Auswandern, Fliehen vor der Corona-Diktatur nach Tansania, einem bitterarmen Land, schafft bizarre Verhältnisse: Selbst der ärmste Europäer ist hier ein reicher König. Selbst die dünnste Brieftasche, gefüllt mit nur wenigen Euros, ermöglicht hier das monatelange Leben in Hotels.
von Francesco Branduardi
Es ist eine bizarre Situation, die da entsteht: Der europäische Flüchtling, drangsaliert von den Maßnahmen, ermüdet und hungrig nach Freiheit, kann sich verhalten wie sonst nur Superstars in Europa. Er braucht im Grunde auf Geld nicht zu achten. Er wohnt in Hotels, das Zimmer wird jeden Tag gereinigt, das Bett frisch gemacht, die Wäsche gewaschen und gebügelt. Warum selbst kochen, wenn man doch essen gehen kann? Warum mit dem Bus fahren, wenn es doch Taxis gibt?
Alles ist bezahlbar, spottgünstig, in persönlicher Reichweite. Bezahlt wird in Centbeträgen, gerechnet in Bruchteilen von Euros. Der Europäer ist der Gott.
Je länger man aber hier ist und je tiefer man einsteigt in afrikanische Verhältnisse, umso mehr kommt man auch ins Grübeln. Umso mehr öffnet man seine Augen für die bittere Realität im Land, und umso mehr verschiebt sich der eigene Blickwinkel und Standpunkt:
Man beginnt zu realisieren, dass der Nebenmann auf der Straße vielleicht heute noch nichts gegessen hat, ja noch nicht einmal weiß, wo er heute Abend schlafen soll. Man beginnt zu realisieren, dass die absolute Mehrheit hier von der Hand in den Mund lebt, Tag für Tag, während man selbst das Geld (aus afrikanischer Sicht) mit vollen Händen zum Fenster hinauswirft.
Man erkennt: Fast niemand hat hier eine Krankenversicherung, niemand eine Rente, niemand hat Rücklagen. Urlaub? Gibt es nicht. Arbeitsfreie Tage? Nur für den, der es sich leisten kann. (Wahrscheinlich hat der Autor dieses Artikels selbst die Tragweite der Armut im Land noch nicht ausreichend verstanden.)
Und so ist es ein Leben im Zwischenraum, zwischen für europäische Verhältnisse extremem Luxus, mit Zimmermädchen, zahlreichen Restaurantbesuchen, Ausflügen, Konzerten und Taxichauffeur auf der einen und vollkommen desolaten, schreiend armen Menschen und hungernden Kindern auf der anderen Seite.
Eine Situation, die offenbart, wie wenig, wie beschränkt der eigene Blick auf die Welt doch ist, wenn man ihn nicht öffnet für fremde Lebensrealitäten.
Informationen von Auswanderer Francesco Branduardi zur „Flucht“ nach Tansania finden Sie in diesen Artikeln: