Am Sonntag wurde offenbar ein Attentat auf den ehemaligen bolivianischen Präsidenten Evo Morales verübt. Der Vorfall, bei dem Schüsse „nur Zentimeter“ an seinem Kopf vorbeigingen, markiert einen gefährlichen Höhepunkt in der zunehmend gespaltenen politischen Landschaft des südamerikanischen Landes.
Nach Angaben aus Morales‘ Umfeld zwangen zwei Fahrzeuge seinen Konvoi auf einer Autobahn zum Stillstand. Schwer bewaffnete, nicht identifizierte Männer in schwarzer Kleidung eröffneten das Feuer auf sein Fahrzeug. Aufnahmen von Morales‘ eigenem Radiosender zeigen Hubschrauber, die über dem Tatort kreisen – ein verstörendes Zeugnis der Eskalation.
Das Timing des Anschlags könnte kaum brisanter sein. Bolivien kämpft derzeit mit steigender Inflation und einer schwächelnden Gasproduktion. Straßenblockaden von Morales-Anhängern haben bereits zu erheblichen Versorgungsengpässen bei Lebensmitteln und Treibstoff geführt. Der amtierende Präsident Luis Arce wirft seinem einstigen Mentor Morales vor, das Land zu „destabilisieren“.
Die Spannungen zwischen den beiden Politikern haben sich in den vergangenen Monaten dramatisch verschärft. Morales, der von 2006 bis 2019 als erster indigener Präsident Bolivien regierte, sieht sich Ermittlungen wegen schwerer Vorwürfe ausgesetzt. Die Anschuldigungen reichen von Menschenhandel bis zu sexuellem Missbrauch Minderjähriger – Vorwürfe, die er als politisch motivierte Verleumdungskampagne bezeichnet. Andererseits ist das Land voller Rohstoffe – wie z.B. Lithium – die auch entsprechende Begehrlichkeiten wecken.
Präsident Arce reagierte auf den Vorfall mit einem vorsichtig formulierten Statement auf X: „Gewalt als politisches Mittel muss verurteilt und aufgeklärt werden.“ Andere Regierungsvertreter äußerten hingegen Zweifel an der Darstellung und spekulieren über eine mögliche Inszenierung durch Morales selbst.
Die Morales nahestehende Fraktion der gespaltenen MAS-Partei sieht in dem Anschlag den Beweis für eine „faschistische Regierung, die nicht davor zurückschreckt, das Leben des ehemaligen Präsidenten zu bedrohen“. Diese Rhetorik könnte in einem Land, das bereits von gewaltsamen Straßenkämpfen zwischen rivalisierenden politischen Gruppen erschüttert wird, weiteres Öl ins Feuer gießen.