Es wäre eine technische Meisterleistung der Extraklasse. Das chinesische Flugzeug Yunxing der Firma „Space Transportation“ soll einen erfolgreichen Testflug absolviert haben. Das zur zivilen Nutzung vorgesehene Flugzeug sei ein Senkrechtstarter, der eine Reisegeschwindigkeit von Mach 4 (ca. 4.900 km/h) erreichen könne. Damit wäre ein Flug von Dubai nach Shanghai (rund 6.400 km) in unter drei Stunden, vielleicht unter zwei Stunden möglich. Ein „Jungfernflug“ soll 2027 stattfinden.
Vorweg, die Nachricht ist mit der notwendigen Vorsicht und Distanz zu genießen. Denn ohne Frage wird auch viel Propaganda verbreitet, um die kommunistische Weltmacht China besonders stark aussehen zu lassen. Ein „Jungfernflug“ ist der erste planmäßige Flug eines Flugzeugs. Somit könnte man, rein technisch betrachtet, einen Testflug nicht als solchen einordnen. Dennoch wirkt diese oft gesehene Schlagzeile etwas irreführend – ist die Maschine denn nun schon abgehoben oder nicht?
Eine weitere Schlagzeile, welche die Kollegen von Focus gewählt haben, die auch bei technischen Themen mit dem Denken oft Pech haben, lautet: „China stellt Überschalljet vor – fliegt in 60 Minuten von Shanghai nach Dubai“. Um diese Behauptung zu recherchieren, benötigt man folgende Daten: Wie schnell ist Mach 4, die Geschwindigkeit, welche das Flugzeug nach Angaben der Hersteller erreichen soll? In etwa 4.900 km/h. Wie weit ist Dubai von Shanghai entfernt? Rund 6.400 km. (In einer früheren Version gingen wir von 10.300 km aus, dies ist aber die Straßenverbindung). Das geht sich wohl nicht ganz aus – und auch zwei Stunden wären zu hinterfragen – denn man muss die Zeit für die Beschleunigung mit einrechnen. An einer zwei Stunden-Behauptung versuchte sich z. B. die „Futurezone“, hier wurde die Distanz Peking – New York (11.000 km) herangezogen. Auch das wird sich von Start bis Landung nicht ausgehen.
Das letzte, weltweit berühmte zivile Überschall-Flugzeug war die Concorde. Diese erreichte eine Geschwindigkeit von Mach 2. Heutige Langstreckenflugzeuge sind mit ca. 900 bis 1000 km/h in einer Höhe von 10 bis 12 km unterwegs.
Ein weiteres Problem stellt die Belastung an Material und Triebwerk dar. Die Geschichte der Militärflugzeuge zeigt, dass beispielsweise die russischen MiG-25 und MiG-31 zwar Mach 3 erreichten, aber nur bei sehr hohem Treibstoffverbrauch und extremen Anforderungen an die Triebwerke. So konnte diese Geschwindigkeit nur wenige Minuten durchgehalten werden. Die US-Amerikanische SR-71 Blackbird konnte hingegen längere Zeit hohe Geschwindigkeiten halten, sie flog Mach 3,2 in 24 km Höhe und dies angeblich bis zu 90 Minuten lang. Der hohe Treibstoffverbrauch ist aber auch hier dokumentiert. Die F-22 kann im Dauerbetrieb etwa Mach 1,5 aufrechterhalten. All diese Werte sind aber viel niedriger als die von den Chinesen behaupteten.
Was also ist gesichert bekannt von der „Yunxing“? Eine schwierige Frage, denn der Artikel in der South China Morning Post (hinter der Bezahlschranke) gibt nicht viel her. Der besagte Testflug soll im Oktober stattgefunden haben, ein weiterer soll im November versucht werden. Und es gibt das nachfolgend verlinkte Video.
In diesem computeranimierten Werbevideo stellte die chinesische Zeitung das Flugzeug vor. Die Landung soll wohl erfolgen wie bei Elon Musks Starship – auf einem nach unten gerichteten Raketenstrahl. Dabei muss beachtet werden, dass diese Technologie äußerst kompliziert und von präzisen Computerberechnungen abhängig ist. Elon Musks Raketen haben zahlreiche Triebwerke, die frei beweglich sind, während im chinesischen Video nur ein Strahl einer Rakete zu sehen ist. (Mit einem starren Raketentriebwerk können bekanntlich nur Amerikaner von Hand gesteuert auf dem Mond landen.)
Wir denken, es gibt viele Gründe, an der Existenz dieses Flugzeugs zu zweifeln. Für den Beweis seiner Existenz ist jedenfalls mehr nötig, als eine relativ billig gemachte Computeranimation. Wäre das Video in den USA gedreht worden, hätten wir vermutet, dass damit Investorengeld gesammelt werden soll. Denn es verspricht unter anderem auch, dass das Flugzeug zur zivilen Raumfahrt verwendet werden kann. Hier wolle man die Kosten pro Ticket drastisch reduzieren – von 450.000 US$ auf exakt 63.180 US$. So wird der CEO des Unternehmens zitiert, der diese Aussage im Jahr 2021 getätigt haben soll. Hoffentlich wird bald bekannt, ob noch ein paar Cent hinter dem Komma dazu kommen, so viel Präzision muss sein.