Auch wenn Atomkraftwerke selbst Strom produzieren, brauchen sie eine externe Stromversorgung. Doch das AKW Saporischschja wird derzeit nur mittels Dieselgeneratoren versorgt. Das Kühlsystem läuft nur mehr im Notbetrieb.
Vier Tage ohne externe Stromversorgung – und niemanden scheint es ernsthaft zu kümmern. Das größte Atomkraftwerk Europas, Saporischschja, hängt seit rund sechs Tagen am Tropf seiner Dieselgeneratoren. Der letzte Draht zum Stromnetz wurde gekappt, und seither läuft das Kühlsystem im Notbetrieb. Nach den Maßstäben der Internationalen Atomenergie-Organisation ist damit die Schwelle erreicht, die man offiziell als Hochrisikoszenario bezeichnet. Experten warnen nun davor, dass ein “Fukushima im Herzen Europas” nicht länger ein Schreckgespenst, sondern eine konkrete Möglichkeit sei.
UK Guardian is suddenly concerned about the Zaporizhzhia nuclear plant in #Ukraine. 🤔 pic.twitter.com/YDtPy4Y7lW
— WorldWarAgain (@WorldWarAgain) September 29, 2025
Die Parallelen zur Katastrophe von 2011 sind unheimlich. Damals legte ein Tsunami die Notstromversorgung in Fukushima lahm, drei Reaktoren schmolzen innerhalb von drei Tagen. Heute, in der ukrainischen Steppe, braucht es keinen Tsunami – es reicht ein Krieg, in dem Stromleitungen systematisch zerstört und Dieselvorräte zur Mangelware gemacht werden. Die Generatoren können das Kraftwerk jedoch nicht ewig am Leben halten. Schon jetzt wird von 20 Tagen Restlaufzeit gesprochen – unter Idealbedingungen, versteht sich. Aber was ist in einem Kriegsgebiet schon ideal?
Danger and Intrigue Hang Over Power Cut at Russian-Held Nuclear Plant https://t.co/2qa5RYpp5h
— Jane Haigh Waiting for the Storm (@janeinak) September 29, 2025
Die Reaktoren laufen derzeit zwar nicht mit voller Leistung und die Systeme sind dafür ausgelegt, auch unter Ausfallbedingungen zumindest einige Zeit über Backup-Systeme zu arbeiten. Dennoch: Wenn die Notstromsysteme ausfallen, besteht tatsächlich ein reales Risiko eines schweren nuklearen Zwischenfalls, insbesondere eines Kühlversagens und einer möglichen Freisetzung radioaktiver Stoffe.
Moskau und Kiew werfen sich mittlerweile gegenseitig vor, für die kritische Lage verantwortlich zu sein. Doch am Ende, wenn es tatsächlich zu einem Kühlversagen kommen sollte, trifft die radioaktive Strahlung (wie schon damals bei Tschernobyl) wohl ohnehin fast den ganzen Kontinent.
