Selbst Premierminister Wickremesinghe muss zugeben, dass die überschuldete Volkswirtschaft Sri Lankas kollabiert. Es gibt nicht genug Lebensmittel, Benzin, Gas und Strom, um den Bedarf des südasiatischen Landes zu decken. Die Unruhen nehmen zu – das Militär geht mit Waffengewalt gegen Demonstranten vor.
Seit mehreren Wochen kämpfen immer mehr Menschen auf Sri Lanka ums tägliche Überleben. Mittlerweile lassen Medienberichten zufolge bereits vier von fünf Familien mindestens eine Mahlzeit am Tag aus, weil sie sich die Lebensmittel entweder nicht mehr leisten können, oder aber einfach nicht genügend davon verfügbar sind. Ranil Wickremesinghe, der derzeit sowohl Premier- als auch Finanzminister des krisengeschüttelten Landes ist, konstatiert einen „Kollaps“ der Wirtschaft. Selbst für Bargeld könne die Ölgesellschaft des Landes kein Öl importieren, weil sie völlig überschuldet ist, sagte er. Ganze 700 Millionen Dollar an Schulden hat das Unternehmen bereits angehäuft.
Zwar gab es Kreditlinien in Höhe von vier Milliarden Dollar, die hauptsächlich von Indien bereitgestellt wurden, doch das Geld reicht nicht aus, um die 22 Millionen Menschen zählende Inselnation über Wasser zu halten. Dies hat dazu geführt, dass China, Indien und Japan an einer Geberkonferenz in Sri Lanka teilnehmen werden, um dem Land wieder auf die Beine zu helfen. „Wir brauchen die Unterstützung von Indien, Japan und China, die historische Verbündete sind. Wir planen, eine Geberkonferenz unter Beteiligung dieser Länder einzuberufen, um Lösungen für die Krise in Sri Lanka zu finden“, sagte Wickremesinghe im Parlament. „Wir werden auch die USA um Hilfe bitten“, sagte er.
Indessen wächst das Unruhepotential deutlich an. Das Militär des Landes eröffnet immer wieder das Feuer auf Bürger, die gegen die katastrophale Lage im Land protestieren. Unter anderem auch in der Stadt Visuvamadu, rund 365 Kilometer nördlich der Hauptstadt Colombo am letzten Wochenende. Dort hatte ein aufgebrachter Mob von 20 bis 30 Leuten Steine auf einen Armeeposten an einer Tankstelle geworfen und einen Armeelaster beschädigt. Vier Zivilisten und drei Soldaten seien dabei verletzt worden. Grund für den Unmut: Die Tankstelle dort hatte keinen Sprit mehr und die Menschen, die dort bereits seit Ewigkeiten warteten, wurden wütend.
Sollte sich die Lage nicht bald bessern, ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis im ganzen Land großflächige und gewalttätige Unruhen ausbrechen. Unruhen, die unter Umständen auch zum Sturz der Regierung führen, die mit ihrer Miss- und Vetternwirtschaft das Land an den Abgrund führten. Die Frage, die sich allerdings auch stellt, ist: Wann werden wir ähnliche Bilder in Europa sehen?