetz sollte ein Punkt in einer Überschrift entfallen und im COVID‑19-Maßnahmengesetz das Wort „denen“ durch das Wort „der“ ersetzt werden. [2] Allein durch diese Vorgehensweise war schon ersichtlich, dass es sich lediglich um einen „Platzhalter“-Antrag hielt, der in weiterer Folge umfassend ergänzt werden sollte.
Gesetzesvorlage in letzter Minute
Kurz vor der Beschlussfassung im Plenum wurde – ebenfalls durch die Regierungsparteien – ein umfangreicher Abänderungsantrag mit 34 Seiten eingebracht. Die Einbringung erfolgte am Tag der Beschlussfassung laut digitaler Signatur um 17:57 Uhr. [3] Den Abgeordneten zum Nationalrat blieb entsprechend wenig Zeit, den Abänderungsantrag zu lesen, geschweige denn, sich inhaltlich damit zu befassen. Solche Abänderungsanträge sind zwar zulässig, entsprechen aber sicher nicht dem Grundverständnis einer parlamentarischen Auseinandersetzung. Zwar ist es möglich, den Antrag zu vertagen, aber dafür ist eine Mehrheit im Plenum notwendig. Eine solche lässt sich jedoch gegen die Regierungsparteien nicht erreichen. Entsprechend scharf kritisierte der NEOS-Abgeordnete Loacker in seiner parlamentarischen Rede
„Das, was heute zur Abstimmung kommt, war gar nicht in Begutachtung, weil es ganz etwas anderes ist, und zu diesem anderen, das wir gestern um 16.08 Uhr bekommen haben, gibt es heute wieder einen Abänderungsantrag. Der Gesundheitsausschuss ist in dieser Frage gar nicht zusammengetreten.“ [4]
Kurz gesagt, eine Auseinandersetzung mit den Inhalten fand gar nicht wirklich statt. Die Parlamentarier waren genötigt, über etwas derart Weitreichendes wie die Einführung des grünen Passes abzustimmen, ohne sich vorher ein Bild machen zu können – alles unter dem Deckmantel des vermeintlichen Zeitdrucks.
Schutzmechanismen fehlen – Demokratie leidet
Echte Schutzmechanismen gegen die rechtsmissbräuchliche Verwendung von Abänderungsanträgen, die das Ziel verfolgen, eine breite, parlamentarische Debatte zu verhindern, gibt es kaum. Die parlamentarische Kontrolle, insbesondere durch die Opposition, wird durch derartige Verfahrensabläufe weitgehend verunmöglicht. Zudem ist es kaum möglich, im Vorfeld eine mediale Debatte anzustoßen, wenn nicht einmal klar ist, worum es genau geht. Solche Praktiken sind einer Demokratie nicht würdig – sie sind weder fair gegenüber dem Parlament noch gegenüber der Bevölkerung. Echte Demokratie sieht anders aus.
Quellen:
[1] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/1572
[2] Antrag 1572/A. Selbstständiger Antrag vom 03.05.2021. XXVII. GP. Abgerufen am 17. Januar 2024. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/1572/imfname_949949.pdf
[3] Antrag 1572/A. Abänderungsantrag vom 26.05.2021. AA-143 XXVII. GP. Abgerufen am 17. Januar 2024. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AA/143/imfname_979637.pdf
[4] Stenographisches Protokoll. 109. Sitzung, 26. Mai 2021 / Seite 30. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/NRSITZ/109/fnameorig_1022071.html#RU_246429