Mit MeToo-Schlagzeilen lässt sich viel Geld verdienen: Dass auf Basis unbelegter Behauptungen Karrieren und Leben zerstört werden, interessiert kaum. In Deutschland steht aktuell Rammstein-Sänger Till Lindemann im Kreuzfeuer; in Großbritannien stand gerade US-Schauspieler Kevin Spacey (64) wegen angeblicher sexueller Übergriffe auf mehrere Männer vor Gericht. Schon seit sechs Jahren liegt seine Karriere wegen schwerer Anschuldigungen gegen ihn in Trümmern. Nach langer Beratung sprach die Jury ihn am Mittwoch von allen Anklagepunkten frei.
Unbelegte Vorwürfe können Karrieren zerstören: Ein Beispiel dafür ist Kevin Spacey. Einst war er ein gefragter Darsteller, zweifacher Oscarpreisträger, doch dann wurde seine Karriere durch im Zuge der #MeToo-Debatte aufgebrachte Vorwürfe abrupt beendet. 2017 kamen die ersten Vorwürfe gegen ihn auf. Aufgrund von Beschwerden von Mitarbeitern am Set wurde er von Netflix gefeuert – in der Netflix-Serie „House of Cards“ hatte er von 2013 bis 2017 die Hauptrolle gespielt. Außerdem musste er den Produzenten der Serie 30 Millionen Dollar Vertragsstrafe zahlen. Kurze Zeit später wurden Szenen mit ihm in dem Thriller „All The Money in the World“ (Alles Geld der Welt) nachträglich entfernt und mit seinem Schauspieler-Kollegen Christopher Plummer nachgedreht.
Bei dem Prozess am Southwark Crown Court in London, der fast vier Wochen dauerte, ging es um Vorwürfe, die sich auf angebliche Vorfälle zwischen 2001 und 2013 in der britischen Hauptstadt und der Grafschaft Gloucestershire bezogen. Von 2004 bis 2013 war Spacey künstlerischer Direktor am renommierten Londoner Theater Old Vic. Vier Männer hatten ihm teils schwere sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Konkret reichten die Vorwürfe von Belästigung bis hin zu Nötigung zum Geschlechtsverkehr, und das in 12 Fällen. Dabei soll Spacey den Männern in mehreren Fällen in den Schritt gegriffen haben, in einem Fall ging es außerdem um oralen Geschlechtsverkehr. Von der Anklage wurde er als „sexueller Bully“ bezeichnet, der seine Macht ausgenutzt habe.
Kevin Spacey hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen, einige Anschuldigungen bestritt er und bei anderen gab er an, dass es sich um einvernehmlichen Sex gehandelt habe. Am Mittwoch befanden die Geschworenen (9 Männer, 3 Frauen) ihn nach dreitägigen Beratungen für nicht schuldig. Spacey, der am selben Tag 64 Jahre alt wurde, brach bei der Urteilsverkündung in Tränen aus.
Massive Vorverurteilung
Vor Gericht thematisierte Spacey auch seine sofortige Brandmarkung als Straftäter. „Es kam zu einer Vorverurteilung und bevor die erste Frage gestellt oder beantwortet war, verlor ich meinen Job, verlor ich meinen Ruf. Ich habe innerhalb weniger Tage alles verloren.“ Der einzige Vorwurf, den man ihm hätte machen können, sei, dass er ungeschickt jemanden angebaggert habe, erklärte er. Er gab an, mit häufig wechselnden Sex-Partnern seine Einsamkeit bekämpft zu haben. Spaceys Verteidiger ergänzte, über seinen Mandanten sei in sozialen Netzwerken gerichtet und er sei in der Folge „gecancelt“ worden.
Schon im letzten Jahr war Spacey in den USA bei einem Zivilprozess vom Vorwurf der sexuellen Belästigung freigesprochen worden. Die Anschuldigung kam von dem Schauspieler Anthony Rapp, der angab, 1986 auf einer Party sexuell belästigt worden zu sein. Dafür forderte er 40 Millionen US-Dollar Schadenersatz. Spacey wurde freigesprochen, zwei weitere Zivilklagen in den USA wurden zurückgezogen. Eine Strafanzeige von Rapp wurde ebenfalls abgewiesen.
Vor dem Beginn des Prozesses in London hatte Kevin Spacey die Hoffnung geäußert, im Falle eines Freispruchs wieder an seine früheren Erfolge anknüpfen zu können. Dank der Vorverurteilungen in den Medien und sozialen Netzen wurde sein Image schwer geschädigt. Ob der Freispruch das rückgängig machen kann?
MeToo: Ein Geschäftsmodell?
Auch die Metoo-Bewegung gerät mal wieder in den Fokus. Gegen Prominente werden sexuelle Vorwürfe erhoben und plötzlich mehren sich diese Anschuldigungen – sogar (angebliche) Vorkommnisse, die teils 20 Jahre zurückliegen, werden hervorgeholt. Die Unschuldsvermutung ist Geschichte, Medien und soziale Netze sind heutzutage Richter und Geschworene und das Urteil wird prompt gefällt. So werden die Beschuldigten vom MeToo-Zug überfahren, bevor die Wahrheit Gelegenheit hatte, ans Licht zu kommen. Für Medien gilt #MeToo als Klickgarant und Gelddruckmaschine: Ob Vorwürfe wahr oder aus der Luft gegriffen sind, scheint hier keine Rolle zu spielen, auch ohne Beweise werden Hexenjagden initiiert. Das bekommt in Deutschland gerade auch Rammstein-Frontmann Till Lindemann zu spüren. Lindemann wehrte sich bereits erfolgreich juristisch gegen den „Spiegel“ und eine YouTuberin.