Auch wenn die Gaslagerstätten in Europa aktuell relativ gut gefüllt sind, so zeichnen sich doch problematische Entwicklungen ab. Die ausreichende Versorgung mit Flüssiggas (LNG) steht auf dem Spiel. Es gibt nicht genügend Entladekapazitäten und die LNG-Tanker liegen für teures Geld vor Anker…
Mit dem faktischen Ende der Versorgung Europas mit russischem Erdgas über die Pipelines (nur Ungarn erhält derzeit noch Lieferungen) ist der Kontinent auf Flüssiggaslieferungen angewiesen. Diese kommen fast ausschließlich auf dem Seeweg an und werden an den Verflüssigungsterminals in die Gasnetze eingespeist. Doch dort scheint es einige Probleme zu geben. Laut Medienberichten liegen mehr als 30 LNG-Tanker vor der spanischen Küste vor Anker und warten darauf, entladen zu werden. Doch die sechs Regasifizierungsterminals in Spanien (kein anderes Land in der EU besitzt so viele) sind überlastet.
Die Wartezeit wird teuer. Die Preise an den Spotmärkten für LNG-Tanker liegen derzeit bei 450.000 US-Dollar pro Tag, was einer Versechsfachung gegenüber den Preisen von Anfang des Jahres entspricht. Das bekannte Spiel von Angebot und Nachfrage. Und die Preise könnten noch weiter steigen. Dies wird sich aber auch auf die Gaspreise insgesamt negativ auswirken, da die Frachtkosten auch eingepreist werden müssen. LNG-Tanker die tage- oder gar wochenlang darauf warten müssen, dass sie entladen werden können, stehen nicht für die Aufnahme neuer Fracht zur Verfügung, was die gesamten Lieferkapazitäten trifft.
Zu diesen Problemen kommen noch jene der LNG-Verflüssigungsanlage in Freeport, Texas. Diese wurde wegen eines Brandes im Juni geschlossen und nimmt nun wieder die Produktion auf. Allerdings noch nicht mit voller Kapazität, so dass auch dort LNG-Tanker warten müssen. Dies sorgt ebenfalls für Lieferverzögerungen und höhere Preise. Immerhin spielen die Vereinigten Staaten mittlerweile eine große Rolle bei der Versorgung Europas mit Erdgas und verdienen dabei dank der hohen Preise Unsummen.
Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die Lage über die kommenden Monate hinweg entwickelt. Neue LNG-Terminals zur Entladung und Verflüssigung der Tanker-Lieferungen können nicht über Nacht konstruiert und in Betrieb genommen werden. Hier besteht ein Flaschenhals, den die EU-Politiker bei all ihrer Bettelei um Flüssiggaslieferungen nicht mit einkalkuliert haben…