Auf Betreiben ÖVP-naher WK: Polizei untersagt Wien-Demo mit absurden Begründungen

Symbolbild: Polizei vor Kundgebung (C) Report24.news

Die Landespolizeidirektion Wien hat auf Betreiben der Wirtschaftskammer Wien die geplante Friedenskundgebung am 30. November 2024 per Bescheid untersagt. Die Begründungen reichen von „Verdienstentgang der Wirtschaft“ bis hin zu „CO2-Alarm in den Parkgaragen“. Der Hintergrund dürfte vielmehr sein, dass in Wien die Wirtschaftskammerwahl ansteht und der ÖVP-nahe WK-Boss auch keine Kritik an der ÖVP-geführten Regierung zulassen möchte.

Mit einem Bescheid, datiert auf den 25.11., eingelangt am gestrigen Mittwoch, untersagte die Landespolizeidirektion Wien die geplante Großdemo für „Frieden und Neutralität“ sowie „Gegen die Zuckerlkoalition“ in Wien. Vorangegangen war ein Schriftverkehr, bei dem Demo-Veranstalter Hannes Brejcha mit der Argumentation der Wirtschaftskammer Wien (WKW) konfrontiert und um Stellungnahme ersucht wurde.

Die Wirtschaftskammer hatte ein ausführliches Schreiben verfasst und argumentiert, dass eine Kundgebung am ersten Adventssamstag für die Wirtschaft negative Folgen nach sich ziehen würde. Als Begründung wird Artikel 11, Absatz 2 der EMRK herangezogen, was schon dahingehend befremdlich ist, als dass dieser Artikel die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit als Grundrecht definiert. Eine Beschwerde gegen den Bescheid ist möglich, hat aber keine aufschiebende Wirkung. Somit könnte ein möglicher, grundrechtswidriger Charakter, erst lange nach dem geplanten Datum, dem 30.11., gerichtlich festgestellt werden.

Aufgrund des ersten Schreibens der Wirtschaftskammer Wien konnte die Behörde nachvollziehbar davon ausgehen, dass durch die gegenständliche Versammlung massiv in das Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit eingegriffen worden wäre.

Begründung der Untersagung, Landespolizeidirektion Wien

Marschiert werden soll trotzdem – weitere Kundgebungen angemeldet

Veranstalter Hannes Brejcha äußerte sich gegenüber Report24 dahingehend, dass man nicht verhindern könne, dass aus allen Bundesländern Menschen zu dieser Kundgebung anreisen. Sie werden dann eben unkontrolliert und ohne offiziellen Veranstalter quer durch Wien marschieren, so wie es zur Zeit der ebenso untersagten und aufgelösten Corona-Demos stattgefunden hat.

Haarsträubende Begründung und Aussetzung eines Grundrechts „zugunsten der Wirtschaft“

Zunächst muss hinterfragt werden, weshalb sich die Wirtschaftskammer überhaupt zu einer Kundgebung äußert und wie es dazu kam. Üblich ist es nämlich nicht, dass die Polizei die Wirtschaftskammer zu ihrer Meinung hinsichtlich einer Demonstration befragt. Wenn, dann gäbe es sicherlich weitaus mehr Anrainer des Wiener Rings, die man als Partei befragen könnte, wäre das vorgesehen. Und man kann vorab feststellen, dass am Ring so gut wie keine Geschäfte existieren, da die meisten davon durch die verheerende Politik von ÖVP, Grünen, (aber auch SPÖ und NEOS in Wien) ohnehin schon zusperren mussten.

„Dieses Jahr schon 89 Demonstrationen auf der Ringstraße“

Die Wirtschaftskammer führt aus:

Laut Analysen der WKW/Standort- und Infrastrukturpolitik gab es bis Oktober 2024 in Wien bisher 89 Demonstrationen. Die meisten Demonstrationen fanden Freitag und Samstag statt. Davon legten 40 Demonstrationen den Ring oder Teile davon lahm, zusätzlich fanden 4 Demonstrationen in der Ring Nebenfahrbahn statt.

WKW an die Landespolizeidirektion

Auch aus diesem „Argument“ kann man eigentlich nicht ableiten, dass nunmehr die 90ste Kundgebung zu verbieten wäre – alleine aus dem Gleichheitsgedanken. Viele der genehmigten Kundgebungen hatten noch dazu einen politisch linken Hintergrund, woraus man eine Einseitigkeit erkennen könnte. Doch nun wird es abstrus:

Durch eine Kundgebung am 30. November erwarte man 20 Millionen Euro Umsatzverluste, insgesamt 20 % Umsatzentgang und 136 gefährdete Jobs.

Aus Sicht der WKW sind daher weitere Demonstrationen an den wichtigsten Umsatztagen des Handels zu untersagen. Gerade der Ring ist für viele Zufahrten zur Innenstadt und zu den Innenbezirken von größter Wichtigkeit. Angesichts des Umsatzentgangs und der Häufigkeit der Demonstrationen scheint das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit stark berührt. Zumindest jene Demonstration, die zu Fuß am Ring unterwegs ist, sollte auf eine andere Straße umgelenkt oder untersagt werden.

WKW an die Landespolizeidirektion

Polizei verortet drohenden Verkehrskollaps

In der Begründung der Landespolizeidirektion wird weiters ausgeführt, dass der Verkehr am 1. Adventwochenende an seine Grenzen stoßen würde. Man müsse die gesamte Ringstraße sperren und den Straßenbahnverkehr unterbrechen.

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass, wenn die angemeldete Kundgebung stattfindet, es zu folgenden Problemstellungen kommt:

  • Baustelle auf der 2er Linie, somit herrscht dort prinzipiell ein höheres Verkehrsaufkommen als üblich
  • zusätzlich erhöhtes Verkehrsaufkommen aufgrund des 1. Adventsamstag
  • hohe Anzahl an Reisebussen (400 – 600 Busse), weswegen bereits Umleitungen des Individualverkehrs im Bereich Bellariastraße auf die Ringstraße vorgenommen werden müssen
  • Sperre der gesamten Ringstraße, aufgrund der Demo, somit keine Umleitung des Fahrzeugverkehrs der ebenfalls blockierten 2er Linie möglich

Die oben genannten Punkte würden in Summe zu einem Verkehrskollaps führen, da es keine adäquaten Ausweichmöglichkeiten gibt. Es ist auch nicht abzuschätzen, wie lange es ab der Aufhebung aller 7 Sperren, nach Ende der Demonstration, andauern würde, bis sich die Verkehrssituation wieder normalisiert.

Begründung der Untersagung, Landespolizeidirektion Wien

Veranstalter Brejcha hält dem übrigens entgegen, dass eine Kundgebung am Heldenplatz überhaupt keine wirtschaftlichen Interessen berührt und bei der anschließenden Ringrunde wie bisher in kleinen Segmenten gesperrt werden kann – nach dem Vorbeiziehen wäre eine sofortige Öffnung wieder möglich. Die Beeinträchtigungen würden sich im Bereich von vielleicht 15 bis 30 Minuten ergeben.

Wer sich noch an die linksextremen Kundgebungen gegen die ÖVP-FPÖ Regierung erinnert – hier zogen Chaoten monatelang durch die Straßen von Wien und belästigten die Geschäftstreibenden beispielsweise in der Mariahilferstraße direkt – wohingegen die Kundgebungen der Covid-Maßnahmengegner seit 2020 solche Einkaufsstraßen tunlichst vermieden haben. Ebenso in – schlechter – Erinnerung sind den meisten Staatsbürgern die permanenten Nötigungen durch so genannte „Klimakleber“, welche massive Staukatastrophen auslösten und Rettungsfahrzeuge blockierten.

CO2-Drama bedingt Untersagung?

Besonders kreativ ist in Folge diese Passage der Untersagung. Aufgrund von CO2-Alarm in Tiefgaragen müsse man diese im Falle einer Kundgebung möglicherweise evakuieren:

Weiters ist zu bedenken, dass aufgrund des ohnehin schon höheren Fahrzeugaufkommens es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemstellungen mit diversen Parkgaragen gekommen ist. Fahrzeuge, welche die Parkgaragen verlassen wollen, stehen oft sehr lange in den Garagen, da die Straßenzüge davor blockiert sind. Durch diese Verzögerung und das lange Verweilen der hohen Anzahl an Fahrzeugen in der Garage wurde der CO2 Alarm ausgelöst und es mussten Garagen evakuiert werden. Dies ist eine enorme Herausforderung, da die verstopften Straßen unverzüglich freigemacht werden müssen.

Begründung der Untersagung, Landespolizeidirektion Wien

Die Bewohner der betroffenen Straßenzüge würden durch die angesprochenen Verkehrsbehinderungen einer erhöhten Lärmbelästigung sowie Gesundheitsgefährdung durch erhöhten Ausstoß von Abgasen ausgesetzt werden.

Es würden sicherheitsgefährdende Beeinträchtigungen von Unbeteiligten daraus resultieren, als sich unter den vom Verkehrskollaps betroffenen Fahrzeuginsassen auch Personen mit Einschränkungen, ältere und kranke Personen, Kinder und Säuglinge befinden würden.

Begründung der Untersagung, Landespolizeidirektion Wien

Jedenfalls wurden dem Veranstalter Brejcha die Bedenken der Wirtschaftskammer sowie der Landespolizeidirektion zur Stellungnahme vorgelegt. Seine Antwort wurde als nicht ausreichend zurückgewiesen, konkret hielt die Behörde fest: „In seiner Stellungnahme konnte Herr Brejcha die oben zitierten Stellungnahmen in keiner Weise entkräften. Er brachte lediglich allgemeine, durch nichts belegte Behauptungen vor.“ Inwiefern die aus dem Bauch heraus geschätzten Angaben der Wirtschaftskammer hinsichtlich angeblicher Umsatzeinbußen „fundiert“ und „belegt“ wären, könnte diskutiert werden.

Zitat aus der Stellungnahme

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es aufgrund der Demonstrationen zu keiner Störung des Ablaufes der Sicherheits- und Gesundheitseinrichtungen, sprich Polizei, Rettung und Feuerwehr, gekommen ist. Ganz im Gegenteil, auf derlei Vorkommnisse ist seitens der Organisation ein besonderes Augenmerk genommen worden.

Dem Aspekt der Verkehrsstörung sei angemerkt, dass es seit jeher und unabhängig vom Thema und der Organisationen, die derartige Versammlungen angemeldet haben und hatten, immer zu Verkehrsstörungen gekommen ist. Somit müssen wir den Eindruck gewinnen, dass es sich bei dieser Begründung um einen Willkürakt seitens der Behörden handeln muss.

Ein etwaiges Ausweichen auf eine andere Route wird bei den zu erwartenden Teilnehmern unserer Einschätzung nach, zu einem weit höheren Chaos führen. Wir wollen zu bedenken geben, dass diese Versammlung von allen Bundesländern unterstützt wird und eine Vielzahl an Teilnehmern zu erwarten ist, deren Anreise schon großmaschig organisiert und geplant ist. Es ist nicht zu erwarten, dass diese Teilnehmer von einer Anreise absehen. Infolge einer Untersagung des Marsches sehen wir uns nicht in der Lage, diese Anzahl an Demo-Unterstützern davon abzuhalten, ihr Versammlungsrecht wahrzunehmen. Daher können wir dann auch nicht für eine reibungslose im Sinne einer friedlichen, geordneten Versammlung/Demonstration sorgen.

Auch möchten wir darauf hinweisen, dass in den nächsten Tagen und Wochen weitere Demonstrationen (Gewerkschaft uä.) in der Wiener Innenstadt angekündigt und durchgeführt werden. Diese führen auch zu Verkehrsbehinderungen, da diese großteils wochentags angesetzt sind.

Bei unserer Ringrunde ist es auch nicht nötig, den ganzen Ring während der ganzen Demonstration zu sperren. Wie in den letzten Jahren wurden immer nur die Stellen gesperrt, wo sich der Demonstrationszug aufhält, und dahinter wurde gleich wieder aufgemacht. Somit wird der Verkehr nur kurzfristig behindert.

Die Versammlungsfreiheit stellt ein ganz zentrales Grundrecht dar. Neben der Beteiligung an Wahlen und der Inanspruchnahme der Formen direkter Demokratie wird durch die Möglichkeit der Abhaltung von Versammlungen eine weitere Teilhabe am politischen Geschehen sichergestellt. Das Recht, eine Demonstration zu organisieren oder an einer Demonstration teilzunehmen, ist ein Grundrecht, d.h., dass grundsätzlich jeder und jede demonstrieren darf.

Gleichzeitig muss aber auch klar sein, dass wir keine Gesetze verletzen dürfen. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in unserer Demokratie ist Zeichen von Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit selbstbewusster Bürgerinnen und Bürger. Aus diesen Gründen berufen wir uns daher auf das geltende Demonstrations- und Versammlungsgesetz als unser Grundrecht.

Inwiefern diese sachliche Entgegnung die nahezu bösartige Formulierung durch die Beamten der LPD verdient hat, müssen diese mit sich selbst ausmachen – es bleibt zu hoffen, dass der Veranstalter Beschwerde einreicht, die später vor dem Verwaltungsgericht behandelt wird.

Demoverbot auf Betreiben der ÖVP-Wirtschaftsvertreter?

In Wien ist gerade Wirtschaftskammer-Wahlkampf. Der mächtige WKW-Chef Walter Ruck gilt selbstverständlich als ÖVP-Mann. Er ist zudem erklärter und aktiver Gegner der Freiheitlichen. Somit ist davon auszugehen, dass das Demo-Verbot eine politische Komponente hat – die aber mit den Grund- und Freiheitsrechten nicht vereinbar ist.

Wenn eine Kundgebung aus Wirtschaftsinteressen verboten werden kann, würde das einen Präzedenzfall schaffen, der künftige Kundgebungen gegen die Regierung in Wien erschwert oder gar unmöglich macht. Dass dies im Sinne von Verfassung und EMRK ist, erscheint schwer vorstellbar zu sein.

Eine Beschwerde ist dahingehend im Sinne der Allgemeinheit dringend nötig, damit sich die Behörde nicht bei späteren Entscheidungen darauf berufen kann, bereits eine Untersagung mit dieser Begründung durchgebracht zu haben.

Für die erkennende Behörde steht somit zweifelsfrei fest, dass die Durchführung der angezeigten Versammlung einerseits eine Störung des Rechts auf Erwerbsfreiheit der im Schreiben der Wirtschaftskammer Wien angeführten Betriebe, sowie eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs aufgrund des zu erwartenden hohen Verkehrsaufkommens an gegenständlichem Adventsamstag bewirkt hätte.

Diese Behinderung stellt jedoch einen Eingriff in Rechte anderer dar, welche nach Abwägung der Interessen des Versammlungsanzeigers mit den Interessen der besagten Betriebe am Recht auf Erwerbsfreiheit und den Interessen der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss zum Nachteil des Versammlungsanmelders ausfallen musste.

Begründung der Untersagung, Landespolizeidirektion Wien

Weitere Kundgebungen am 30.11. angemeldet

Wie zur schärfsten Coronazeit soll trotz der Untersagung am 30. November marschiert werden. Zahlreiche Busse aus allen Bundesländern haben sich angekündigt. Damit dies auch eine legale Basis hat, wurden weitere Kundgebungen angemeldet. Auch Spontankundgebungen sind möglich, die schlimmstenfalls eine Ordnungswidrigkeit darstellen, aber keine Auflösung rechtfertigen. Die Auflösung von Kundgebungen hat die Menschen zur Coronazeit auch nicht daran gehindert, gegen überschießende Maßnahmen und Zwangsinjektionen auf die Straße zu gehen.

Neben der untersagten Kundgebung von Hannes Brejcha („Fairdenken“) hat inzwischen auch Peter Schutte eine Kundgebung angemeldet, ebenso die Partei MFG. Somit wäre möglich, dass sich wie in früheren Zeiten ab 2020 zunächst mehrere Demonstrationszüge versammeln und dann gemeinsam über den Ring ziehen.

Nachtrag: Linksextreme Demo am selben Tag erlaubt

Wie unsere Redaktion erfahren musste, wurde eine von der Gewaltbereitschaft nahestehenden linksextremen Organisationen betriebene Kundgebung bislang nicht untersagt. Die „Offensive gegen Rechts“, unterstützt von Antifa, AKS, Attac, Gewerkschaftlicher Linksblock, Judeobolschewiener*innen (!), Linkswende, Revolution, Rote Falken und mehr, wird um 12:00 Uhr am Schwarzenbergplatz aufmarschieren. Es ist zu befürchten, dass dabei auch wieder antisemitische Agitation gegen Israel stattfinden wird, wie sie von manchen der beteiligten Gruppen in der Vergangenheit zu bemerken war. Dennoch dürfen diese Gruppen, die von der Unterdrückung Andersdenkender angetrieben und beseelt zu sein scheinen, offenbar unbehelligt durch Wiens Straßen ziehen und ihre Parolen für Krieg und gegen ein friedliches Miteinander plärren. Dabei ist zu beachten, dass die Offensive gegen Rechts, die auf X auch unter „#nowkr“ auftritt, in der Vergangenheit in Ausschreitungen rund um den WKR-Ball verwickelt war.

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