Ein international isolierter Putin? Der aktuelle BRICS-Gipfel in Kasan verdeutlicht, dass dem nicht so ist. Mehr noch präsentiert sich die Staatengruppe als Alternative zur US-geführten Weltordnung. Das globale Interesse ist groß. Selbst UN-Generalsekretär António Guterres flog extra zum Gipfel.
In der russischen Stadt Kasan zeigt sich ein enormer Wandel der globalen Ordnung. Was einst als loses Bündnis aufstrebender Volkswirtschaften begann, hat sich zu einer ernstzunehmenden Gegenkraft zum westlichen Einfluss entwickelt. Der dreitägige BRICS-Gipfel markiert dabei einen historischen Wendepunkt: Erstmals treffen sich die Staatschefs der erweiterten Allianz, die nun auch Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Äthiopien und Iran einschließt.
Die Symbolkraft dieses Treffens könnte kaum größer sein. Während der Westen Russland als isoliert darstellt, empfängt Wladimir Putin in Kasan eine beeindruckende Riege internationaler Führungspersönlichkeiten. Von Chinas Xi Jinping über Indiens Narendra Modi bis hin zu Südafrikas Cyril Ramaphosa – sie alle demonstrieren durch ihre Anwesenheit, dass die Realität komplexer ist als das westliche Narrativ vermuten lässt. Auch scheinen sich Xi und Modi entgegen der Unkenrufe so mancher westlicher Mainstreammedien gut zu verstehen und an einer Lösung der Grenzkonflikte zwischen China und Indien zu arbeiten.
Besonders brisant ist der Zeitpunkt des Gipfels: Inmitten des tobenden Nahostkonflikts und kurz vor den US-Wahlen positioniert sich BRICS als Alternative zur amerikanischen Weltordnung. Die Teilnahme des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas unterstreicht dabei die wachsende Rolle der Allianz in globalen Konflikten.
Der wirtschaftliche Kern der BRICS-Vision wird besonders in den Bemühungen um eine Entdollarisierung des internationalen Handels deutlich. „Die Dominanz des Dollars erlaubt es den Amerikanern, sämtliche Finanz- und Handelstransaktionen weltweit zu überwachen“, wie Le Figaro treffend analysiert. Die BRICS-Staaten arbeiten intensiv an Alternativen zum westlichen Finanzsystem – nicht aus Altruismus, sondern aus der Notwendigkeit heraus, sich gegen westliche Sanktionen zu wappnen.
Bemerkenswert ist auch das wachsende Interesse weiterer Länder an einer BRICS-Mitgliedschaft. Selbst die Türkei, NATO-Mitglied und traditioneller Partner des Westens, liebäugelt mit einem Beitritt. Dies verdeutlicht eine fundamentale Verschiebung im globalen Machtgefüge: Viele aufstrebende Länder streben nach größerer Autonomie, ohne sich dabei zwischen Ost und West entscheiden zu müssen.
Die Experten der Brookings Institution warnen zu Recht: „BRICS ist nicht die Ursache, sondern ein Indikator für eine globale Insurgenz.“ Die Organisation verkörpert die wachsende Frustration mittlerer Mächte gegenüber der westlichen Weltordnung – verstärkt durch die jüngsten Ereignisse im Gazastreifen und die als zwiespältig empfundene Haltung des Westens.
Während sich in Kasan die Konturen einer multipolaren Weltordnung abzeichnen, wird deutlich: Die BRICS-Allianz ist längst mehr als ein wirtschaftliches Zweckbündnis. Sie entwickelt sich zu einer politischen Kraft, die das Potenzial hat, die globalen Machtverhältnisse nachhaltig zu verändern. Ob dies zu einer stabileren oder volatileren Weltordnung führt, bleibt eine der Fragen unserer Zeit.